Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
Ende Mai

Pläne für „verschlankte“ Matura präsentiert

Die Matura wird heuer wegen der Coronavirus-Krise „verschlankt“ und in den meisten Fällen nur schriftlich stattfinden. Das gab ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann am Mittwoch bekannt. In die Note soll auch das Jahreszeugnis einfließen, zudem muss jeder Schüler nur in drei Fächern antreten. Der Unterricht für die Maturaklassen startet mit 4. Mai, abgehalten wird die Reifeprüfung ab 25. Mai. Wann die Schule für alle anderen wieder beginnt, blieb offen.

Sein Ziel sei immer gewesen, dass Maturantinnen und Maturanten einen Abschluss machen können, und er wolle in der besonderen Situation „milde und nachgiebig“ sein, sagte Faßmann bei einer Pressekonferenz. Die nunmehrige Lösung habe man ausführlich mit Experten, Lehrern und Schülervertretern besprochen.

Am 5. Mai werde eine dreiwöchige gezielte Maturvorbereitung in den Schulen beginnen, bei der auch die nötigsten Schularbeiten und Tests stattfinden, um die letzte Klasse abzuschließen. Dieser Unterricht solle in Turn- und Festsälen stattfinden, damit die nötige Distanz unter den Schülerinnen und Schülern gewahrt bleibe.

Drei Fächer, Klausuren verlängert

Die schriftlichen Klausuren beginnen am 25. Mai und werden auf drei Fächer reduziert: Deutsch, eine Fremdsprache und Mathematik. In berufsbildenden höheren Schulen könnte eine Prüfung auch durch einen Fachbereich ersetzt werden. Die Matura selbst startet am 25. Mai mit den nicht standardisierten Prüfungsgebieten, also vor allem den Fachklausuren an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS). Am 26. Mai folgt Deutsch, am 27. Mai Englisch und am 28. Mai Mathematik. Abgeschlossen wird am 29. Mai mit Französisch/Latein/Griechisch und am 3. Juni mit Spanisch/Italienisch/Volksgruppensprachen.

Matura heuer nur schriftlich

Die Matura soll ab 25. Mai in „verschlankter“ Version stattfinden. Es werden nur schriftliche Prüfungen abgehalten, und in die Note soll auch das Halbjahreszeugnis einfließen. Jeder Schüler muss außerdem nur in drei Fächern antreten.

Die Klausuren werden um eine Stunde verlängert, so Faßmann. Bei den Prüfungen werden auch Sicherheitsmaßnahmen gegen eine Ansteckung getroffen, Maturantinnen und Maturanten, die zu einer Risikogruppe zählen, haben auch die Möglichkeit, die Klausur in einem separaten Raum zu schreiben. Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist teilzunehmen, gilt mit entsprechendem Attest als entschuldigt und kann zu einem Nebentermin im Herbst antreten.

Gesamtnote aus Jahreszeugnis und Matura

Die mündliche Matura gibt es nur in zwei Ausnahmefällen: Wer ein Nicht genügend erhält, kann dieses im Juni bei einer Kompensationsprüfung ausbessern. Auch wird es bei entsprechendem Schülerwunsch möglich sein, die Matura zusätzlich mündlich zu absolvieren.

Ähnlich die Vorgehensweise bei den vorwissenschaftlichen Arbeiten (AHS) bzw. Diplomarbeiten (BHS): Die mündliche Präsentation entfällt, die Note wird auf Basis der abgegebenen schriftlichen Arbeit vergeben.

In die Gesamtnote werden auch die Beurteilungen aus dem Abschluss der 8. Klasse einfließen, in welchem Verhältnis diese und das Ergebnis der Matura dann die Endnote ergeben, stehe noch nicht ganz fest, so Faßmann. Laut Unterlagen zur Pressekonferenz dürfte die Prüfungsnote 70 Prozent ausmachen, die Note der Abschlussklasse 30 Prozent.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike
APA/Helmut Fohringer
Faßmann mit Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike

Abschlüsse auch bei BMS und Lehrlingen geregelt

Sichergestellt seien auch andere Abschlüsse neben der Matura: Bei den berufsbildenden mittleren Schulen werde ähnlich wie bei der Matura vorgegangen, der Termin werde aber noch abgestimmt und werde wohl erst im Juni erfolgen. Bei Lehrabschlussprüfungen entfällt der theoretische Teil, wenn das Schuljahr mit einer positiven Leistung abgeschlossen wurde. Wer negativ abschließt, kann die Fachtheorie im Rahmen der Lehrabschlussprüfung absolvieren. Auch die Lehrlinge im letzten Jahr dürfen ab 4. Mai unter hygienischen Auflagen an die Schulen zurück.

Termin für Schulstart noch offen

Wann in den Schulen der reguläre Unterricht wieder aufgenommen werden kann, darauf wollte sich Faßmann noch nicht festlegen. Erst nach Ostern werde man diese Entscheidung treffen. Bis dahin bleiben sie für Betreuung offen, es gebe zwar keinen Unterricht, die Kinder und Jugendlichen würden aber „sinnvoll beschäftigt“.

Wie zuvor schon Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ermunterte auch Faßmann Eltern, bei denen die Situation zu Hause sehr fordernd ist, die Kinder zumindest tageweise in der Schule betreuen zu lassen. Faßmann räumte ein, auch er befürchte durch die lange unterrichtsfreie Zeit so wie viele Expertinnen und Experten eine wachsende Bildungsungleichkeit, weil Kinder aus bildunsgfernen Schichten besonders unter den entfallenden Schulstunden leiden.

Spekuliert wurde, dass ab dem 18. Mai die Schulen wieder stufenweise geöffnet werden könnten – aber ohne dass der Regelbetrieb mit allen Schülerinnen und Schülern in den Schulgebäuden wieder sofort startet. Keine Entscheidung gibt es auch darüber, ob heuer in Österreich dem Vorbild anderer Länder gefolgt wird und es kein „Sitzenbleiben“ geben wird. Eine „so weitreichende Entscheidung“ sollte man jetzt noch nicht treffen, sagte Faßmann. Man werde sehen, wie die weitere Entwicklung ist.

Schrittweise Öffnung der Unis

An den Hochschulen werde der Betrieb wie angekündigt stufenweise wieder hochgefahren, sagte Faßmann. Zwar wird der Vorlesungsbetrieb bis Ende Juni nur online stattfinden. Die Durchführung von Prüfungen solle aber gewährleistet werden, so der Bildungsminister. Auch der Forschungs- und Bibliotheksbetrieb soll wieder langsam anlaufen.

Er habe die Rektoren der Unis bzw. die Geschäftsführer der Fachhochschulen (FH) um eine Konzeption des weiteren Vorgehens ersucht, so Faßmann. Mündliche Prüfungen könnten etwa mit kleineren Kommissionen stattfinden, auch für schriftliche Klausuren werde es unter Einhaltung der Hygieneauflagen Lösungen geben. Die Universitäten seien auch zu einer Öffnung in den Sommermonaten bereit. Demnächst sollen auch die Unibibliotheken wieder geöffnet werden. Das betrifft aber nur das Ausleihen von Büchern, nicht die Lesesäle.

Kritik der ÖH

Die Universitätenkonferenz (uniko) begrüßte die stufenweise Rückkehr aus dem derzeitigen Notfallmodus. Den Unis sei es dabei besonders wichtig, dass sie weiter den Lehrbetrieb in ihrer Autonomie gestalten können, so Präsidentin Sabine Seidler gegenüber der APA. Dabei werde auch die Möglichkeit der Ausdehnung der Lehre auf die Sommermonate eine Rolle spielen. „Die Universitäten werden selbstverständlich die Einhaltung der Verhaltensregeln und Sicherheitsbestimmungen, angepasst an die Notwendigkeiten des Lehrbetriebs, beachten“, so Seidler.

Nicht zufrieden ist dagegen die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH). „Es braucht endlich große Lösungen“, so Vorsitzende Adrijana Novakovic in einer Aussendung. Erste kleine Lockerungen seien zwar schön und gut. „Die wichtigen Antworten ist uns das Ministerium aber immer noch schuldig. Wo bleibt die Regelung zur Rückerstattung der Studiengebühren? Die Studierenden können nicht länger warten.“ Die ÖH hatte zudem in den vergangene Tagen immer wieder auf die wirtschaftliche Misere der Studierenden hingewiesen: Viele hätten ihre Nebenjobs verloren, fielen aber etwa als geringfügig Beschäftigte in keine Kategorie, in der sie auf staatliche Hilfsleistungen hoffen dürfen.

Schülervertretern zufrieden

Lob für die Maturaregelung kam von Schülervertretern: In den vergangenen Jahren seien „oft Entscheidungen über den Kopf der Schulpartner“ hinweg getroffen worden, sagte Bundesschulsprecherin Jennifer Uzodike im Rahmen der Pressekonferenz mit Faßmann. Dass nun „in schwierigen Zeiten die Betroffenen in konstruktive Verhandlungen eingebunden wurden“, sei positiv, so die Bundesschulsprecherin.

Auch die Bildungssprecherin der Grünen, Sibylle Hamann, begrüßte die Einbeziehung der Schülerorganisationen beim nun fixierten weiteren Vorgehen. Mit den Lösungen werde „viel Druck rausgenommen“. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) begrüßte in einem Statement die Vorgehensweise bei den Lehrabschlüssen

SPÖ und NEOS sehen offene Fragen, FPÖ kritisch

Für SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid sind zwar noch einige Fragen zur Matura offen, es sei aber „gut, dass nun das Prozedere dafür fixiert wurde. Und ich hoffe, dass der vom Bildungsminister heute präsentierte Plan wenigstens diesmal hält.“ Es brauche aber auch Perspektiven für die anderen Schüler bzw. die Kinderbetreuungseinrichtungen. Sie forderte daher umfassende „Information und Transparenz“ darüber, wie es in den „Schulen bis zum Sommer weitergeht“. Außerdem bekräftigte sie ihre Forderung, in diesem Schuljahr auf das Sitzenbleiben zu verzichten.

Für NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre wurden mit den vorgestellten Lösungen zur Matura „nun endlich klare Verhältnisse geschaffen“. Abseits dieses Bereichs blieben jedoch viele Fragen in Zusammenhang mit Schulen und in den Kindergärten offen. „Auch hier braucht es rasch Klarheit für alle Kinder, ihre Eltern sowie die Pädagoginnen und Pädagogen“, so Künsberg Sarre.

Die FPÖ kritisierte die „wieder nur dürftigen Ansagen zum Fahrplan, wie mit den Sorgen von Abertausenden Schülern, Eltern und Lehrern umgegangen wird“. Auch mit der Streichung der mündlichen Matura kann sich Bildungssprecher Hermann Brückl nicht anfreunden. Für ihn ist außerdem „unverständlich, warum die Zentralmatura unbedingt durchgepeitscht werden soll“, hieß es in einer Aussendung.