Leseecke in einem Kindergarten
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Geschäfte öffnen

Die Frage nach der Kinderbetreuung

Noch sind Schulen und Kindergärten fast leer. Mit der schrittweisen Öffnung von Geschäften und der damit einhergehenden Rückkehr der Eltern an ihren Arbeitsplatz nach Ostern werden aber auch sie sich langsam wieder füllen. Die Frage ist, wann und wie zu einem regulären Betrieb in den Einrichtungen zurückgekehrt werden kann.

Ein konkretes Datum für einen Wiederbeginn nannte ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann bisher nicht. „Wann es mit den Schulen generell weitergeht, wird in Abstimmung mit dem Krisenstab und mit der Regierungsspitze nach Ostern beschlossen“, so Faßmann am Mittwoch auf Anfrage von ORF.at. Bis dahin müssen die Kinder die Arbeitsaufträge der Schulen zu Hause abarbeiten (Stichwort: „Distance Learning“) – unterstützt von den Eltern.

Ebenso offen ist, wie es mit den Kindergärten weitergeht. Allerdings können Eltern ihre Kinder in den Einrichtungen betreuen lassen. Es gebe zwar keinen Unterricht, die Kinder und Jugendlichen würden aber „sinnvoll beschäftigt“, so Faßmann. Die Chefverhandlerin der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) für den Handel, Anita Palkovich, hofft auf die baldige Veröffentlichung einer detaillierten Verordnung zur Regelung der Kinderbetreuung, wenn ab Dienstag viele Geschäfte wieder öffnen.

Faßmann: Schule hat auch „soziale Funktion“

„Die Schulen erfüllen natürlich auch eine soziale Funktion. Es ist etwas anderes, wenn man andere Kinder trifft und sich mit seinem Sitznachbarn in der Pause austauschen kann, als wenn man stundenlang allein vor seinem Computer sitzt. Deshalb ist es mein Ziel, dass die Schule wieder ihrer Funktion gerecht wird“, sagte Faßmann, „vorausgesetzt die Zahlen lassen das zu.“

Kinderbetreuung „keine Schande“

Wenn nach Ostern bzw. in den Wochen darauf aufgrund verstärkter Berufstätigkeit der Eltern bzw. der familiären Situation mehr Kinder zur Betreuung in die Schulen kommen, ist das für Faßmann kein Problem. Unter Umständen müssten aber die Lehrer beim „Distance Learning“ Abstriche machen, wenn sie mehr Schüler sowie zusätzlich die Maturanten an Ort und Stelle betreuen müssen.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP)
APA/Helmut Fohringer
Wie es weitergeht, wird laut Minister Faßmann nach Ostern beschlossen

Ähnlich hatte sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag in der ZIB2 geäußert: „Kindergärten und Schulen seien eingeschränkt in Betrieb, das heißt, es findet kein regulärer Unterricht statt, sie sind aber geöffnet.“ Derzeit seien nur 0,5 Prozent der Kinder dort in Betreuung, so Kurz. „Das heißt, es ist ausreichend Platz und Kapazität vorhanden, wenn jetzt auch die Handelsangestellten ihre Kinder in die Kinderbetreuung bringen.“ Es sei auch „keine Schande“, das Angebot zu nutzen, so der Kanzler.

Opposition verlangt „mehr Klarheit“

„Mehr Klarheit“ verlangte die Opposition. SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid forderte in einer Aussendung umfassende „Information und Transparenz“ darüber, „wie es in den österreichischen Schulen bis zum Sommer weitergeht“. Gleiches gelte für Kindergärten, Krabbelstuben und Horte. Das schrittweise Öffnen von Handels- und Gewerbebetrieben habe „gravierende Auswirkungen auf Familien“, sagte SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer und wies darauf hin, dass es keine bundeseinheitliche Regelung gebe. „Somit handhabt das jeder Kindergartenbetreiber anders.“

Auch der Wiener SPÖ-Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky forderte am Mittwoch in der ZIB2 „mehr Perspektiven für die Eltern“ sowie „konkrete Regelungen“ und Klarheit vom Bund. Er habe den Eindruck, dass Eltern sowie Schülerinnen und Schüler auf ihre Fragen zu „technokratische“ Antworten erhielten, diese bräuchten aber eine Perspektive, um dann eben auch die Maßnahmen mittragen zu können.

Auch für Czernohorszky seien noch sehr viele Fragen offen, etwa ob das „Homeschooling“ in den Unterricht eingebunden werden könne. Im Schulbereich brauche es zudem Abstriche, was die Leistungsbeurteilung der Schüler und Schülerinnen betreffe, hier müsse der Druck rausgenommen werden, so der Bildungsstadtrat, so könne etwa die Semesternote als Jahresnote herangezogen werden.

Wiener Bildungsstadtrat Czernohorszky (SPÖ) im Interview

Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) erläuterte in der ZIB2 die Situation für die Maturanten und die Pläne für eine „abgespeckte“ Matura.

Klar sei allerdings, dass die Schulen und Kindergärten in Wien für all jene Kinder offen sind, die Betreuung brauchen. Dafür gebe es unterschiedliche Gründe, etwa Berufstätigkeit oder wenn es sich um eine alleinerziehende Person handle. Generell gelte aber, die Betreuungsmöglichkeit sei für all jene gegeben, „die es brauchen“.

„Föderalismus-Ausrede zählt nicht“

Auch für NEOS sind im Zusammenhang mit Schulen und Kindergärten viele Fragen offen. Es brauche „rasch Klarheit für alle Kinder, ihre Eltern sowie die Pädagoginnen und Pädagogen“, wenn mit der Öffnung der Wirtschaft wieder mehr Kinder in die Einrichtungen kommen, sagte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Bei den Kindergärten zähle die „Föderalismus-Ausrede“ nicht. Einen konkreten Plan wünschte sich Künsberg Sarre für den Notbetrieb in den Schulen.

Kritisch äußerte sich am Mittwoch auch die FPÖ. „Verwundert über die Unbekümmertheit“, mit der Bildungsminister Faßmann wieder keine Antworten auf dringende Fragen liefere, äußerte sich FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl und forderte „endlich Sicherheit für Tausende Schüler, Eltern und Lehrer“.

Appell, Homeoffice beizubehalten

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) sowie Wirtschaftskammer (WKÖ) und Arbeiterkammer (AK) appellierten an die Unternehmen, Homeoffice und Teleworking bis mindestens Ende April beizubehalten, wo immer es möglich ist. „Homeoffice ist ein wirksames Mittel, um die physischen Kontakte und damit das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus so weit wie möglich zu reduzieren“, so Schramböck am Mittwoch.

„Bieten Sie weiterhin dort, wo es möglich ist, Homeoffice-Lösungen an“, sagte WKÖ-Präsident Harald Mahrer laut einer gemeinsamen Aussendung mit der AK. Viele Beschäftigte hätten nicht die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, darunter alle in Supermärkten, Produktionsbetrieben, Spitälern und öffentlichen Verkehrsmitteln, so AK-Präsidentin Renate Anderl. Jene, die weiterhin von daheim aus arbeiten, würden daher einen umso wichtigeren Beitrag zur Begrenzung der Pandemie leisten. „Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass Kinderbetreuungseinrichtungen rasch wieder genutzt werden können, denn Arbeit und zugleich Kinderbetreuung lassen sich nicht wirklich unter einen Hut bringen“, forderte Anderl.

Für Anderl verschärfen die aktuellen Schulsperren außerdem die Ungerechtigkeiten im Schulsystem. „Es darf nicht sein, dass Kinder mit schwierigem Lernumfeld daheim jetzt noch weiter ins Hintertreffen geraten“, sagte die AK-Präsidentin. Schulen sollten direkt Kontakt mit den Kindern aufnehmen, zu denen der Kontakt abgerissen ist.

Spekulationen über Mitte Mai

Derzeit sind vor allem Lebensmittelhändler, Drogerien, Apotheken und Trafiken geöffnet. Ab 14. April dürfen auch andere kleine Händler und Handwerker (bis 400 Quadratmeter Verkaufsfläche) wieder Kunden empfangen, auch Bau- und Gartenmärkte dürfen aufsperren. Ab 1. Mai sollen dann alle Geschäfte für den Verkauf von Waren, also auch größere, sowie Friseure unter strengen Auflagen öffnen dürfen.

Hotels, Gastronomie und alle anderen Dienstleistungsbereiche müssen noch länger warten. Die Lage werde bis Ende April evaluiert mit dem Ziel, ab Mitte Mai eine stufenweise Öffnung zu ermöglichen, lautet der Fahrplan der Regierung. Spekuliert wurde, dass dann auch Schulen und Kindergärten wieder stufenweise geöffnet werden könnten – aber ohne dass der Regelbetrieb mit allen Kindern in den Einrichtungen wieder sofort startet.