Demokratischer US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders
Reuters/Gretchen Ertl
US-Präsidentschaftsrennen

Sanders gibt auf

Bernie Sanders steigt aus dem Rennen der Demokraten um die Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahl aus. Das kündigte Sanders laut US-Medienberichten am Mittwoch gegenüber Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an. Damit ist der Weg frei für Joe Biden, der im November gegen den sich zur Wiederwahl stellenden republikanischen Präsidenten Donald Trump antreten wird.

Sanders äußerte sich noch am Mittwoch in einer Liveschaltung vor seinen Anhängern und Anhängerinnen. Er dankte seinen Unterstützern – ohne die rund zehn Millionen Spender und Tausenden freiwilligen Mitarbeiter wäre der Wahlkampf nicht möglich gewesen, erklärte Sanders. Der Kampf für eine gute Krankenversicherung für alle Amerikaner, für faire Löhne und gegen Ungleichheit gehe weiter, sagte Sanders.

Sanders gratulierte Biden und sprach von einer schweren Entscheidung, doch ein Sieg sei bei einem Rückstand von mehr als 300 Wahlmännern nicht mehr in Aussicht – wenn er noch an die Möglichkeit eines Sieges geglaubt hätte, wäre er weiter im Rennen geblieben. Daher steige er aus dem Präsidentschaftsrennen aus. „Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dieser Kampf um die demokratische Nominierung nicht erfolgreich sein wird“, sagte Sanders. Jüngsten Daten der Statistikwebsite FiveThirtyEight zufolge führt Biden in Umfragen zu den Vorwahlen mit 53,5 Prozent vor Sanders mit 32,5 Prozent.

Videobotschaft von Bernie Sanders
AP/Bernie Sanders for President
„Während die Kampagne endet, geht der Kampf um Gerechtigkeit weiter“, sagte Sanders in seiner Videoansprache

„Ideologischen Kampf gewonnen“

Ganz aufgeben will der Senator aber nicht: Er werde bei den Vorwahlen weiter Delegiertenstimmen sammeln, um beim Nominierungsparteitag im August politisches Gewicht zu haben. Seine Bewegung habe den „ideologischen Kampf“ und den Kampf um junge Wähler gewonnen, sagte der langjährige Senator, der vor allem von jüngeren Anhängern als Linken-Ikone verehrt wird.

Gleichwohl versprach Sanders eine Zusammenarbeit mit Biden, der ein „sehr anständiger Mann“ sei. „Gemeinsam und vereint werden wir Donald Trump besiegen, den gefährlichsten Präsidenten der jüngeren amerikanischen Geschichte.“ Abschließend sagte er: Die Kampagne möge enden, doch der Kampf um Gerechtigkeit gehe weiter.

US-Wahlkampf weitgehend zum Erliegen gekommen

Wegen der Ausbreitung des Coronavirus war der US-Wahlkampf zuletzt weitgehend zum Erliegen gekommen. Diverse Bundesstaaten verschoben ihre ursprünglich für März und April angesetzte Vorwahlen auf einen späteren Zeitpunkt.

Lediglich Wisconsin scherte aus und hielt seine Vorwahl trotz hitziger Diskussionen und gegen den Willen des dortigen Gouverneurs zum ursprünglichen Termin ab. Bisher gab es noch keine belastbaren Ergebnisse aus Wisconsin.

Verluste beim „Super Tuesday“

Zu Beginn des Rennens hatte Sanders in nationalen Umfragen unter den demokratischen Präsidentschaftsbewerbern über längere Zeit geführt. Er war auch stark in die Vorwahlserie gestartet. Am „Super Tuesday“ am 3. März, dem wichtigsten Vorwahltag mit Abstimmungen in 14 Bundesstaaten, räumte Biden jedoch ab und gewann in zehn Staaten. Auch bei den folgenden größeren Vorwahltagen setzte Biden seine Siegesserie fort und baute seinen Vorsprung vor Sanders aus – zuletzt nun auch in Wisconsin.

Diverse ehemalige Mitstreiter, die aus dem parteiinternen Rennen ausgestiegen waren, hatten sich öffentlich für Biden als Präsidentschaftskandidaten ausgesprochen und ihre Anhänger dazu aufgerufen, dessen Kampagne zu unterstützen. Biden war von 2009 bis 2017 Vize des US-Präsidenten Barack Obama.

Für Sanders dagegen gab es keine solchen Solidaritätsbekundungen. Viele prominente Führungsfiguren der Demokraten hatten von Anfang an Vorbehalte gegen Sanders, den selbst ernannten „demokratischen Sozialisten“, als Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei. Selbst engste Berater sollen Sanders zuletzt zu einem Rückzug geraten haben, um einen monatelangen kräftezehrenden internen Machtkampf zu vermeiden und alle Energie der Demokraten darauf zu konzentrieren, Trump zu schlagen.

Klar linke Agenda

Sanders vertritt seit Jahrzehnten eine klar linke Agenda. Der Senator aus Vermont kämpft unter anderem für eine Krankenversicherung für alle und für eine stärkere Besteuerung von Reichen. Einige seiner Positionen waren bei den Demokraten anfangs verschrien, sind dort inzwischen aber etabliert. Kritiker werfen ihm dennoch vor, zu radikal zu sein. Der 78-Jährige hatte sich bereits bei der Wahl 2016 um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bemüht, unterlag damals bei den Vorwahlen aber seiner Konkurrentin Hillary Clinton.

Der ehemalige Vizepräsident und nunmehrige Präsidentschaftskandidad der Demokraten Joe Biden
AP/Star Shooter/MediaPunch/IPx
Biden wirbt um Sanders’ Unterstützer: „Ich hoffe, ihr werdet euch uns anschließen“

Biden appelliert an Sanders-Anhänger

Im Sommer wollen die Demokraten ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell küren: Der Nominierungsparteitag war ursprünglich für Mitte Juli angesetzt, wurde wegen der Coronavirus-Krise aber auf Mitte August verlegt. Experten zufolge ist unklar, ob sich Sanders’ Anhänger bei der eigentlichen Präsidentenwahl am 3. November wirklich hinter Biden stellen werden.

Biden rief Sanders’ Anhänger umgehend auf, sich hinter ihn zu stellen: Auch er werde sich für Kernanliegen des linken Senators wie den Kampf gegen den Klimawandel, mehr Einkommensgerechtigkeit, eine bessere Gesundheitsversorgung für alle und kostenlose Hochschulbildung einsetzen, sagte der 77-jährige Mitte-Politiker. „Ich sehe euch, ich höre euch, und ich verstehe die Dringlichkeit dessen, was wir in diesem Land erreichen müssen“, erklärte der einstige Stellvertreter von Präsident Barack Obama. „Ich hoffe, Ihr werdet euch uns anschließen. Ihr seid mehr als willkommen. Ihr werdet benötigt.“

„Trump wird Biden vernichten“

Trump sprach kurz nach der Ankündigung von Sanders auf dem Kurznachrichtendienst Twitter von einem „Fiasko“ bei den Demokraten. Er rief die Sanders-Anhänger – „the Bernie people“ – dazu auf, zu den Republikanern zu wechseln. Er verwies auf Gemeinsamkeiten beim Thema internationaler Handel. Trump wie Sanders stehen Freihandelsabkommen kritisch gegenüber.

Trumps Wahlkampfteam zufolge wird der US-Präsident den designierten Kandidaten der Demokraten bei der Abstimmung im November „vernichten“. Der Republikaner Trump breche weiter das verkrustete Washington auf, während Biden der Kandidat der demokratischen Parteielite sei, erklärte Trumps Kampagne am Mittwoch.

30 Bewerber zu Beginn

Zu Beginn hatten sich bei den Demokraten fast 30 Bewerber und Bewerberinnen um die Präsidentschaftskandidatur ihrer Partei bemüht. Sie stiegen jedoch nach und nach aus, mit dem Fortschreiten der Vorwahlen zuletzt immer schneller.

Bei den Republikanern steht bereits fest, dass Trump als Kandidat seiner Partei zur Wiederwahl antreten wird. Der Amtsinhaber hatte anfangs zwar mehrere parteiinterne Mitbewerber gehabt. Diese stellten aber zu keiner Zeit eine ernstzunehmende Konkurrenz dar. Der Nominierungsparteitag der Republikaner steht ebenfalls im August an.