Schüler
ORF.at/Carina Kainz
Studie warnt

Homeschooling dürfte Ungleichheit fördern

Die Umstellung auf Heimunterricht wegen des Coronavirus könnte die Chancenungleichheit an den Schulen in Österreich, Deutschland und der Schweiz weiter verstärken. Das zeigt das am Freitag veröffentlichte „Schul-Barometer“ des Schweizer Instituts für Bildungsmanagement und Bildungsökonomie der Pädagogischen Hochschule Zug, für das rund 7.000 Personen (Schüler, Lehrer, Schulleiter, Eltern) befragt wurden.

Die Belastung durch das Homeschooling wird laut Studienleiter Stephan Huber insgesamt als „sehr hoch“ empfunden. Laut der Hälfte der Befragten können die Schülerinnen und Schüler sich nicht auf die anderen Lernmethoden einlassen und brauchen viel Unterstützung.

Für ein Drittel der Eltern ist es eine echte Herausforderung, ihrem Kind daheim bei den schulischen Aufgaben zu helfen. Dabei gingen die einzelnen Gruppen sehr unterschiedlich mit der neuen Situation um, auch die Qualität der Schule wirke sich in der Krisensituation noch deutlicher aus. „Bereits vorhandene Unterschiede vergrößern sich. Bessere Schulen kommen mit der Krise besser zurecht.“

„(Bildungs-)Verlierer“ der aktuellen Situation

Die Forscher befürchten, dass Schülerinnen und Schüler aus sozioökonomisch belasteten Familien die „(Bildungs-)Verlierer“ der aktuellen Situation sein werden. Gründe seien ein Zusammenspiel aus schlechter technischer Ausstattung, beengten Wohnverhältnissen und wenig Möglichkeiten, dass Eltern oder Geschwister die Schülerinnen und Schüler unterstützen.

Schulen mit einem hohen Anteil an benachteiligten Schülerinnen und Schülern stünden vor besonders großen Herausforderungen. Wo es nicht gut laufe, müsse es nach der Wiedereröffnung der Schulen intensive Bemühungen geben, das zu kompensieren. „Sonst drohen Teile der Schülerschaft abgehängt zu werden“, warnt Huber.

Zeitaufwand für Schule derzeit deutlich geringer

Die Studie hat gezeigt, dass die befragten Schüler – der Schwerpunkt lag auf den Zehn- bis 19-Jährigen – deutlich weniger Zeit für die Schule aufwenden als unter normalen Umständen. Der Untersuchung zufolge arbeitet laut eigenen Angaben nur knapp ein Drittel 25 Stunden und mehr pro Woche für die Schule, wobei die österreichischen Schülerinnen und Schüler hier laut Huber genau im Schnitt der drei untersuchten Länder liegen.

Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler wendet unter der Woche weniger als 15 Stunden pro Arbeitswoche fürs Lernen auf, das entspricht gut zwei Stunden pro Tag. „Diese Gruppe macht uns Sorgen, insbesondere die 18 Prozent mit weniger als neun Stunden Lern- und Arbeitszeit in der Woche.“

Weniger Struktur, weniger Motivation

Jene Schülerinnen und Schüler, die besonders wenig Zeit für das Lernen aufwenden, haben laut der Studie derzeit auch Probleme mit der Strukturierung ihres Tages, ihrer Aufgaben und mit der Motivation. Gleichzeitig haben die Forscher auch eine Gruppe identifiziert, die von der aktuellen Situation profitiert: Diese Schülerinnen und Schüler finden es gut, in ihrem eigenen Lerntempo und -rhythmus selbstbestimmter zu arbeiten. Sie lernen nach eigenen Aussagen jetzt effektiver und kommen gut mit der Situation zurecht.

Für das Team um Huber birgt die aktuelle Situation auch Chancen: Die Digitalisierung erlebe einen enormen Aufschwung, was mehr Differenzierung ermöglichen würde. „Dieses Potenzial ließe sich jetzt und in der nächsten Phase verstärkt nutzen“, heißt es in der Studie.