Näherin in Bangladesch fertigt eine Jeans an
Reuters/Andrew Biraj
Modebranche

Umsatzkrise bedroht Näherinnen in Asien

Wegen Umsatzeinbrüchen im Zuge der Coronavirus-Krise haben internationale Einzelhandelsunternehmen viele Aufträge bei Zulieferern storniert. Hunderttausende Fabriksarbeiter und -arbeiterinnen in Asien sind damit nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) existenziell bedroht. Betroffen sind auch Näherinnen, die die Kleidung für große Modeketten wie C&A und H&M fertigen.

Die März-Löhne seien meist noch ausbezahlt worden, doch spätestens im April drohe ein Chaos, sagte HRW-Rechtsberaterin Aruna Kashyap. Viele Unternehmen hätten auch Bestellungen für bereits fertige Waren gestrichen. Für Näherinnen und Näher in Kambodscha, Myanmar und Bangladesch bedeute das, dass sie für geleistete Arbeit keinen Lohn bekämen, denn ihren Arbeitgebern fehlten dafür die Auftragszahlungen.

Allein in Kambodscha haben nach Angaben des dortigen Arbeitsministeriums mehr als 110 Bekleidungsfabriken, die zusammen fast 100.000 Menschen beschäftigen, wegen der Pandemie ihre Produktion ausgesetzt. In Bangladesch sind laut der Frauenrechtsorganisation Femnet mehr als über 1.000 Fabriken geschlossen.

Näherinnen in einer Textilfabrik in Bangladesch
Reuters/Andrew Biraj
Hunderttausende Näherinnen und Näher sind durch die Krise in ihrer Existenz bedroht

Die Organisation verwies zudem auf die äußerst schwierige Lage für Hunderttausende Wanderarbeiterinnen, die normalerweise in Fabriken im indischen Bundesstaat Tamil Nadu prekär als Tagelöhner beschäftigt würden, und nun keinen Lohn mehr von ihren Agenten erhielten. Sie hätten von einem Tag auf den anderen kein Geld mehr für Lebensmittel oder Miete.

Hunderte Näherinnen für H&M und Next entlassen

In Rangun, einer Stadt in Myanmar, wurden jüngst mehr als 680 Arbeiter einer Nähfabrik, in der Kleidung für H&M und Next gefertigt wird, entlassen, weil die Aufträge zurückgezogen worden waren. Next hat sich nach Angaben eines Sprechers im März verpflichtet, die Aufträge anzunehmen, die bis zum 10. April fertig sein sollten.

H&M reagierte auf eine Anfrage nicht. Nach Angaben von Human Rights Watch hat sich das Unternehmen aber bereiterklärt, die vereinbarten Preise für die Waren zu zahlen, die fertig oder in Arbeit sind. Kashyap sagte, die Firmen sollten den Arbeitern durch diese Krise helfen: „Das Mindeste, was sie tun können, ist, sich an ihre ursprünglichen Verträge zu halten.“ H&M meldete Anfang April, dass der Umsatz im März währungsbereinigt im Vergleich zum Vorjahresmonat um 46 Prozent sank.

C&A stornierte ebenfalls

Zu den Händlern, die ihre Aufträge zurückgenommen haben, gehört auch das deutsche Unternehmen C&A. In einem von der dpa eingesehenen Brief vom 23. März an einen Zulieferer in Kambodscha erklärte das Unternehmen, dass „alle Bestellungen“ für die Zeit bis Ende Juni „mit sofortiger Wirkung“ gestrichen würden. Es sei Konsens, dass die Coronavirus-Pandemie als Ereignis höherer Gewalt gelte, hieß es. In solchen Fällen sei es gerechtfertigt, wenn sich das Unternehmen nicht an seine vertraglichen Verpflichtungen gebunden fühle.

Dem widerspricht Miriam Saage-Maaß von der Menschenrechtsorganisation ECCHR. „Höhere Gewalt kann nicht angeführt werden, wenn die Vertragsleistung lediglich nicht praktikabel oder wirtschaftlich schwierig ist.“ Zudem müsse ein Unternehmen nachweisen, dass das Problem unvorhersehbar gewesen sei – und das Risiko einer Pandemie sei den Unternehmen bekannt gewesen.

Das Schreiben sei zunächst „eine unmittelbare Maßnahme“ gewesen, teilte der C&A-Sprecher Jens Voelmicke auf Anfrage mit. Seither bemühe sich das Unternehmen um „individuelle, flexible Lösungen“ mit den Zulieferern. C&A beabsichtige, „alle Waren anzunehmen, die die Fabrik verlassen haben“, so viele Bestellungen „wie kommerziell vertretbar“ sollten entgegengenommen werden.