Frau mit Mundschutz geht an Geschäften vorbei
Reuters/Leonhard Foeger
Lockerung

Geschäfte öffnen unter strengen Auflagen

Seit Mitte März waren die meisten Geschäfte im Land geschlossen. Am Dienstag kommt es nun zu einer ersten Lockerung, und es dürfen weitere Geschäfte aufsperren. Es wird jedoch auch neue Auflagen geben.

Bisher durften Supermärkte, Apotheken, Drogerien, Tierbedarfsläden sowie Banken, Post, Reinigungsunternehmen und Tankstellen offen halten. Am Dienstag kommen laut der Verordnung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Kfz- und Fahrradwerkstätten, Tankstellen-Waschstraßen, Baustoff-, Eisen- und Holzhandel, Pfandleihanstalten und Handel mit Edelmetallen, Bau- und Gartenmärkte (unabhängig von der Größe) sowie kleinere Händler – vom Optiker über den Handyshop bis zum Bekleidungs- und Schuhgeschäft – mit einem Kundenbereich unter 400 Quadratmetern hinzu. Allein in Wien dürfen laut Wirtschaftskammer rund 4.600 Geschäfte aufsperren – mehr dazu in wien.ORF.at.

Die Öffnungszeiten sind auf 7.40 Uhr bis 19.00 Uhr beschränkt. Händler, die zu viele Kunden ins Lokal lassen, müssen bis zu 3.600 Euro bezahlen. Große Händler, die nicht unter die Verordnung fallen und frühzeitig öffnen, können mit bis zu 30.000 Euro belangt werden. Geschlossen bleiben unter anderem Einkaufszentren, Möbelhäuser und Friseursalons. Auch Hotellerie und Gastgewerbe müssen noch warten.

Masken- und Abstandspflicht

Wie bisher gilt der gewohnte Mindestabstand von einem Meter. Geschäfte bis 400 Quadratmeter, die jetzt aufmachen dürfen, müssen sicherstellen, dass sich pro 20 Quadratmeter nur ein Kunde aufhält. Das heißt, insbesondere bei kleineren Geschäften oder auch bei stärkerem Andrang müssen Kunden ersucht werden, draußen zu warten, bis ein anderer Kunde herauskommt. Das wurde bisher beispielsweise in Apotheken so gehandhabt.

Angestellte reinigt Griffe von Einkaufswagen
Reuters/Leonhard Foeger
Verkäufer und Kunden müssen Mund und Nase bedecken

Zudem herrscht generelle Maskenpflicht beim Einkauf. Alternativ kann auch ein Schal oder eine andere „Barriere gegen Tröpfcheninfektion“ über Mund und Nase gezogen werden. Bisher mussten Mund-Nasen-Masken oder Vergleichbares nur beim Einkauf in Supermärkten getragen werden, ab Dienstag gilt das in allen Geschäften für Verkäufer und Kunden. Die Geschäfte müssen aber keine Schutzmasken zur Verfügung stellen. Der Burgenländische Pensionistenverband sowie der burgenländische Landesrat Christian Illedits (SPÖ) appellieren vor allem an ältere Menschen, trotzdem noch zu Hause zu bleiben – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Handel beklagt Milliardenverlust

Während Virologen davor warnen, dass die bisherigen Erfolge im Kampf gegen das Coronavirus durch eine frühzeitige Öffnung der Geschäfte zunichtegemacht werden könnten, sieht die Wirtschaft ein wenig Licht am Ende des Tunnels. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft Standort + Markt gemeinsam mit der Linzer Johannes Kepler Universität verliert der Handel je Schließungsmonat zwei bis drei Milliarden Euro durch die Sperren. Der industrienahe Think Tank Agenda Austria geht für den Handel gar von Einbußen von 6,7 Milliarden Euro im vergangenen Monat aus.

Regelung für „Öffis“, Taxis und Fahrgemeinschaften

Ab Dienstag nach Ostern müssen auch Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln und Insassen von Taxis sowie bei Fahrdienstvermittlern wie Uber Mund und Nase mit Maske oder Schal bedecken. Ausgenommen sind nur Kinder bis zum sechsten Lebensjahr. Zudem ist auch in Bahnhöfen und „Öffi“-Stationen ein Abstand von mindestens einem Meter von anderen Fahrgästen einzuhalten.

Fahrgäste mit Mundschutz in U-Bahn
APA/Hans Punz
Masken- und Abstandspflicht gilt auch in öffentlichen Verkehrsmitteln

Neu dazu kommt auch eine Regelung für Fahrgemeinschaften zwischen Personen, die nicht im selben Haushalt leben: Diese sind nur mit Maske und einem Meter Abstand zulässig. Für eine Maskenpflicht am Arbeitsplatz braucht es der Verordnung zufolge Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – sofern die Schutzmasken nicht (wie im Handel) ohnehin vorgeschrieben sind.

Polizei darf Strafzettel ausstellen

Seit Samstag darf die Polizei außerdem Kontrollen bei den „Öffis“ und in den Geschäften vornehmen und mit Organstrafverfügung Geldstrafen einheben. Wer sich nicht an die Maskenpflicht hält, dem droht eine Strafe von 25 Euro. Bei allen anderen Verstößen sind übrigens 50 Euro fällig. Das betrifft das Nichteinhalten der Ausgangsbeschränkungen wie das Betreten von Gebieten, die unter Quarantäne gestellt worden sind, oder von eigentlich geschlossenen Läden – mehr dazu in wien.ORF.at.

Polizeibeamte führen Personenkontrollen am Donaukanal in Wien durch
APA/Hans Klaus Techt
Polizei kann Organstrafmandate ausstellen

Das „Betreten öffentlicher Orte“ bleibt ja weiterhin verboten. Zu den fünf Ausnahmen – Notfall, Betreuung und Hilfe, Deckung der Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, Arbeit und der Bewegung im Freien alleine oder mit Mitbewohnern – kommt nun das Einkaufen bzw. die Inanspruchnahme jener Dienstleistungen hinzu, die bereits wieder angeboten werden dürfen.

Bundesgärten öffnen

Mit Beginn der Maßnahmenlockerungen dürfen auch die 230 von insgesamt rund 12.500 Hektar öffentlich zugänglicher Grünflächen in Wien wieder betreten werden (zum Verständnis: ein Hektar entspricht 10.000 Quadratmetern). Bei den bisher fehlenden zwei Prozent handelt es sich um die fünf Wiener Bundesgärten. Vor dem lang erwarteten Zugang in Schlosspark Schönbrunn oder Augarten steht für potenzielle Besucher jedoch noch eine Einlasskontrolle: So soll eine Überfüllung verhindert werden.

Und schließlich legt die Verordnung auch fest, dass als „notwendiges Grundbedürfnis“ auch Hochzeiten (und wie bisher schon Begräbnisse) gelten und daher eine Ausnahme vom allgemeinen Ausgangsverbot rechtfertigen. Beides aber nur im „engen familiären Kreis“.

Anschober: „Entscheidende Phase“

Mit dem Beginn des stufenweisen Hochfahrens des Handels am Dienstag starte die zweite Etappe im Kampf gegen das Coronavirus, sagte Anschober am Montag. Er rief dazu auf, die erste Teilöffnung „maßvoll und verantwortungsvoll“ zu begehen. Es handle sich um eine „entscheidende Phase“, die erst zeigen werde, ob die schrittweise Öffnung fortgesetzt werden kann.

„Wir haben die erste Phase der Corona-Krise gut bestanden und unser Ziel der Abflachung der hohen Steigerungszahlen an Neuerkrankungen durch die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt und eines großartigen Engagements der Bevölkerung gut erreicht.“ Die am Dienstag beginnende zweite Etappe werde jedoch deutlich schwieriger werden, so Anschober: „Wir müssen trotz schrittweiser Öffnung die Zahl der Neuerkrankungen auf geringem Niveau halten.“ Gerade jetzt müsse „jeder ein Teil der Lösung sein“.

„Ich appelliere dringend, alle Sicherungsmaßnahmen der ersten Teilöffnung konsequent zu befolgen: strikte Einhaltung der Zugangsregeln in die Geschäfte, Mindestabstand beim Warten auf Einlass, Tragen des Mund-Nasen-Schutzes in den Geschäften und Mindestabstand und Mund-Nasen-Schutz auch in den Öffis“, sagte der Gesundheitsminister. Wer nicht unbedingt einkaufen muss, solle noch ein paar Tage zuwarten, um zu große Menschenansammlungen zu vermeiden, ganz besonders Ältere.

Offener Brief von Kurz zu Ostern

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zu Ostern in einem offenen Brief der österreichischen Bevölkerung gedankt. „Österreich ist bisher besser durch diese Krise gekommen als viele andere Länder und der Grund dafür sind Sie alle“, so Kurz. Gleichzeitig wies er aber darauf hin, dass das Coronavirus „uns noch über Monate begleiten“ werde.

Es wäre „falsch zu glauben, dass das Virus besiegt ist“, so der Kanzler in dem Brief, der an die „Österreicherinnen und Österreicher“ adressiert ist. Bis ein wirksames Medikament oder eine Schutzimpfung gefunden sein wird, werde das Virus den Alltag der Bevölkerung begleiten – „mit Erfolgen und Rückschlägen“. „Bis dahin werden wir alles tun, um uns schrittweise einer neuen Normalität zu nähern“, schreibt der Bundeskanzler. Die Bundesregierung werde dabei mit dem „richtigen Maß“ vorgehen, versprach Kurz: „Mit so viel Freiheit wie möglich, aber auch so viel Einschränkung wie nötig.“

Die getroffenen Maßnahmen würden „uns viel abverlangen“. Der Weg sei aber „notwendig“, um „das Schlimmste“ zu verhindern. „Vier von fünf Corona-Infizierten haben keine Symptome und wissen daher nicht, dass sie krank sind. Sie können aber dennoch andere Menschen anstecken, für die die Krankheit vielleicht tödlich ist. Das ist ein Grund, warum das Virus für unsere Gesellschaft so gefährlich ist.“

Kogler dämpft Erwartungen

Was die Dauer anbelangt, gab sich auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wenig optimistisch. Es könne noch lange brauchen, bis Medikamente oder ein Impfstoff vorhanden seien, und nur dann werde sich die Lage schlagartig verändern, sagte er gegenüber der „Kleinen Zeitung“. Dass die Bäder Anfang Mai öffnen, könne er sich etwa „nicht vorstellen“. Schwer vorstellbar seien auch Festivals und Großkonzerte im Sommer.

Auch für den Tourismus dämpfte Kogler die Erwartungen: Denn derzeit sei fast jede Ein- und Ausreise mit zweiwöchiger Quarantäne verbunden. „Ich kann mir schwer vorstellen, dass ein Tourist zwei Wochen in Quarantäne geht, bevor der richtige Urlaub beginnt“, sagte Kogler der „Kleinen Zeitung“.

Kaiser überlegt differenziertes Hochfahren

Der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) will mit den anderen Landeschefs ein mögliches differenziertes Hochfahren zum gewohnten Betrieb diskutieren. Konkret könnte in Ländern, Bezirken oder Städten mit wenigen Infizierten früher wieder so etwas wie ein Normalbetrieb gestartet werden, um dann die Erfahrungen für andere Regionen mitzunehmen. Kärnten könnte dabei ein Vorreiter werden.

„Es ist erst einmal ein Ansatz, der noch mit den anderen Landeshauptleuten zu diskutieren ist“, sagte Kaiser in einer Videokonferenz am Montag gegenüber Medien. „Solo“ wolle Kärnten keinesfalls vorgehen – er wolle den Vorschlag aber besprechen. Wichtig sei jedenfalls auch, dass es in Sachen Fallzahlen überall – auch im Ausland – noch besser werden müsse – mehr dazu in kaernten.ORF.at.