Israel: Frist für Ganz zur Regierungsbildung abgelaufen

Die Frist zur Regierungsbildung in Israel für den Oppositionskandidaten Benny Ganz ist in der Nacht auf gestern abgelaufen. Ganz vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß hatte gestern zunächst bis eine Minute vor Mitternacht (22.59 Uhr MESZ) Zeit, eine Koalition zu bilden.

Es kam zwar nicht zu einer Einigung, Ganz traf sich aber am Abend erneut zu Verhandlungen mit dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Beide haben die Absicht bekundet, eine Große Koalition von Blau-Weiß und Netanjahus Likud zu bilden.

Weitere 21 Tage möglich

Ein Sprecher des Präsidenten Reuven Rivlin sagte, die beiden könnten sich theoretisch auch in den kommenden 21 Tagen noch auf eine Koalition einigen. Dafür müsse einer der beiden vom Parlament mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Rivlin hatte am Sonntag erklärt, er werde das Mandat an die Knesset geben, sollte Ganz keine Regierungsbildung gelingen.

Liegt das Mandat beim Parlament, kann jeder Abgeordnete – auch Ganz und Netanjahu – versuchen, binnen 21 Tagen die Unterstützung von 61 der insgesamt 120 Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu finden. Danach hat er noch einmal zwei Wochen Zeit, eine Koalition zu schmieden. Scheitert das, muss Israel zum vierten Mal seit April 2019 wählen.

Verhandlungen bis zum Schluss

Vertreter des Likud und von Blau-Weiß hatten bis zuletzt verhandelt. Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen blieb laut Medienberichten die Forderung des Likud nach einem Vetorecht bei der Besetzung von Richtern. Außerdem wollte Netanjahu demnach eine Garantie, dass das Höchste Gericht ihm das Amt des Regierungschefs nicht wegen seiner Korruptionsanklage verweigern kann.

Ganz hatte am Wochenende Rivlin noch um eine Verlängerung seiner Frist um weitere zwei Wochen gebeten. Doch Rivlin hatte das abgelehnt.

Israel wird seit Ende 2018 von einer Übergangsregierung unter Netanjahu verwaltet. Am 2. März hatten die Bürger zuletzt ein neues Parlament gewählt. Dabei gab es erneut keinen klaren Sieger, aber Ganz erhielt wegen mehr Empfehlungen von Abgeordneten den Auftrag zur Regierungsbildung. Er strebte vor dem Hintergrund der Coronavirus-Krise eine große Koalition mit Netanjahu an, obwohl dieser wegen Korruption in drei Fällen angeklagt ist. Aus Protest dagegen hat sich ein Teil seines Bündnisses von Blau-Weiß abgespaltet.