Staatssekretärin Ulrike Lunacek
APA/Helmut Fohringer
Museen ab Mai, keine Großevents

Kultur soll schrittweise wieder anlaufen

Das Kulturleben soll bald wieder Fahrt aufnehmen – allerdings in Etappen. Laut der Regierung sollen Mitte Mai Einrichtungen wie Museen und Bibliotheken wieder öffnen dürfen. Je nach Lage könnte es zu Beginn des Sommers dann kleinere Veranstaltungen geben, wenn Regeln wie Mindestabstand eingehalten werden. Großevents mit vielen stehenden Menschen auf engem Raum werden im Sommer hingegen nicht erlaubt sein.

Der Umgang mit Veranstaltungen und öffentlichen Räumen bleibe ein stetiges „Abwägen und Abmessen“, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Pressekonferenz am Freitag. Manche Lockerung sei „fix, manche nicht“, dementsprechend werde man manche Fragen auch erst in den kommenden Wochen beantworten können. Mitte Mai sollte es mehr Klarheit für Veranstalter geben, so Kogler.

Eine Lockerung gaben Kogler und Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) aber bereits bekannt: Museen, Bibliotheken, Archive und andere „Orte der Präsentation im künstlerisch-kulturellen Bereich" sollen Mitte Mai wieder öffnen dürfen. Ein konkreter Tag soll noch kommuniziert werden. Die Bundesmuseen wollen laut Lunacek aus betriebswirtschaftlichen Gründen allerdings erst Ende Juni wieder öffnen. Auch bei den Bibliotheken gibt es Einschränkungen, so sollen etwa Lesesäle gesperrt bleiben.

Museen „in guten Gesprächen“

Wichtig sei, dass die Bundesmuseen gemeinsam vorgehen, sagte die Direktorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, am Freitagabend in der ZIB2. Sie stehe in ständiger Absprache mit Lunacek und Kogler. „Wir haben uns entschlossen, die Museen am 1. Juli wieder zu öffnen.“ Man sei mittendrin in Sanierungsmaßnahmen, die sonst sehr schwierig seien. Wir können diese nun zügig fortführen und dann kräftig neu starten.

KHM-Direktorin Haag zur Öffnung von Museen

Museen öffnen wieder. Kunst und Kultur drohen aber Langzeitschäden. Sabine Haag, Direktorin des Kunsthistorischen Museums, äußert sich zur Öffnung der Museen.

Auch über mögliche Entschädigungen seien die Bundesmuseen in „guten Gesprächen“ mit der Staatssekretärin. „Wir brennen darauf, möglichst bald den Erfolgskurs fortzuführen“, so Haag. Geplante Infrastrukturmaßnahmen seien vorerst aber hintangestellt.

Keine großen Feste

Nicht erlaubt sein werden allerdings weiterhin Großveranstaltungen wie Stadtfeste und Musikfestivals, bei denen viele Menschen stehend auf engem Raum zusammenkommen. Das bereits bis Ende Juni geltende Veranstaltungsverbot wurde für diese Bereiche bis 31. August verlängert. Schon der Hausverstand sage, dass solche großen Feste aktuell nicht sinnvoll seien, so Kogler. Kurz nach der Pressekonferenz bestätigte dann auch das FM4 Frequency Festival seine Absage – mehr dazu in noe.ORF.at. Das Popfest in Wien denkt über eine Alternativvariante nach – mehr dazu in wien.ORF.at.

Bei kleineren Events werde ab Juli wieder mehr möglich sein – konkretere Informationen dazu will man Mitte Mai bekanntgeben. Auf jeden Fall müsse der Mindestabstand eingehalten werden, zudem brauche jede Person 20 Quadratmeter Platz im Raum. Kogler sprach auch von einer Mund-Nasen-Schutz-Pflicht. Er ließ bereits anklingen, dass hier bei Freiluftveranstaltungen ein größerer Spielraum bestehe – und dass sich für viele Veranstalter angesichts der strengen Regeln auch die Rentabilitätsfrage stellen werde.

Kinos wollen erst nach Sommer öffnen

Bezüglich des Kinobetriebs wolle man Mitte Mai Klarheit haben, so Lunacek. Sie sage allerdings, dass die Kinos erst Ende August bzw. Anfang September aus betriebswirtschaftlichen Gründen wieder öffnen wollten. Dabei spiele eine Rolle, dass Kinos im Sommer weniger stark frequentiert werden. Das könne sich aber auch noch ändern, so Lunacek.

Werner Kogler und Ulrike Lunacek
APA/Helmut Fohringer
Eine Maske wird man wohl künftig auch bei Kulturevents brauchen

Gute Nachrichten hatte sie auch für professionelle Theaterhäuser sowie Orchester und Musikgruppen: Diese dürfen – unter Einhaltung der Schutzbestimmungen – mit 1. Juni ihren Probenbetrieb wieder aufnehmen. Dabei sollen aber so wenige Personen wie möglich involviert seien. Einzelproben – also etwa ein Tänzer und eine Choreografin – sollen bereits ab dem 18. Mai erlaubt sein. Amateure müssen aber noch warten, sie dürfen aktuell noch nicht in Gruppen proben.

Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger kritisierte, so nicht Theater spielen zu können. Mit den Abstandsregeln könne Theater nicht funktionieren – auch nicht mit dem Mund-Nasen-Schutz. Der designierte Direktor der Staatsoper, Bogdan Roscic, hingegen sagte, im Juni gehe es um Vorproben, „da muss man sich halt was einfallen lassen“. Es müsse möglich sein, miteinander zu arbeiten.

Noch keine Entscheidung zu Festspielen

Offen ließen Kogler und Lunacek auch die Frage, ob die Salzburger und Bregenzer Festspiele stattfinden können. Man befinde sich nach wie vor in Verhandlungen mit der Landespolitik und den Veranstaltern. Die Situation sei aufgrund des 100-Jahr-Jubiläums „besonders dramatisch“, so Kogler. Allerdings stelle sich auch hier die finanzielle Frage. Seitens der Festspiele hieß es, man wolle die Hoffnung noch nicht aufgeben – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

„Im Zuge des schrittweisen Aufsperrens“ müsse es das Ziel sein, „die gesundheitspolitischen Erfolge weiter aufrechtzuerhalten.“ Mitte Mai soll es weitere Klarheit für Veranstalter geben. Ökonomische Ausfälle, die viele Künstler und Institutionen zu verkraften haben, sollen „ähnlich wie bei Wirtschaftsbetrieben“ ersetzt werden, so Kogler.

An einem zusätzlichen Fonds im Kunst- und Kulturbereich werde gearbeitet. Dieser soll auch Non-Profit-Organisationen bedenken. In Summe sehe man eine Dotierung von „mehreren hundert Millionen Euro“ vor, teilte Kogler mit. Aktuell befinde man sich in Verhandlungen mit dem Finanzministerium, Details sollen noch im April stehen. Von der mit fünf Millionen Euro dotierten Soforthilfe im Künstler-Sozialversicherungsfonds seien bisher 400.000 Euro ausbezahlt worden.

Drozda: Viele Fragen offen

„Much ado about nothing“ (Dt.: „Viel Lärm um nichts“, Anm.), kritisierte SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda. Viele Fragen seien offengeblieben – etwa zu einer praktikablen Regelung für Proben oder zum fehlenden Rettungsschirm für die Kultur- und Kreativbranche. Und bei aller Unterstützung für die notwendigen gesundheitspolitischen Maßnahmen wäre es höchst wünschenswert, dass alle Museen so rasch wie möglich öffnen, um den Besucherinnen und Besuchern wieder Zugang zu den bedeutenden Sammlungen zu ermöglichen.

Drozda vermisst auch eine realistische Perspektive für Musik- und Theaterproben. „Die von Kogler und Lunacek angekündigte Regelung für Proben ab Mitte Mai kann ja nicht ernst gemeint sein; sie stellt allenfalls sicher, dass ab Herbst nur mehr Einpersonenstücke in Oper und Theater aufgeführt werden können.“ Drozda regte deshalb an, dass in Abstimmung mit Belegschaft und Belegschaftsvertretung Proben im August stattfinden können, um den Aufführungsbetrieb dann im September zu starten.

Offen sind aus Sicht Drozdas auch wesentliche Antworten zu sozialen Fragen. „Es fehlt ein ausreichend großer Rettungsschirm für die Branche, es gibt noch immer nicht den angekündigten Fonds für gemeinnützige Kulturvereine, und auch die Unterstützungen aus dem Künstlersozialversicherungsfonds sind zu gering.“

Wien erhöht Kulturstipendien

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, die von der SPÖ nominiert worden ist, nannte die Ankündigungen „unabgesprochen“. Und „wir brauchen ja eine gesetzliche Maßgabe, die ist ja jetzt durch diese Ankündigung nicht erfolgt. Erst dann, wenn das Gesetz geändert wurde, dann kann sich die Landesgesundheitsbehörde sich dazu verhalten“, sagte sie im „Wien heute“-Interview. Um die Kulturschaffenden in der Krise zu unterstützen, kündigte Kaup-Hasler an, den Topf für Kulturstipendien um weitere zwei Millionen Euro aufzustocken – mehr dazu in wien.ORF.at.