Juncker: „Erhebliche Aufstockung“ des EU-Budgets nötig

Nach Worten des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker ist eine „sehr erhebliche Aufstockung“ des EU-Budgets erforderlich. Alle bisherigen Vorschläge inklusive jenes seiner Kommission von 2018 seien „nicht ausreichend, um der Coronavirus-Krise zu begegnen“, sagte Jucker in einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ und den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (Montag-Ausgaben).

Seine Kommission habe einen Rahmen von 1,13 Prozent des Bruttonationaleinkommens vorgeschlagen. „Das war schon ein Minimum. Und es reicht jetzt erst recht nicht.“ Denn zu den bestehenden Aufgaben kämen neue für Forschung, Geflüchtete, das Stipendienprogramm Erasmus und nunmehr die Finanzierung der Folgen der Krise hinzu.

Neue Verhandlungen gefordert

Angesprochen auf die bisherige Sparforderung der Nettozahler, zu denen auch Österreich gehört, sagte Juncker: „Wir müssen mit den Ländern, die sich auf das Einprozentlimit eingeschossen haben, neu reden.“ Außerdem brauche es eine schnelle Entscheidung über das EU-Budget, denn ansonsten würden EU-Programme ab Jänner 2021 nicht mehr zur Verfügung stehen.

Juncker befürwortet, dass die EU an der Idee eines Wiederaufbaufonds („Recovery-Fonds“) weiterarbeitet. „Es geht dabei ja nicht um die Vergemeinschaftung alter Schulden, sondern um eine teilweise Vergemeinschaftung von neuen Schulden, die durch die Pandemie entstehen. Die Schuldenaufnahme wäre zeitlich begrenzt und zweckbestimmt.“

Er sei aber dagegen, so Juncker, „dass man so tut, als ob das kurzfristig eine Antwort auf die finanziellen Engpässe wäre, die jetzt in allen Euro-Ländern auftreten. Es braucht mehrere Monate, um das Instrumentarium aufzubauen.“

Juncker „enttäuscht“ von Gesamtleistung der EU

Das bisherige Coronavirus-Rettungspaket der Euro-Finanzminister in Höhe von 540 Milliarden Euro sei zwar solide, werde aber nicht ausreichen, sagte Juncker. Juncker verhehlte nicht seine Enttäuschung über die Antwort der EU auf die Krise.

„Ich bin enttäuscht von der europäischen Gesamtleistung der vergangenen Wochen.“ Weil sich am Anfang der Krise „herausgestellt hat, dass Solidarität in Europa kein spontaner Reflex ist, sondern organisiert werden muss. Dagegen ist die Rückkehr zu den nationalen Bezugsrahmen die erste Geste, die Regierungen eingefallen ist“, so der frühere EU-Kommissionschef. Juncker glaubt aber nicht, dass die EU an der Coronavirus-Krise zerbricht.