Frau vor einem Laptop
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Jobverlust

Selbstständige Frauen besonders betroffen

Im Zuge der Coronavirus-Pandemie haben zwar bisher mehr Männer als Frauen den Job verloren, aber der Beschäftigungsrückgang konzentriert sich auf typische Frauenberufe – und Frauen tragen mehr von der Belastung durch zusätzliche Betreuungspflichten, heißt es in einer aktuellen WIFO-Studie. Bei Frauen waren eher höher Qualifizierte und Selbstständige betroffen, bei Männern eher gering Qualifizierte.

Während die Krise 2008/09 vor allem den stark männerdominierten Produktionssektor betraf, gibt es aktuell auf dem Arbeitsmarkt in fast allen Wirtschaftsbereichen negative Auswirkungen. „Die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus trafen insbesondere die frauendominierten Dienstleistungsbranchen hart“, schreiben die WIFO-Ökonominnen Julia Bock-Schappelwein, Christine Mayrhuber und Ulrike Famira-Mühlberger in dem am Mittwoch veröffentlichten WIFO-„Research Brief“ „Covid-19: Ökonomische Effekte auf Frauen“.

Auffallend ist laut WIFO, dass der Beschäftigungsrückgang bei Frauen auf wenige Branchen konzentriert ist, vor allem auf Beherbergung und Gaststätten, Tourismus und persönliche Dienstleistungen. Bei Männern verteilt sich der Jobrückgang hingegen auf deutlich mehr Branchen. Während sich der Arbeitslosigkeitsanstieg bei Männern etwas stärker auf gering Qualifizierte konzentriert, sind bei Frauen eher höher Qualifizierte ab Matura betroffen. In Summe stieg die Arbeitslosenrate der Männern um 5,3 Prozentpunkte auf 13,0 Prozent, jene der Frauen um 4,4 Prozentpunkte auf 11,5 Prozent.

Mehrarbeit „durch Kinderbetreuung und Heimunterricht“

Noch nicht wirklich quantifizierbar seien die Veränderungen im Zusammenleben durch die Coronavirus-Krise. „Die abrupte Schließung der Betreuungs- und Bildungsinstitutionen ab Mitte März bedeutet für Frauen tendenziell eine Mehrarbeit durch Kinderbetreuung und Heimunterricht“, wobei diese Aufgaben schon zuvor ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt waren, so das WIFO.

Die Forscherinnen sehen aktuell die rasche Öffnung von Kinderbetreuung und Schulen und mittelfristig den Ausbau der Betreuungsinfrastruktur als zentrale Voraussetzung für „eine Weiterentwicklung der Gleichstellung von Frauen am Arbeitsmarkt“, aber auch für die Chancengleichheit der Kinder. Öffentlich finanzierte Betreuungs- bzw. Bildungseinrichtungen verbessern für Haushalte im unteren Einkommensdrittel die Wohlfahrt um rund ein Viertel (26,6 Prozent), wie eine bald erscheinende Studie zeige.

Arbeitslosigkeit wirkt sich stärker auf Frauen aus

Langfristig gesehen droht laut WIFO-Studie, dass die Einkommenslücken selbstständig erwerbstätiger Frauen, nicht nur gegenüber den Männern, sondern auch gegenüber den unselbstständig beschäftigten Frauen sich angesichts der aktuellen Entwicklung noch verstärken. Arbeitslosigkeit wirke sich für Frauen stärker als für Männer langfristig negativ auf das Einkommen aus, weil Frauen im Schnitt weniger Erwerbsjahre haben. Jedes fehlende Erwerbsjahr reduziert das Lebenseinkommen der Frauen daher stärker, als dies bei Männern der Fall ist, heißt es in der Studie weiter.

Zufriedenheit bei Frauen gesunken

Unterdessen wirkt sich das Coronavirus auch auf die Stimmung im Land aus. Die zur Pandemiebekämpfung verhängten Einschränkungen haben die Stimmung eingetrübt, wie im Auftrag der Universität Wien durchgeführte Befragungen zeigen. Besonders unzufrieden sind Frauen. In der europäischen Sozialerhebung „European Social Survey“ bewertete die heimische Bevölkerung ihre Lebenszufriedenheit vor zwei Jahren noch mit acht von zehn Punkten. Ähnliche Werte zeigte heuer eine Aufstellung der Industriestaaten-Organisation OECD, in der Österreich auf Platz fünf von 33 Ländern landete.

Das Kreuz mit der Kinderbetreuung

Die Befragungen des „Corona-Panels“ der Universität Wien zeigen nun allerdings einen deutlichen Rückgang: In den drei seit Ende März durchgeführten Erhebungen liegt die durchschnittliche Bewertung der Lebenszufriedenheit nur noch bei 6,4 bis 6,6 Punkten auf einer Skala von zehn. Besonders deutlich ist der Rückgang bei Frauen (auf 6,2 bis 6,4 Punkte) – dabei waren sie im Jahr 2018 noch etwas zufriedener als Männer.

Als einen möglichen Grund für diese Trendverschiebung nennt Raimund Haindorfer vom Institut für Soziologie der Uni Wien in einem Blogbeitrag die Belastung durch die Kinderbetreuung. Diese wurde im aktuellen Ausnahmezustand durch die De-facto-Schließung von Schulen und Kindergärten den Familien aufgebürdet.

Besonders unzufrieden mit ihrer Situation sind Pflichtschulabsolventen (sechs bis 6,3 Punkte), während Personen mit höherem Bildungsabschluss eine etwas höhere Lebenszufriedenheit angeben. Das spiegelt den bereits vor der Krise zu beobachtenden Trend wider. Grundsätzlich gilt in der Krise, dass zwar alle Bildungsschichten unzufriedener sind als zuvor, dass die Zufriedenheit mit der Höhe des Bildungsabschlusses aber steigt.