Ausgetrocknete Erde in einem Feld
ORF.at/Günther Rosenberger
Kaum Regen

Extreme Trockenheit in Europa

Viel Sonne und wenig Regen sorgen in Österreich dieses Frühjahr für extreme Trockenheit. Die Landwirtschaft befürchtet deshalb Ausfälle, und auch die Waldbrandgefahr steigt. Doch nicht nur hierzulande ist es viel zu trocken, Europa hofft auf Regen.

In nahezu allen Bundesländern klagt die Land- und Forstwirtschaft über zu wenig Niederschlag. So liegt der letzte ergiebige Regen in Kärnten etwa schon Wochen zurück. Insbesondere Oberkärnten ist betroffen – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Ganz gleich die Situation im Burgenland. Die Felder sind bereits bestellt, Sommergetreide und Feldfrüchte angebaut.

Doch blieben die Böden bisher so trocken wie schon lange nicht, weshalb das Saatgut nur schwer keimen kann. Das Problem wird noch dazu verstärkt, da auch schon die Winterfeuchte gering war. Bäuerinnen und Bauern befürchten Schäden – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Warnung: „Besonders brandintensiver Frühling“

Othmar Thann, Direktor des Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), beobachtete heuer bereits eine Steigerung „hin zu einem besonders brandintensiven Frühling“ in Wäldern, Hecken und Fluren. Schon bisher wurden laut Waldbranddatenbank Austria im Zeitraum Jänner bis April 2020 mit 138 Vegetationsbränden um 35 Prozent mehr gemeldet als noch im Vorjahr. Der April ist mit 73 Bränden sogar einer der vier brandintensivsten Frühlingsmonate der vergangenen 25 Jahre.

Ein Traktor wirbelt viel Staub auf
APA/Robert Jaeger
Die seit Jahresbeginn herrschende Trockenheit bringt die heimische Landwirtschaft unter Druck

Häufig sei der Mensch der Verursacher für Brände, so Kurt Svoboda, Präsident des Versicherungsverbands Österreich (VVO) – etwa wenn eine Zigarette achtlos weggeworfen, ein Lagerfeuer angezündet oder ein Auto mit heißem Auspuff achtlos in der Wiese abgestellt werde. „Wir bitten daher, besonders in der Natur aufzupassen und nicht leichtsinnig mit Brandquellen umzugehen", mahnte Svoboda in einer Aussendung. Keinen Müll in der Natur zu hinterlassen, sollte im Sinne des Umweltschutzes eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Jedoch seien es häufig Glasflaschen und Dosen, die zurückgelassen würden, warnen KFV und VVO. Bei Trockenheit stellt das eine noch größere Gefahr da, da durch die Spiegelung des Sonnenlichts ein Brand ausgelöst werden kann.

Feuerwehren im Einsatz

Der Extremfall eines Waldbrands zeigte sich in den letzten Tagen bereits in Niederösterreich. Dort stand vor ein paar Tagen ein besonders schwer zugängliches, steiles Waldstück im Bezirk Scheibbs in Flammen. Anrainer beobachteten eine Rauchwolke am Himmel und verständigten die Einsatzkräfte. Ursache war womöglich ein Blitzschlag – mehr dazu in noe.ORF.at. Unterdessen brannte im Bezirk Baden eine Jagdhütte nahe einem völlig ausgetrockneten Wald. Obwohl die Hütte komplett ausbrannte, konnte die Feuerwehr Schlimmeres verhindern – mehr dazu in noe.ORF.at. Am Neusiedler See im Burgenland wurden Anfang April 180 Hektar Schilf durch ein Großfeuer vernichtet. Mehr als 24 Stunden hatte das Feuer im Schilfgürtel gewütet. Erst der Einsatz von zwei Black-Hawk-Hubschraubern, die die Flammen aus der Luft bekämpften, zeigte Wirkung – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Sichtbar wird die prekäre Lage auch, blickt man nach Oberösterreich. Dort mussten die Feuerwehren alleine im März und April mehr als 23.000 Einsatzstunden leisten. Das sei besonders in Zeiten der Coronavirus-Krise, wo Abstand gehalten werden müsse, eine Herausforderung, so die oberösterreichische Landesregierung – mehr dazu in ooe.ORF.at. In Tirol gibt es aufgrund der Waldbrandgefahr bereits eine Verordnung, erlassen von den Bezirkshauptmannschaften Innsbruck-Land und Landeck. Es sei verboten, ein Feuer zu entzünden und im Wald zu rauchen. Weitere Bezirke planen ähnliche Verordnungen – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Naturschutzgebiet in Belgien in Flammen

Europaweit sieht die Situation nicht anders aus. In Belgien etwa hat ein Waldbrand große Teile eines Naturschutzgebiets zerstört. 167 Hektar eines Torfmoors in der Gemeinde Oud-Turnhout nahe der niederländischen Grenze seien betroffen, sagte Bürgermeister Bob Coppens der Nachrichtenagentur Belga. Das Feuer sorgte für große Rauchentwicklung. Die Einsatzkräfte versuchten unter anderem, mit einem Löschhubschrauber die Flammen in den Griff zu bekommen.

Großbrand in einem Wald im niederländisch-deutschen Grenzgebiet bei Elmpt
picturedesk.com/dpa/Sascha Rixkens
An der deutsch-niederländischen Grenze ist das Feuer nur schwer in den Griff zu bekommen

„Es wird Jahrzehnte dauern, bis alles wiederhergestellt ist“, befürchtete Coppens. Die Brandursache war unterdessen zunächst nicht bekannt, doch dass die Trockenheit Ursache für die rasche Ausbreitung war, wird nicht bezweifelt. Das betroffene Gebiet war deshalb bereits wegen der Gefahr von Waldbränden für Besucherinnen und Besucher gesperrt, wie Belga berichtete.

Ganzes Dorf in den Niederlanden evakuiert

Auch im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, im Bergischen Land im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie in Polen halten Waldbrände die Feuerwehren in Atem. Die anhaltende Trockenheit und kräftiger Wind begünstigen die Ausbreitung. In der trockenen Heide- und Waldlandschaft des Grenzgebiets gingen Hunderte Feuerwehrleute gegen Flammen und Glutnester an. Hubschrauber mit Löschtanks unterstützten aus der Luft. Am Mittwoch wurde das Dorf Herkenboesch komplett evakuiert. Betroffen sind 4.000 Bewohnerinnen und Bewohner. Zwei Tage nach dem Ausbruch war der Brand auf der deutschen Seite zwar unter Kontrolle, auf niederländischer Seite bekämpften Feuerwehrleute aus beiden Ländern aber weiterhin die Flammen.

„Das Feuer hat sich nicht weiter ausgebreitet, allerdings frischt der Wind am Tag wieder auf, und die Temperaturen steigen“, schilderte ein Sprecher des Landkreises Viersen die Lage. Zwei zum Löschen umgerüstete Hubschrauber der Polizei waren im Einsatz, um den Einsatzkräften auch ein Lagebild aus der Luft in dem nur schwer zugänglichen Naturschutzgebiet zu ermöglichen. Auf der niederländischen Seite wurde mit zwei Bergepanzern eine Brandschneise durch den Wald gezogen, um eine Ausbreitung des Feuers über diese Linie hinaus zu verhindern. Insgesamt ist eine Fläche von rund 170 Hektar betroffen.

Mehr als 100 Kilometer entfernt löschten Feuerwehrleute in Gummersbach im Bergischen Land letzte Glutnester eines großflächigen Waldbrands. Hunderte Helferinnen und Helfer sowie zwei Polizeihubschrauber mit Löschwassergefäßen und Flugfeldlöschfahrzeuge vom Airport Köln-Bonn waren beteiligt. Ein 24-Jähriger soll den Brand durch „leichtfertigen Umgang mit Feuer“ ausgelöst haben, wie es bei der Polizei hieß.

Polen: 6.000 Hektar eines Nationalparks in Brand

Weiter östlich kämpften die Feuerwehrleute gegen einen Waldbrand im Biebrza-Nationalpark in Polen. Das schon am Sonntag ausgebrochene Feuer habe eine Fläche von rund 6.000 Hektar erfasst, teilte das Innenministerium mit. Der größte Nationalpark des Landes liegt im Nordosten und umfasst unter anderem das Biebrza-Tal, eines der größten Torfmoore in Mitteleuropa. Dort leben Elche und seltene Vogelarten.

Feuerwehrmänner bei Brand in Polen
Reuters/Agencja Gazeta
Im Biebrza-Nationalpark brennt unter anderem ein Torfmoor

Das sumpfige, von Weidendickicht und Röhricht bewachsene Gelände sei an vielen Stellen schwer zugänglich, teilte die Parkverwaltung mit. Außerdem könne sich das Feuer, das an der Oberfläche gelöscht sei, durch den Wind in dem torfigen Untergrund weiter verbreiten und wieder ausbrechen. Auch in Polen gab es im Winter wenig Niederschlag. Laut dem staatlichen meteorologischen Institut ist auch in den kommenden Tagen nicht mit Regen zu rechnen.

Nur wenig Niederschlag erwartet

Nur wenig Niederschlag erwarten die Meteorologinnen und Meteorologen auch für Österreich in den kommenden Tagen. Am Freitag rechnen sie mit höchstens ein paar Regentropfen im Bergland. Hinzu kommt starker Wind. Am Samstag und Sonntag kann es in Vorarlberg, Tirol, Salzburg, in der Steiermark und in Kärnten etwas regnen und gewittern. Die Temperaturen steigen am Wochenende auf bis zu 27 Grad – mehr dazu in wetter.ORF.at.

Der Frühling war in Österreich und Mitteleuropa bisher geprägt von Hochdruckgebieten. In der österreichweiten Auswertung liegt die Niederschlagsmenge derzeit um rund 50 Prozent unter dem Durchschnitt. Die hohen Temperaturen und der frühe Beginn der Vegetation verstärken die Trockenheit. „In der warmen Witterung begannen viele Pflanzen um zwei bis drei Wochen früher auszutreiben als im Mittel, und dementsprechend größer ist heuer der Wasserverbrauch der Vegetation“, so etwa Klimatologe Alexander Orlik, von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), beispielsweise die Hasel, die Salweide und die Marille. Kaltlufteinbrüche gab es nur wenige. Ein beträchtlicher Teil der Marillenblüte dürfte aber erfroren sein. Der bisherige Frühling ist in der Zwischenbilanz einer der zehn wärmsten der 254-jährigen Messgeschichte.