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Arbeitslosengeld

Notstandshilfe wird befristet aufgestockt

Alle, die im Zuge der Coronavirus-Krise ihren Job verloren haben oder keinen neuen finden können, sollen länger Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Das versprach die Regierung bereits Anfang April. Die entsprechende Regelung wurde von den Koalitionsparteien nun im Nationalrat eingebracht – wenngleich die Ausgestaltung etwas anders aussieht als ursprünglich angekündigt.

Es werde „kein Abgleiten von der Arbeitslosenhilfe in die Notstandshilfe geben“, hatte etwa Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) Anfang April versichert. Laut Sozialminister sollte die Zeit der Coronavirus-Krise nicht auf jene 20 Wochen angerechnet werden, mit denen der Bezug des Arbeitslosengeldes üblicherweise beschränkt ist.

In der Regelung, die ÖVP und Grüne am Donnerstag im Sozialausschuss per Initiativantrag Richtung Plenum schickten, liest sich das nun etwas anders: „Da eine Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes in einem solchen abgegrenzten Zeitraum EDV-technisch nur mit mehrmonatiger Vorlaufzeit realisierbar ist, soll eine andere, rascher umsetzbare Lösung erfolgen“, heißt es in der Begründung des Antrags.

Differenz wird ausgeglichen

Konkret soll für all jene, die nach dem Auslaufen des Arbeitslosengeldes nur noch Notstandshilfe erhalten, der Differenzbetrag ausgezahlt werden – und zwar von Mai bis einschließlich September. „Der Anspruch auf Arbeitslosengeld für diese Kalendermonate soll auf der Basis der Bemessungsgrundlage errechnet werden, die sonst der Notstandshilfe für diesen Zeitraum zugrunde gelegt worden wäre“, heißt es im Antrag der Koalitionsparteien. 80 Mio. Euro haben ÖVP und Grüne dafür an Mitteln vorgesehen.

Ein Blick in den Saal mit Abgeordneten während einer Sitzung des Nationalrates
APA/Roland Schlager
Kommende Woche soll die neuen Regeln im Nationalrat beschlossen werden

Beim Bezug der Notstandshilfe gelten üblicherweise auch strengere Regeln hinsichtlich des Zuverdienstes. So wird bei der Notstandshilfe jedes sonstige Einkommen angerechnet, etwa auch Einkommen aus Vermietung, Spenden und Schenkungen. Diese Vorgaben sollen nun auch zeitlich befristet aufgehoben werden. Die Änderungen sollen flächendeckend für alle Bezieherinnen und Bezieher von Notstandshilfe gelten – also auch für jene, die bereits vor der Coronavirus-Krise die Leistung in Anspruch nahmen. So steht es in der Begründung des Antrags.

Familienhärtefonds wird verdoppelt

Zugleich planen ÖVP und Grüne auch die Verdoppelung des Familienhärtefonds. Wie die Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) am Donnerstag erklärten, wird der Familienhärtefonds auf 60 Mio. Euro verdoppelt. Der bisherige – mit 30 Mio. Euro ausgestattete – Topf war für Familien vorgesehen, bei denen aufgrund der aktuellen Krise mindestens ein Elternteil arbeitslos geworden war oder in Kurzarbeit war.

Durch die Ausweitung sollen vom Fonds nun auch jene Familien erfasst werden, die schon vor der Coronavirus-Krise von Arbeitslosigkeit betroffen waren. Die Unterstützung wird für drei Monate gewährt. Pro Kind und Monat wird es 50 Euro geben, insgesamt sind es also 150 Euro. Die Gesamtsumme beträgt circa 20 Mio. Euro.

Einigung mit Ländern nötig

Auch für Menschen, die Mindestsicherung beziehen, soll es die 150 Euro geben. Hier bedarf es aber einer Einigung mit den Ländern, damit dieses Geld nicht gleich wieder von der Sozialhilfe abgezogen wird. Vorgesehen sind hier zehn Mio. Euro. Beides will man im Nationalrat per Abänderungsantrag zum Familienlastenausgleichsfondsgesetz auf den Weg bringen.

Wöginger sprach von zwei „sehr wichtigen sozialpolitischen Maßnahmen“, die nun mit den Grünen akkordiert seien. Bei der Notstandshilfe setze man das um, was bereits per Entschließungsantrag vereinbart gewesen sei. Maurer erinnerte daran, dass es von Arbeitslosigkeit betroffene Familien besonders schwer hätten. Außerdem seien sie mit höheren Kosten, etwa durch das Homeschooling und den Wegfall des Schulmittagessens, konfrontiert.

SPÖ-Kritik an Befristung

Nicht weit genug gehen die Schritte von ÖVP und Grünen für SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Die „Regierungsvorlage reicht nicht – die Regelung ist zu spät und zu kurz“, so Muchitsch in einer Aussendung. Er stieß sich vor allem an der Befristung bis September. Die Arbeitslosigkeit werde sich im Herbst noch einmal verschlechtern, so der Sozialsprecher.

Als "völlig unverständlich“ bezeichnete Muchitsch, dass der SPÖ-Antrag für eine Anhebung des Arbeitslosengeldes im Sozialausschuss abgelehnt wurde. Die Sozialdemokraten hatten gefordert, das Arbeitslosengeld von 55 auf 70 Prozent des letzten Nettogehalts zu erhöhen.

Auch AK-Präsidentin Renate Anderl erneuerte in einer Aussendung die Forderung nach einem Zuschlag beim Arbeitslosengeld sowie bei der Notstandshilfe in Höhe von rund 30 Prozent. „Für die Unternehmen hat die Regierung richtigerweise viel Geld in die Hand genommen, um rasch zu helfen. Das ist jetzt auch zur Absicherung jener notwendig, die ihre Arbeit verloren haben oder noch verlieren werden“, so Anderl. Arbeitssuchende seien zudem eine „nicht unwesentliche Konjunkturstütze“, da ihr Geld nahezu „eins zu eins in den Konsum“ fließe, so Anderl.