Drosten: Hinweis auf Hintergrundimmunität

Milde oder symptomlose Coronavirus-Verläufe könnten nach Ansicht des Berliner Virologen Christian Drosten mit früheren Infektionen mit Erkältungscoronaviren zusammenhängen. Unter Berufung auf eine Studie eines Charite-Kollegen bekräftigte der Wissenschaftler heute im NDR-Podcast, dass eine gewisse Hintergrundimmunität in der Bevölkerung zu bestehen scheine. Drostens Team habe an der Studie zu T-Helferzellen mitgewirkt, die zentral für die Immunantwort seien.

Die Forschenden hätten bei Untersuchungen von Abwehrzellen in Proben aus der Zeit vor der Pandemie gesehen, dass bei 34 Prozent der Patienten und Patientinnen reaktive T-Zellen vorlagen, die bestimmte Teile des neuen Coronavirus sozusagen erkannten. Reaktivität sei erwartbar, wenn man die Erkrankung hinter sich habe – allerdings hätten diese Patienten keinen Kontakt mit SARS-CoV-2 gehabt, so Drosten. Dass dennoch reaktive T-Zellen vorlagen, könne an durchgemachten Infektionen mit menschlichen Erkältungscoronaviren liegen.

Warnung vor Überinterpretation

Drosten sprach von der ersten derartigen Beobachtung weltweit, er warnte aber auch vor einer Überinterpretation der Ergebnisse. Man dürfe nun keinesfalls schließen, dass ein Drittel der Bevölkerung immun sei. Weitere Erklärungen für milde oder symptomlose Verläufe seien auch, dass die Betroffenen anfangs weniger Viren abbekommen haben oder insgesamt in besserer Verfassung sind.

Zur Debatte über die Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Reproduktionszahl nach dem „Lock-down“ sagte Drosten – neben anderen Argumenten –, er gehe auch von einer Verzerrung der Statistik aus. Er habe deshalb eine Gruppe um die Berechnung eines Modells unter Berücksichtigung weiterer Effekte gebeten. Drosten betonte, die Testkapazitäten seien bereits im März – während auch die Zahl der Infektionen real zunahm – sehr stark erhöht worden: In der Woche ab dem 2. März seien in Deutschland 87.000 Tests gemacht worden, in der darauffolgenden Woche 127.000 und in der Woche danach 348.000. Danach seien sie allerdings ungefähr gleich geblieben. Dass der „Lock-down“ nichts gebracht habe oder nicht nötig gewesen wäre, sei eine falsche Auffassung.