Lufthansa Flugzeuge
Reuters/Arne Dedert
„Spiegel“-Bericht

Berlin plant Direkteinstieg bei Lufthansa

Die deutsche Regierung plant offenbar einen Direkteinstieg bei der Fluggesellschaft Lufthansa. Das berichtet der „Spiegel“, dem zufolge es um Hilfen von rund zehn Milliarden Euro geht. Die AUA-Mutter steckt wegen der Coronavirus-Pandemie in Schwierigkeiten.

Das Magazin berief sich in seinem Bericht auf Angaben aus Verhandlungskreisen. Laut „Spiegel“ sollen 5,5 Milliarden Euro in Form einer stillen Beteiligung des deutschen Bundes an die angeschlagene Lufthansa fließen. Im Gegenzug verlangt die deutsche Regierung dafür eine Garantiedividende von neun Prozent.

Außerdem wolle der Staat mit 25,1 Prozent direkt bei der Lufthansa einsteigen, so der „Spiegel“, was knapp eine Milliarde kosten dürfte. Weitere 3,5 Milliarden Euro solle die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beisteuern. Hierfür wolle die Regierung eine Bürgschaft übernehmen, hieß es.

Lufthansa-Chef: Staatshilfe ja, aber

Eine Sprecherin der Lufthansa wollte sich auf Anfrage zu dem Bericht nicht äußern. Finanzielle Unterstützung, die Österreich, Belgien und die Schweiz für die Lufthansa-Töchter Austrian Airlines (AUA), Brussels Airlines und Swiss gewähren, sollen dem „Spiegel“ zufolge auf die Hilfen des Bundes angerechnet werden. Einen entsprechenden Beschluss gibt es aus der Schweiz, die AUA hat Hilfen beantragt.

Flugzeuge der Lufthansa
Reuters/Kai Pfaffenbach
Wegen der Coronavirus-Pandemie ist der Flugbetrieb bei der Lufthansa fast vollständig zum Erliegen gekommen

Nur mit Staatshilfe der vier Länder der Airline-Gruppe könne eine Insolvenz der Lufthansa vermieden werden, sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr in seiner im Voraus veröffentlichten Rede zur Hauptversammlung, die am Dienstag über das Internet abgehalten wird. Dank Finanzierungen, Kostensenkungen und striktem Liquiditätsmanagement beliefen sich die verfügbaren Mittel des Konzerns noch auf vier Milliarden Euro.

Zugleich sprach sich Spohr aber erneut dagegen aus, die staatlichen Finanzhilfen mit einer Mitsprache der Politik in dem Konzern zu verbinden. „Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung“, will Spohr am Dienstag laut Redetext sagen. Die unternehmerische Entscheidungs- und Handlungsfreiheit des Managements müsse erhalten bleiben. Spohr zufolge stehen bei der Airline die Jobs von 10.000 der zuletzt noch gut 130.000 Beschäftigten zur Disposition. Betriebsbedingte Kündigungen schloss er nicht mehr aus.

Kurz: Beteiligung nicht vom Tisch

Eine Beteiligung der Republik Österreichs an der Lufthansa im Gegenzug für AUA-Staatshilfen ist laut Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nicht vom Tisch. Am Mittwoch hatte es ein Treffen des Kanzlers, Vizekanzlers Werner Kogler (Grüne), Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) und Staatssekretärs Magnus Brunner (ÖVP) mit Spohr gegeben. Staatshilfen für die Lufthansa-Tochter AUA gebe es nur, wenn der Standort gesichert sei, sagte Kurz am Mittwochabend in der ZIB2.

„Es ist und bleibt ein deutsches Unternehmen, es muss daher für Staatshilfe eine Gegenleistung geben“, so der Bundeskanzler. „Wir brauchen das Drehkreuz in Wien“, sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Donnerstag. Zu einer möglichen Beteiligung der Republik an der deutschen Fluglinie Lufthansa im Gegenzug für AUA-Hilfen, hielt er sich bedeckt. „Wir können noch nicht sagen, was bei den Verhandlungen rauskommt.“

Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) pochte darauf, dass die Rettung der AUA mit Klimaauflagen verbunden sein muss. „Am Ende müssen der Steuerzahler und das Klima etwas davon haben, und da starten jetzt die Gespräche“, sagte sie. FPÖ-Chef Norbert Hofer forderte im Gegenzug zu Staatshilfen eine Beteiligung der Republik am Unternehmen. „Was die von den Grünen ins Spiel gebrachten Ökoauflagen betrifft“, warnte Hofer aber „vor ideologischen Auflagen“.

Piloten bieten Gehaltsverzicht an

Die Lufthansa-Piloten boten ihrem Arbeitgeber unterdessen einen kräftigen Gehaltsverzicht als Beitrag zur Sanierung des Unternehmens an. Bis Mitte 2022 seien die Piloten zu Einbußen um bis zu 45 Prozent ihres Gehalts bereit, erklärte ihr Verband Vereinigung Cockpit (VC) am Donnerstag. Auch das Kurzarbeitergeld könne zusätzlich abgesenkt werden. Aufgrund des Einbruchs des Luftverkehrs waren erstmals auch Piloten in Kurzarbeit gegangen.

Die Zugeständnisse würden die Lufthansa um insgesamt gut 350 Millionen Euro entlasten. Der Konzernvorstand müsse im Gegenzug alles tun, um die Krise gemeinsam mit den Beschäftigten zu überwinden. Das Personal im oberen Vergütungsbereich wolle damit seine besondere Verantwortung übernehmen, „auch wenn dies schmerzhafte Einschnitte bedeutet“, sagte VC-Chef Markus Wahl. „Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben und ein Kündigungsschutz vereinbart wird.“

Gewerkschaften wollen zusammenarbeiten

Die Flugbegleitergewerkschaft UFO, mit der die Lufthansa in den vergangenen zwei Jahren immer wieder heftig im Streit lag, will angesichts der bedrohlichen Krise die Konflikte der Vergangenheit beiseiteschieben, wie UFO-Geschäftsführer Nicoley Baublies erklärte. „Wir wollen gerne endlich wieder gemeinsam die Bedingungen gestalten“, sagte Baublies. UFO sei zu Krisengesprächen über einen Pakt für Zukunftssicherung und Beschäftigungssicherung bereit. Doch müsse es bei Zugeständnissen der Arbeitnehmer im Gegenzug eine Zusage zur Arbeitsplatzsicherung geben. Einbußen dürften nur vorübergehender Natur sein.

Zuvor hatte die Lufthansa eine gemeinsame Stellungnahme von Spohr mit den Spitzen der Gewerkschaft verdi und VC gegenüber der deutschen Bundesregierung zur Diskussion über das milliardenschwere geplante Rettungspaket des Staates für die Lufthansa veröffentlicht. Darin unterstrichen Arbeitgeber und Gewerkschaften, dass sie gemeinsam die Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung der Lufthansa sichern wollen. Der Konzern müsse als Airline-Gruppe von Lufthansa/Eurowings und den Töchtern Swiss, Austrian Airlines und Brussels Airlines als bisher drittgrößter Carrier weltweit bestehen bleiben.

Lufthansa CEO Carsten Spohr
Reuters/Andreas Gebert
Lufthansa-Chef Carsten Spohr lehnt zu viel Staatseinfluss ab

Streit hält seit Wochen an

Die seit Wochen anhaltende Diskussion über staatliche Hilfen für die Lufthansa war zuletzt in Deutschland immer kontroverser geworden. Die Koalitionsparteien CDU/CSU und SPD stritten darüber, wie stark der Staat künftig in das Unternehmen eingreifen soll. Sozialdemokraten forderten, durch eine staatliche Kapitalbeteiligung an der 1997 privatisierten Lufthansa Mitsprache zum Beispiel über Beschäftigung zu sichern.

Verdi-Vizechefin Christine Behle bekräftigte: „Staatshilfe ist, wenn es alle schützt. Deshalb gilt es, die dringend benötigten staatlichen Darlehen mit der Sicherung von Arbeitsplätzen und -bedingungen zu verbinden.“ Unionspolitiker sprachen sich für eine stille Beteiligung aus, die dem Management mehr Freiheit lässt. Spohr lehnte zu viel Staatseinfluss gegenüber dem Wochenblatt „Zeit“ ab. Hinter vorgehaltener Hand drohte die Lufthansa damit, lieber ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen, als sich zu stark vom Staat an die Kandare nehmen zu lassen. Das ist ein Schreckensszenario für die Gewerkschaften, weil ein Unternehmen dann Mitarbeiter einfacher kündigen kann.

Ryanair droht mit Lauda-Schließung

Ryanair drohte am Freitag mit der Schließung der österreichischen Tochter Laudamotion in Wien. Lauda-Jets würden mit Ryanair-Flugzeugen ersetzt, sollte die Belegschaft nicht zu Lohnkürzungen und neuen Arbeitsverträgen bereit sein, sagte der Chef der irischen Billigfluglinie, Michael O’Leary, im Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gespräche zwischen Lauda und der Gewerkschaft seien schwierig. „Wir haben eine Frist bis zum 20. Mai gesetzt“, sagte O’Leary. Sollten sich die Angestellten weigern, würde die Lauda-Basis in Wien geschlossen. „Wenn wir Lauda schließen, kommt sie als Ryanair zurück: größer und angriffslustiger als Lauda jemals war.“ Ryanair war bei der von Niki Lauda gegründeten Fluggesellschaft 2018 eingestiegen und übernahm sie im Jänner 2019 ganz.