Schutzverglasung am Rednerpult im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg.
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SPÖ und FPÖ

Veto gegen einige CoV-Gesetze im Bundesrat

Ein Teil der vergangene Woche vom Nationalrat beschlossenen Covid-19-Gesetze ist nun am Montag erstmals seit Ausbruch der Coronavirus-Krise vom Bundesrat mit einem Veto beeinsprucht worden. SPÖ und FPÖ nutzten ihre Mehrheit in der Länderkammer, um etwa die Novellen zum Epidemie- und zum Freiwilligengesetz zurück an den Nationalrat zu schicken. Mit diesem Veto zeigte die Opposition aber auch Kooperationsbereitschaft.

Zunächst wurde das Freiwilligengesetz beeinsprucht, mit diesem sollten etwa 600.000 Euro für freiwilliges Engagement aus den Mitteln des Krisenbewältigungsfonds freigesetzt werden. Für SPÖ und FPÖ ist zu unklar, wohin das Geld fließen könnte.

In der Nacht auf Dienstag erfolgte in der Länderkammer dann auch der Einspruch gegen Änderungen des Epidemiegesetzes, die im Nationalrat beschlossen worden waren. Sowohl SPÖ als auch FPÖ befürchteten eine Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte.

Szene aus einer Sitzung des Bundesrates im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg am Montag, 4. Mai 2020.
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Die ÖVP-Grünen-Regierung beantragte eine Sondersitzung des Bundesrats für Montag

Auflagen für Veranstaltungen

Mit dem erneuerten Epidemiegesetz sollen einerseits die im Rahmen der Coronavirus-Krise geplanten Screening-Programme wie Antikörpertests definiert werden, andererseits Veranstaltungen und Versammlungen unter bestimmten Auflagen wieder ermöglicht werden – wie etwa die Vorgaben zu Abstandsregeln, Verpflichtungen zum Tragen einer Schutzmaske, eine Beschränkung der Teilnehmerzahl sowie Anforderungen an das Vorhandensein und die Nutzung von Sanitäreinrichtungen sowie Desinfektionsmitteln.

Auch bestimmte Personengruppen können ausgeschlossen werden. Die Verwendung von Contact-Tracing-Technologien sowie ein Abstellen auf Coronavirus-Risikogruppen, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung dürfen dabei keine Kriterien sein. Nach der Oppositionskritik hatte die Regierung konkretisiert, dass weder die „Stopp Corona“-App noch die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe Bedingung für die Teilnahme an Veranstaltungen oder Demonstrationen sei.

Bei der Sondersitzung des Bundesrats kritisierte der Abgeordnete Stefan Schennach (SPÖ), dass Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei geäußerten grundrechtlichen Bedenken von „Spitzfindigkeiten“ gesprochen hatte, während seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel (CDU) angesichts der derzeitigen Freiheitsbeschränkungen von einer „Zumutung für die Demokratie“ sprach. Schennach fürchtet eine verpflichtende Einführung der „Stopp Corona“-App.

Anschober: Vorschläge von Opposition umgesetzt

Grüne und ÖVP-Abgeordnete sehen in dem Screening-Programm eine wichtige Prognose, die für Exitstrategien entscheidend sei. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erteilte jenen eine Absage, dass die Maßnahmen überschießend seien. Es brauche klare Regeln für das Screening-Programm.

Anschober hatte bereits am Sonntag betont, dass bei der Neuformulierung des Epidemiegesetzes auch Vorschläge der Opposition umgesetzt worden seien. Die Neuregelung bedeute nicht weniger, sondern mehr Verfassungskonformität. Anschober präsentierte auch die Zustimmung namhafter Juristen zu der Novelle. Entsprechend hatte er sich eine „deutliche Mehrheit“ im Bundesrat erhofft.

Der stellvertretende SPÖ Klubchef Jörg Leichtfried.
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Leichtfried (SPÖ) blieb bei seiner Kritik an der Novelle des Epidemiegesetzes

Die SPÖ blieb aber bei ihrer Kritik: Das Gesetz sei ohne Begutachtung durch das Parlament gepeitscht worden, es solle unbefristet gelten. Zudem stelle die Regelung einen Eingriff in verschiedene Grundrechtssphären, insbesondere der Versammlungsfreiheit, dar. Anschober zeigte im Bundesrat Verständnis für grundrechtliche Sorgen, vor allem auch für den Vorwurf, keine Begutachtung für das Gesetz durchgeführt zu haben. Gleichzeitig verwies er aber auf die gebotene Eile, und eine Begutachtung würde eine zu lange Verzögerung mit sich bringen, gab er zu bedenken.

Kritik an neuen Fristen für Integrationsvereinbarung

Ein weiterer Einspruch betrifft ein Paket, das die Fristen für die Erfüllung der Integrationsvereinbarung ausdehnt und Änderungen bei Verwaltungsverfahren bringen soll. Unter anderem geht es dabei um Einschränkungen des mündlichen Verkehrs zwischen Behörden, Parteien und anderen Beteiligten, um den forcierten Einsatz von Videotechnologie auch bei mündlichen Verhandlungen sowie um Verhaltensmaßregeln, wo die physische Anwesenheit von Personen erforderlich ist. SPÖ- und FPÖ-Vertreter attestierten diesem Gesetz zwar gute Absicht, herausgekommen sei aber „gesetzgeberischer Unfug“.

Abgelehnt wurde zu später Stunde auch die Sammelnovelle, die mehrere Maßnahmen von der Beteiligung Österreichs am EU-Garantiefonds zugunsten von Kurzarbeit bis zu Erleichterungen beim Storno von Schulveranstaltungen vorsieht. Das Gesetzesbündel enthält, wie Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in der Debatte erläuterte, neben einer Umsatzsteuerbefreiung für Schutzmasken vor allem die Bereitstellung von bis zu 650 Mio. Euro für den Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank sowie weiterer Garantien für das EU-Kurzarbeitsprogramm „SURE“.

Durchgegangen ist die Gutscheinlösung für abgesagte Veranstaltungen. Hier war die SPÖ im Nationalrat noch dagegen, in der Länderkammer stimmte sie aber zu.

Für Maurer „reine Schikane“

Der Sondersitzung des Bundesrats vom Montag war ein Tauziehen zwischen Regierung und Opposition vorausgegangen. Die ÖVP-Grünen-Regierung hatte eine Sondersitzung des Bundesrats für Montagnachmittag beantragt, um das Inkrafttreten des Gesetzespakets zu beschleunigen. Ein noch früherer Termin vergangene Woche, wie von der Regierung angestrebt, war am Widerstand der Opposition gescheitert.

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer zeigte sich über diese Blockade verärgert: „Bei allem Verständnis für Oppositionsarbeit – das ist reine Schikane.“ Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried hingegen sah „keinen Stress und keinen Druck, die Bundesratssitzung vorzuverlegen“. Es müsse ein Mindestmaß an einem Gesetzwerdungsprozess eingehalten werden – mit den nötigen Diskussionen und Debatten. Die Regierung hatte sich dagegen gewehrt, die Novelle in den Gesundheitsausschuss zu bringen. Dort wurden die Änderungen des Epidemiegesetzes zuvor ohne Ankündigung von ÖVP und Grünen beschlossen.

Die Klubobfrau der Grünen Sigrid Maurer.
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Maurer (Grüne) kritisierte die Blockade der Opposition

Zurück an den Nationalrat

Der Nationalrat will nun Beharrungsbeschlüsse fassen und den Einspruch aus dem Bundesrat damit aufheben. Dafür ist bereits am Freitag eine erste kurze Sondersitzung für Zuweisungen angesetzt, am Mittwoch kommender Woche soll ein Plenum folgen. Endgültige Beschlüsse gegen SPÖ und FPÖ sind dann nach einer weiteren Debatte wohl sehr wahrscheinlich.

Ein bindendes Veto kann der Bundesrat nämlich nur in Ausnahmefällen einlegen, etwa bei Verfassungsgesetzen oder Bestimmungen, durch die Kompetenzen der Länder eingeschränkt werden. Dennoch hat die SPÖ mit ihrem Veto das Inkrafttreten der Gesetze beschleunigt. Hätte die SPÖ-FPÖ-Mehrheit in der Länderkammer den Gesetzen weder zugestimmt noch beeinsprucht, hätte die Materie bis zu acht Wochen liegen bleiben müssen – also bis zum Ablauf der Einspruchsfrist Ende Juni.