Mitarbeiter eines Supermarkts mit Mund-Nasen-Schutzmaske
Reuters/Leonhard Foeger
Umfrage

Jobs „an der Front“ fehlt die Anerkennung

In der Coronavirus-Pandemie bestimmt der Arbeitsplatz vermehrt die Zufriedenheit und zeigt eine Kluft zwischen den Beschäftigten „an der Front“ und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von zu Hause aus arbeiten. An ihrem regulären Arbeitsplatz tätige Personen sind nicht nur durch die Krise angespannter als jene, die im Homeoffice arbeiten. Ihnen fehlt auch vermehrt die Anerkennung durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin.

Menschen mit Jobs „an der Front“ fühlen sich auch weniger gut durch ihren Arbeitgeber informiert, weniger fair behandelt und weniger wertgeschätzt. Das zeigt eine im April durchgeführt Umfrage von Kommunikationswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen der Uni Wien unter mehr als 1.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Österreich.

Das Team um Sabine Einwiller vom Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft wollte mit der Befragung mehr über die Zufriedenheit der Beschäftigten mit der Kommunikation ihres Arbeitgebers bzw. ihrer Arbeitgeberin erfahren. Menschen, die mehrheitlich an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten wie – um einige Beispiele zu nennen – im Gesundheitswesen, Lebensmittelhandel und im öffentlichen Verkehr, sind besonderen Herausforderungen ausgesetzt, heißt es in der Auswertung der Umfrage.

Medizinisches Personal bei der Zugangskontrolle für Patienten des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in Wien
APA/Georg Hochmuth
Das medizinische Personal ist an vorderster Front tätig und dadurch gefährdet

Unsicherheit und Stress

Sie können sich weniger gut vor Ansteckungen schützen als Menschen, die von zu Hause aus arbeiten. Sie müssten meist auch strenge Sicherheitsvorkehrungen beachten, Kunden und Kundinnen, aber auch Kolleginnen und Kollegen nicht zu gefährden, so Einwiller weiter. Die derzeitige Situation erzeuge Stress und Unsicherheit und damit ein erhöhtes Bedürfnis nach Information und Kommunikation – und auch an Wertschätzung durch den Arbeitgeber, heißt es in einer Aussendung der Universität weiter.

Nur die Hälfte der am regulären Arbeitsplatz Tätigen fühlte sich in der Krise rechtzeitig durch ihren Arbeitgeber informiert. Bei jenen, die zu Hause arbeiten, sagten das 62 Prozent. Einwiller räumte ein, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die nicht ständig am Computer sitzen, schwerer zu erreichen sind.

„Selbst stärker gefährdet“

„Aber gerade in so einer kritischen Zeit wie jetzt ist es von großer Wichtigkeit, die Kommunikation mit den Mitarbeitenden, die an der Front arbeiten, zu optimieren. Denn sie sind nicht nur selbst stärker gefährdet als diejenigen im Homeoffice; sie müssen zusätzlich auch noch auf die Sicherheit von anderen achten.“

Das erhöht speziell bei jenen, die an ihrem regulären Arbeitsort arbeiten, den Stress: Seit Mittel März fühlten sich 30 Prozent dieser Personen oft oder sehr oft angespannt und 21 Prozent sogar aufgebracht. Personen im Homeoffice hatten solche Gefühle signifikant seltener.

Anerkennung als wichtiger Faktor

Auch hinsichtlich Fairness und Wertschätzung durch den Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin besteht eine Kluft. Weniger als die Hälfte der Beschäftigten (44 Prozent), die am regulären Arbeitsplatz tätig sind, empfinden derzeit, dass sie große Wertschätzung durch das Management erfahren, 61 Prozent fühlen sich fair und gerecht behandelt. Rund die Hälfte ist voll und ganz der Meinung, dass ihr Arbeitgeber ihnen für ihren Einsatz dankt (53 Prozent) und offen kommuniziert, dass ihre Arbeit wichtig sei (49 Prozent).

Bei Arbeitnehmern im Homeoffice würden die Zustimmungswerte jeweils deutlich über 50 Prozent und damit signifikant höher liegen. Einwiller bezeichnet dieses Ergebnis als „bedauerlich“, denn „gerade denjenigen, die während der Coronavirus-Krise am Arbeitsplatz und somit oft an vorderster Front arbeiten, gebührt Wertschätzung und Dank“.

Angst um die Zukunft

All das schlägt sich auch in der Akzeptanz von Managemententscheidungen nieder. Während rund zwei Drittel der am regulären Arbeitsplatz Tätigen angeben, die Entscheidungen des Managements in dieser Krise aktiv zu unterstützen und offen für Veränderungen zu sein, liegt die Zustimmungsrate dazu bei den im Homeoffice Arbeitenden um jeweils mehr als zehn Prozentpunkte höher.

Wenn es um die Zukunft geht, zeigten sich die Befragten bezüglich des engeren Umfelds weniger beunruhigt als beim Blick auf die Gesamtwirtschaft. Rund ein Viertel war sehr stark oder stark beunruhigt, was die eigene berufliche Situation (26 Prozent) und die wirtschaftliche Situation des eigenen Arbeitgebers (28 Prozent) angeht. In Bezug auf die Zukunft der Wirtschaft in Österreich allgemein sagten 57 Prozent, sie seien stark oder sehr stark beunruhigt.