Montage von Photovoltaik-Modulen auf dem Dach des Haus des Meeres in Wien.
APA/Wien Energie/Johannes Zinner
Studie zu „Erneuerbaren“

Plädoyer für Energiewende trotz CoV-Krise

Die Coronavirus-Krise hat viele Vorhaben und Pläne durcheinandergewirbelt. Auch welche Auswirkungen sie auf klima- und energiepolitische Konzepte der Regierung haben wird, ist noch offen. Einen ungebrochenen Handlungsbedarf sehen jedenfalls die Autorin und Autoren einer Studie zur Akzeptanz erneuerbarer Energien in der Bevölkerung, die am Donnerstag präsentiert wurde.

Wie stehen die Menschen in Österreich zu erneuerbaren Energien und politischen Vorhaben zum Klimaschutz? Ein Team um Nina Hampl, die am Institut für Produktions-, Energie- und Umweltmanagement der Universität Klagenfurt und dem Institute for Strategic Management der Wirtschaftsuniversität Wien forscht, geht dieser Frage seit mittlerweile fünf Jahren mit einer jährlichen Studie nach.

Zum bisher letzten Mal befragte die Untersuchung von Uni Klagenfurt, WU Wien, Deloitte Österreich und Wien Energie vergangenen Herbst rund 1.000 Menschen zwischen 18 und 70 Jahren – mit teils recht eindeutigen Ergebnissen. Zwei Drittel der Befragten sprachen sich etwa für einen Klimabonus für Pendler, die öffentliche Verkehrsmittel nutzen, aus. Ein günstiges Klimaticket für öffentliche Verkehrsmittel wünscht sich eine Mehrheit von 64 Prozent. CO2-Zölle für nicht klimaneutrale Importe in die EU halten 55 Prozent für sinnvoll. Auch eine ökologische Steuerreform kann sich zumindest eine knappe Mehrheit der Befragten vorstellen.

Zwar gestand Hampl ein, dass die Daten vor einem halben Jahr und damit noch vor der Coronavirus-Krise erhoben wurden. Es lasse sich nur interpretieren, in welche Richtung es nun gehen könnte, so die Ökonomin. Sie verwies aber auf die generell hohe Akzeptanz für die Energiewende. Rund 77 Prozent der Befragten stimmen laut der Befragung etwa dem Ausbau eines Erneuerbare-Energie-Projekts in ihrer Nähe zu. Noch höher ist die Zustimmung mit 82 Prozent unter Jugendlichen, die diesmal noch gesondert befragt wurden.

Gewöhnungszeit bei neuen Technologien

Wenngleich sich die Werte je nach Technologie unterscheiden: Fotovoltaik ist mit 88 Prozent besonders beliebt. Einem Windrad können hingegen nur 67 Prozent der Befragten etwas abgewinnen. Bei der Windkraft ging die Zustimmung im Vergleich zum Jahr davor sogar um fünf Prozentpunkte zurück. Zugleich zeigte sich im Bundesländervergleich: Technologien sind besonders dort beliebt, wo sie bereits etabliert sind. Im Burgenland ist die Akzeptanz für Windkraft etwa merklich höher als in Vorarlberg.

Windturbinen nahe Kittsee im Burgenland.
APA/AFP/Alexander Klein
Im Burgenland sind Windräder eher akzeptiert als im Westen Österreichs

Es sei bereits von anderen Studien bekannt, dass die Leute neue, umweltschonende Techniken zunächst begrüßen, wenn sie vorgestellt werden, die Akzeptanz aber sinkt, wenn konkret etwas gebaut werden soll, nur um wieder zu steigen, wenn die Projekte fertiggestellt sind und saubere Energie liefern. „Im Burgenland hat man diesen Prozess wohl schon durchlaufen und findet sich mit der Windkraft gut zurecht“, sagte dazu Robert Sposato von der Uni Klagenfurt. Wo die Leute keine persönliche Erfahrung damit haben, sind sie wohl noch etwas skeptischer, was Anlagen im eigenen Umfeld betrifft.

Interesse an E-Auto leicht zurückgegangen

Einer bisweilen schleppenden Umsetzung ist vielleicht auch geschuldet, dass seit Beginn der Befragung erstmals weniger Menschen Interesse am Kauf eines Elektroautos bekundeten. 44 Prozent der Befragten gaben an, sich grundsätzlich vorstellen zu können, ein Elektroauto zu kaufen. Das sind zehn Prozent weniger als noch im Jahr davor.

Bild zeigt ein E-Auto beim laden.
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Die Frage des Ladens bleibt beim Elektroauto entscheidend

Gerhard Marterbauer von Deloitte sieht 2020 dennoch als „das Schlüsseljahr für den Durchbruch“. Er verwies auf das wachsende Angebot und die bessere Reichweite der Wagen. „Damit sind wichtige Hindernisse für einen Kauf aus dem Weg geräumt. Eine höhere Förderung für E-Autos wäre gerade jetzt sinnvoll, um auch die Autobranche wieder anzukurbeln“, so Marterbauer. In den Städten gebe es zwar bereits zahlreiche Ladestationen, doch im privaten Bereich fehlten die rechtlichen Rahmenbedingungen, kritisierte Michael Strebl von Wien Energie: „Eine Modernisierung des Wohnrechts könnte etwa die Installation von Ladestationen in Mehrparteienhäusern massiv erleichtern“.

Investitionen als Motor für Wirtschaft

Strebl ortetet in der aktuellen Krise auch einen „Trend zu einer lokalen Produktion und weniger Abhängigkeit von außen“. Er verwies auf die in der Studie abgefragte Einstellung zu Energiegemeinschaftsanlagen, mit denen Privatpersonen gemeinsam Strom oder Wärme erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen können. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, eine aktive Beteiligung an solchen Anlagen in Betracht zu ziehen.

Der Wien-Energie-Geschäftsführer plädierte überdies dafür, das Engagement in den Ausbau erneuerbarer Energien nicht zurückzufahren. Anders als die Medizin habe die Wirtschaft „bereits einen Wirkstoff gegen die Krise: Investitionen, Investitionen, Investitionen“, so Strebl. Investitionen in erneuerbare Energieträger „können ein Motor für die Konjunktur und Wiederbelebung der Wirtschaft sein“, sagte auch Hampl. „Die Politik muss allerdings auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten die richtigen Rahmenbedingungen schaffen“, so die Ökonomin.

Ministerium sieht Unterstützung

Durchaus Freude mit der Studie scheint das Klimaschutzministerium zu haben: „Investitionen in den Klimaschutz sind Motor für die Konjunktur und schaffen Arbeitsplätze: Sie sind gerade jetzt wichtig, damit aus der Coronavirus-Krise keine ausgewachsene Wirtschafts- und Arbeitsmarktkrise wird“, so Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) in einer Aussendung. Dass mehr als drei Viertel der Menschen in Österreich erneuerbare Energien schätzen, sei eine große Unterstützung für das Ziel, bis 2030 den heimischen Strombedarf zu 100 Prozent aus „Erneuerbaren“ zu decken, hieß es weiter.