Dem 64-jährigen Gregory M. und seinem Sohn (34) werden schwere Körperverletzung und Mord zur Last gelegt, sagte das Kriminalamt des Bundesstaates, GBI. Zuvor hatten Angehörige des Erschossenen und Kritiker der Behörde Untätigkeit vorgeworfen. Tatsächlich bekam der Fall erst jetzt, durch ein vom Anwalt von Arberys Familie, Lee Merritt, auf Twitter verbreitetes Handyvideo, mehr Aufmerksamkeit – mehr als zwei Monate nach der Tat.
Die 28-sekündige Aufnahme sorgte international für Empörung. Sie wurde aus einem Auto aufgenommen und zeigt, wie ein Jogger auf einen stehenden Pick-up zuläuft. Als dieser um das Fahrzeug herumläuft, wird er in ein Handgemenge mit einem Mann mit einem Gewehr verwickelt. Ein weiterer Mann auf der Ladefläche scheint zugleich eine Handfeuerwaffe in Anschlag zu nehmen. Schüsse sind zu hören. Der Aussage eines Verdächtigen im Polizeibericht zufolge brach Arbery nach den Schüssen auf der Straße zusammen.
Zweifel an Darstellung der Tatverdächtigem
Laut den Ermittlern bedrohten die Tatverdächtigen Arbery mit zwei Schusswaffen. Der 34-Jährige wird beschuldigt, Arbery erschossen zu haben. Polizeiberichten zufolge sagte der Vater – laut US-Medien ein ehemaliger Polizist – aus, der Jogger habe einem Einbrecher ähnlich gesehen, der zuvor auf Videos in der Nachbarschaft aufgenommen worden sei.
Sie hätten sich daher bewaffnet und seien Arbery hinterhergefahren. Im Polizeibericht heißt es, der Sohn sei mit seinem Gewehr ausgestiegen. Der Vater habe angegeben, Arbery habe den Sohn dann angegriffen, es sei zu einem Kampf um das Gewehr gekommen. Der Sohn habe zweimal geschossen. Arbery sei an den Verletzungen gestorben. Diese Darstellung wird aufgrund des Handyvideos allerdings in Zweifel gezogen.
Anwalt: Ermittlern war Video bekannt
Anwalt Merritt warf den Verdächtigen in einer Mitteilung „Mord“ und ein rassistisches Motiv vor. Es habe sich um einen „bewaffneten, rassistischen Lynchmob“ gehandelt: „Arbery hatte kein Verbrechen begangen, und es gab keinen Grund für diese Männer zu glauben, dass sie das Recht hätten, ihn mit Waffen zu stoppen oder tödliche Gewalt anzuwenden.“ Der Anwalt forderte, die Verdächtigen müssten bis zur Anklageerhebung in Untersuchungshaft genommen werden.
Er warf den Ermittlern zudem vor, das Video gekannt und trotzdem nicht gehandelt zu habe. Stattdessen habe man das falsche Narrativ konstruiert, dass Arbery ein „Krimineller mit psychischen Problemen“ sei. Merritt wies darauf hin, dass einer der Verdächtigen als ehemaliger Polizist enge Verbindungen zu den Behörden habe. Er betonte zudem, dass auch derjenige, der das Video filmte, beteiligt gewesen sei. Es handle sich um einen Nachbarn der Verdächtigen. Die Ermittlungen gegen diesen Mann seien noch im Gange, so Merritt.
Die Staatsanwaltschaft will den Fall vor ein Geschworenengericht bringen. Deren Zusammenkünfte seien aber wegen der Coronavirus-Pandemie ausgesetzt. Georgias Generalstaatsanwalt Chris Carr zeigte sich „zutiefst beunruhigt“ von dem Video. Die prominente Demokratin Stacey Abrams aus Georgia, eine Hoffnungsträgerin der Partei, nannte den Fall beunruhigend und forderte in einem Tweet umfassende Ermittlungen und eine unvoreingenommene Strafverfolgung.
Gedenklauf für Arbery
Noch vor der Festnahme der beiden tatverdächtigen Männer hatten Unterstützer von Arberys Familie dazu aufgerufen, im Gedenken an ihn 2,23 Meilen (3,5 Kilometer) zu laufen und Fotos davon online zu teilen. „Wegen Covid-19 können wir nicht demonstrieren“, so Arberys ehemaliger Football-Trainer. „Das ist der beste Weg, um ihn zu ehren und zusammenzustehen.“ Die 2,23 Meilen sollen an den Tag der Ermordung erinnern, der Tag wäre zudem der 26. Geburtstag des Opfers gewesen.
Der Fall erreichte auch das Weiße Haus. Das Video habe er noch nicht gesehen, so US-Präsident Donald Trump. Es sei aber eine „sehr traurige Sache“, und er sprach den Angehörigen Arberys sein Mitgefühl aus.