Zwei Frauen bereiten einen Wirtshausgarten für die kommende Öffnung vor
APA/Barbara Gindl
„Wirtshauspaket“

500 Millionen sollen Konsum ankurbeln

Ende der Woche werden die Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie weiter gelockert: Unter strengen Auflagen dürfen Gastronomiebetriebe wieder öffnen. Nach verschiedenen Hilfspaketen während der Dauer der Schließung präsentierte die Regierung am Montag Maßnahmen, mit denen nun nicht nur die Betriebe entlastet, sondern auch der Konsum wieder angekurbelt werden soll.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer präsentierte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Eckpunkte eines „Wirtshauspakets“ im Umfang von 500 Mio. Euro.

Lokale und Restaurants dürfen am 15. Mai wieder öffnen, müssen dabei aber einen Mindestabstand der Tische sicherstellen und andere Sicherheitsmaßnahmen einhalten. Die Hotellerie soll Ende des Monats folgen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne)
APA/Hans Punz
Die Regierungsspitze präsentierte am Montag das „Wirtshauspaket“

Schaumweinsteuer wird abgeschafft

Die Gastronomie sei aber „Teil der österreichischen Seele“ – der Konsum werde aber nicht sofort auf 100 Prozent anspringen, so Kurz. Es bleibe „eine schwierige Phase“. Das „Wirtshauspaket“ reiche von der Senkung der Mehrwertsteuer für alkoholfreie Getränke von 20 auf zehn Prozent ab Juli über eine Abschaffung der 2014 eingeführten Schaumweinsteuer bis zu Unterstützungen für Gasthäuser im ländlichen Raum.

„Konsumieren Sie in den Wirtshäusern“

Es sei wichtig, die Gastronomie wieder in Schwung zu bringen, so Kurz, der seinen Appell wiederholte: „Kaufen Sie möglichst regional und konsumieren Sie in den Wirtshäusern!“ Dabei sei es natürlich wichtig, die Sicherheitsmaßnahmen zu beachten, gleichzeitig müsse man die Wirtschaft ankurbeln.

Laut Ministerin Köstinger sind rund 41.000 Betriebe betroffen, rund 145.000 Mitarbeiter sollen von Hilfsmaßnahmen profitieren. Die Wirtinnen und Wirte seien dazu aufgerufen, die Entlastungen nicht an die Gäste weiterzugeben, sondern die Preislisten unverändert zu lassen, um Ausfälle durch das geringere Platzangebot durch die Sicherheitsabstände zumindest in Teilen zu kompensieren.

Steuerlich erleichtert wird laut Finanzminister Blümel künftig unter anderem die Einstellung von Aushilfskräften. Essensgutscheine für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden für die Unternehmen bis acht Euro steuerfrei sein. Außerdem sollen die Pauschalierung sowie die steuerliche Absetzbarkeit von Geschäftsessen verbessert werden. Allein die Halbierung der Umsatzsteuer auf alkoholfreie Getränke bringe den Gastronominnen und Gastronomen eine Entlastung von 200 Millionen Euro, so Blümel. Nach einer Beispielrechnung der Regierung zahlt ein Gasthaus mit 160.000 Euro Jahresumsatz aktuell 6.260 Euro Steuern. Künftig seien es 2.390 Euro.

500 Millionen Euro für Gastronomie

Die Regierung hat am Montag ein 500 Millionen Euro schweres Hilfspaket zur Entlastung der Gastronomie angekündigt. Nicht alle Wirte reagieren darauf positiv.

Paket für Mahrer „Joboffensive“

Mahrer sagte, er kenne kein einziges Unternehmen, das verschuldet in diese Situation gelangt sei. Wer jetzt konsumiere und „seinen Lieben etwas Gutes tut“, helfe dem Land. Die Entlastungsmaßnahmen seien eine „Joboffensive“.

Zum Thema Nachtgastronomie und Perspektiven für die Öffnung von Bars und Clubs wollte sich die Regierung noch nicht auf einen Zeithorizont festlegen. Keine Neuigkeiten gab es auch zum Thema internationaler Tourismus – man wolle Kriterien erarbeiten, ab wann Grenzöffnungen möglich seien, so Kurz. Ziel Österreichs sei es allerdings, dass vor allem die Grenze zu Deutschland bald wieder geöffnet sein werde.

SPÖ: Abschaffung der Schaumweinsteuer „Verhöhnung“

Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried kritisierte vor allem die Abschaffung der Sektsteuer. Bei fast 600.000 Arbeitslosen und 1,5 Mio. Menschen in Kurzarbeit sei diese Maßnahme ein „Hohn“ und ein Steuergeschenk für die Champagner- und Sektindustrie.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl nannte die Maßnahmen in einer Aussendung einen „Marketinggag“. Das Paket sei „ein Teil des bereits x-mal verkauften 38-Milliarden-Euro-Pakets“. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp bezeichnete das Hilfspaket in einer Aussendung als „Sterbehilfe“. „Wenn die Bundesregierung den Wirten tatsächlich helfen hätte wollen, hätte sie die Öffnung der Gastronomie mit dem vergangenen Muttertag erlauben müssen“, so Nepp. Das Virus werde um 23.00 Uhr nicht gefährlicher als am Nachmittag.

NEOS: „Tropfen auf heißen Stein“

NEOS-Wirtschafts- und -Tourismussprecher Sepp Schellhorn kritisierte das „Wirtshauspaket“ nach der Pressekonferenz in einer Aussendung: „Es ist so, als würde man einem schweren Allergiker ein Taschentuch reichen. Das Problem der Gastronomie mit überbordenden Auflagen und Regulatorien, Bürokratiewahnsinn“ sei systemisch. „Was die Regierung jetzt macht, ist maximal eine Symptombehandlung. Es braucht aber endlich Reformen im System, damit die heimische Gastronomie wieder selbst Rücklagen bilden, überleben und aus der Krise kommen kann“, so Schellhorn.

Für die Gewerkschaft vida sind die 500 Mio. Euro „mit großer Sicherheit zu wenig für die Branche“. Der Vorsitzende des Fachbereichs Tourismus, Berend Tusch, vermisst zudem einen „Bonus für jene, die ihre Mitarbeiter nicht auf die Straße gesetzt haben“. Auch seien Steuererleichterungen ab Juli „keine Soforthilfe“. Weiters müsse die Kurzarbeit angepasst werden und auch für Saisonbetriebe gelten. „Saisonbeschäftigte haben bereits mindestens einen Monat an Einkommen verloren – es braucht jetzt rasch Maßnahmen, um alle Saisonbeschäftigten und Corona-Arbeitslosen in Hotels und Gastronomiebetrieben wieder in Beschäftigung zu bringen“, so Tusch.

Wirtschaftsbund erfreut

Erfreut zeigte sich hingegen der ÖVP-Wirtschaftsbund – das Paket sei ein positives Signal und ein „Kickstarter“, um „den Wirtschaftskreislauf wieder in Schwung zu bringen", so Generalsekretär Kurt Egger. „Die Wirtshauskultur ist untrennbar mit der heimischen Kultur verbunden, und wir müssen alles für eine erfolgreiche Zukunft der Wirte tun“, so Egger in einer Aussendung weiter.

Die Fachgruppe Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien ist ebenfalls zufrieden. Die Anhebung der Umsatzgrenze zur Nutzung der steuerlichen Pauschalierung bringe eine echte und vor allem unbürokratische Entlastung. Die höhere Absetzbarkeit von Geschäftsessen sei ein wichtiger Schritt, „um den Konsum in unseren Betrieben wieder anzukurbeln“, so Fachgruppenobmann Peter Dobcak.

Für Industriellenvereinigung „Gebot der Stunde“

Die Entlastung für Unternehmen sei ein „Gebot der Stunde“, und die angekündigten konjunkturellen Maßnahmen bedeuteten „insgesamt ein wichtiges Signal der Zuversicht“, hieß es aus der Industriellenvereinigung (IV). Die Abschaffung von Bagatellsteuer und steuerliche Vergünstigungen bezeichnete Generalsekretär Christoph Neumayer in einer ersten Reaktion als „richtige Schritte“. So würden steuerliche Entlastungen wie die Senkung der Umsatzsteuer auf nicht alkoholische Getränke und höhere Grenzen bei der Pauschalierung für viele Gastronomiebetriebe sicherlich eine spürbare Erleichterung bringen. „Damit wird der für die Wirtschaft so wichtige Konsum beflügelt und somit der Wirtschaftsstandort in seiner Gesamtheit gestärkt“, so Neumayer.

Die Abschaffung der Schaumweinsteuer freut die Sektbranche ganz besonders. Benedikt Zacherl, Geschäftsführer von Österreichs größter Sektkellerei Schlumberger, sagte in einer Aussendung: „Eine Abschaffung der Schaumweinsteuer steht schon seit Längerem im Raum“, aufgrund der aktuellen Situation sei eine möglichst rasche Umsetzung der Entlastungsmaßnahme die einzig richtige Entscheidung. „Unsere jahrelangen Interventionen und die erst letzte Woche neuerlich geführten Gespräche mit Vertretern des Finanzministeriums waren letztendlich erfolgreich.“