Studenten holen eine Box mit Essen in Wuhan ab
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Coronavirus in Wuhan

„Zehntageskampf“ gegen zweite Welle

In Wuhan geht die Angst vor einer zweiten Infektionswelle um: Am Wochenende wurden in der Stadt mit elf Millionen Einwohnern im Osten Chinas sechs neue Covid-19-Erkrankungen gemeldet – die ersten seit über einem Monat. In den nächsten Tagen soll die Bevölkerung am Ursprungsort des Coronavirus nahezu lückenlos getestet werden.

Das neuartige Coronavirus war Ende 2019 erstmals in Wuhan festgestellt worden. Nachdem sich gezeigt hatte, wie gefährlich es ist und wie rasant es sich ausbreitet, wurde die Stadt am 23. Jänner von der Außenwelt abgeriegelt – und blieb es 76 Tage lang. Der Glaube, das Virus damit besiegt zu haben, erweist sich nun als Illusion. Bei den aktuellen Fällen handelt sich um ältere Menschen, die im gleichen Wohnhaus in dem Bezirk Dongxihu im Nordwesten der Stadt leben.

Als Reaktion auf den neuen Ausbruch führen die Behörden nun stadtweite Nukleinsäuretests innerhalb der nächsten zehn Tage durch. Das geht aus einer Notfallverordnung hervor, die von den lokalen Behörden herausgegeben und von der staatlichen Plattform The Paper verbreitet wurde. Nukleinsäuretests funktionieren durch den Nachweis des genetischen Codes des Virus und können die Infektion vor allem im Frühstadium wirksamer nachweisen als die einfacher durchzuführenden Antikörpertests.

Gesundheitspersonal misst die Temperatur bei Menschen in Wuhan
APA/AFP/Hector Retamal
Jeder der 13 Bezirke der Elf-Millionen-Einwohner-Stadt hat zehn Tage Zeit, sich auf das Screening der Bewohner vorzubereiten

Augenmerk auf Ältere und Ausländer

In dem Bericht ist die Rede von einem „Zehntageskampf“. Viertel mit einer hohen Dichte an älteren oder ausländischen Bewohnerinnen und Bewohnern sollen im Mittelpunkt der Testungen stehen. Wuhan wurde von den staatlichen Medien immer wieder als Paradebeispiel für Chinas effektive Reaktion auf die Pandemie gefeiert, die Stadt habe sich „wie ein Phönix“ wieder erhoben, hieß es in früheren Berichten.

Politische Folgen nach dem nunmehrigen Rückschlag ließen folglich nicht lange auf sich warten. Wie CNN am Dienstag berichtete, sei der oberste Beamte jenes Bezirks, in dem die neuen Fälle aufgetreten waren, von seinem Posten entfernt worden – „wegen Versäumnissen bei der Arbeit zur Epidemieprävention und -bekämpfung“.

Am Dienstag wurden zwar keine neuen Fälle mehr gemeldet, doch werde jeder größere Anstieg im Zuge der neuen Tests Fragen hinsichtlich der Genauigkeit und Transparenz der bisherigen Zahlen aufwerfen, schrieb CNN. Anschuldigungen, die Schwere des Virus in den frühesten Stadien der Pandemie vertuscht zu haben, musste sich China beileibe nicht nur vonseiten der USA anhören. Zusätzlich sorgten mehrfache Änderungen bei den Diagnose- und Meldeverfahren für Verwirrung.

Medizinisches Personal mit einem Patienten in Hongkong
Reuters
76 Tage blieb Wuhan abgeriegelt – ob mit Erfolg, wird sich demnächst weisen

Wuhan ist auch nicht der einzige Teil des Landes, in dem neue Fälle entdeckt wurden. Die Stadt Shulan in der Provinz Jilin im äußersten Nordosten des Landes wurde am Sonntag in den „Kriegsmodus“ versetzt, nachdem bestätigt wurde, dass elf Menschen mit dem Virus infiziert sind. Seit dem Wochenende ist die Stadt abgeriegelt, nur ein Mitglied eines Haushaltes darf täglich hinaus, um das Nötigste einzukaufen.

Neue Fälle in sieben Provinzen

In den vergangenen zwei Wochen wurden in insgesamt sieben Provinzen Chinas neue Fälle gemeldet. Die Gesundheitsbehörden riefen am Dienstag dazu auf, wachsam zu bleiben: Zwar sei der Höhepunkt der Pandemie überschritten, doch zeige die neue Bildung von Clustern, dass die Maßnahmen noch nicht gelockert werden könnten, sagte Mi Feng, Sprecher der Nationalen Gesundheitskommission. Die größten Sorgen bereiten asymptomatische Fälle – Menschen, die keine klinischen Anzeichen einer Infektion zeigen, aber das Virus verbreiten.

Auch Südkorea, von dem angenommen wurde, dass es das Virus weitgehend im Griff hat, musste zuletzt einen Rückschlag hinnehmen – in der Hauptstadt Seoul wurde eine Reihe neuer Fälle nachgewiesen. Präsident Moon Jae In sagte am Sonntag, der Kampf gegen das Coronavirus sei „erst vorbei, wenn er vorbei ist“.