Menschen am Strand in Castiglione della Pescaia
Reuters/Jennifer Lorenzini
Distanz am Meer

Italien tüftelt an Regeln für Strände

Viele Regionen Italiens wollen so schnell wie möglich ihre Strände öffnen, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Eine Möglichkeit dazu haben sie ab kommendem Montag. Venetien etwa will dann „alles, was möglich ist, öffnen“. Für einen reibungs- und gefahrlosen Ablauf gibt es nun einen Fahrplan, der auch auf dem Strand „soziale Distanz“ vorsieht.

Am 18. Mai können die Regionen Kleinhandel, Gastronomie, Tourismus, Friseure und Schönheitssalons wieder öffnen lassen. Sollte die Infektionskurve wieder steigen, kann die Regierung einschreiten und weitere Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.Rom debattiert zudem mit den Vertretern der Regionen über weitere Lockerungen ab 1. Juni. Die Italiener sollen ab diesem Zeitpunkt womöglich auch wieder innerhalb der nationalen Grenzen frei reisen dürfen, so am Dienstag der Präsident Liguriens, Giovanni Toti, im Interview mit Radio 24.

In Rom wollen rund 400 Betreiber von Restaurants und Bars weiterhin geschlossen halten, die drakonischen Regeln zum Abstand in Lokalen, unter anderem eine stark begrenzte Tischzahl, zwingen vor allem viele Lokale im Stadtzentrum von Rom, weiter geschlossen zu halten. Die Tourismusorte bereiten sich hingegen längst vor auf die Öffnungen der Strände am Montag, die Emilia-Romagna will etwa den Zugang zum Meer freigeben. Eine zu lange Blockade der Wirtschaft hätte „schwerwiegende soziale Auswirkungen“, sagte der regionale Tourismusbeauftragte Andrea Corsini. Auch Venetien will ab Montag „alles, was möglich ist, öffnen“, sagte Regionalpräsident Luca Zaia. Ebenso in Ligurien: Strände „sind an der frischen Luft, es gibt Platz“, sagte Regionalpräsident Toti.

Strenge Regeln für Strände

Der Zugang zu den Strandbädern soll aber streng reguliert werden. Besucher werden Buchungen durchführen müssen, wie aus einem Dokument des Instituts für Arbeitssicherheit und des nationalen Gesundheitsinstituts hervorgeht. Die Abstände zwischen den Sonnenschirmreihen sollen mindestens fünf Meter betragen. Es solle weiterhin „soziale Distanz“ gelten, Gruppensport sei verboten.

Italien auf der Suche nach Normalität

In Italien will man nach und nach zum Alltag zurückkehren und die strengen Bestimmungen lockern. Zudem plant die Regierung ein über 50 Milliarden Euro schweres Hilfspaket.

Sonnenliegen sollen nach dem Benutzerwechsel desinfiziert werden. Selbst freie Strände sollen mit Wachen kontrolliert werden, damit sich dort nicht zu viele Menschen auf einmal aufhalten. Die Zahl der Gäste, die pro Badeanstalt zugelassen sind, wird beschränkt sein. Gemeinden werden den Zugang zu freien Stränden regeln können. Die Spielanlagen sollen nur für eine beschränkte Zahl von Kindern zugänglich sein. Duschen und Toiletten müssen besonders rigoros desinfiziert werden.

In Ligurien, wo die Dimensionen der Strände kleiner als an der Adria sind, wurde bereits gerätselt, wie man die Vorsichtsmaßnahmen einhalten kann. „Wenn man einen Sonnenschirm alle fünf Meter aufstellen darf, wird sich ein einziger Badegast sonnen können, weil die Strände hier in Ligurien manchmal nur vier Meter lang sind“, sagte Toti am Dienstag.

„Urlaubsbonus“ geplant

Das Land verzeichnet mehr als 30.700 Tote durch das Coronavirus. Inzwischen sinken die Zahlen der aktuell infizierten Menschen. Im stark von Gastronomie und Tourismus abhängigen Italien gab es im Vorfeld langwierige Diskussionen über den richtigen Weg aus dem strengen „Lock-down“. Vielen gehen die Lockerungen nicht weit und schnell genug. Die Regionen pochten auf mehr Freiheit, übten Druck auf die Regierung in Rom aus, die aber bei der Aufhebung von Verboten vorsichtiger sein wollte. Einige Regionen wie Südtirol hatten allerdings einzelne Vorschriften bereits im Alleingang gelockert.

Menschen auf der Promenade in Ladispoli
AP/Andrew Medichini
Bisher gab es wenige zugängliche Strände, so wie hier in Latium, wo nur sportliche Aktivitäten und Fischen erlaubt sind

Die Hoffnung auf einen Sommerurlaub am Strand erhielt die Regierung aber stets aufrecht. „Diesen Sommer werden wir nicht auf dem Balkon verbringen, und die Schönheit Italiens wird nicht in Quarantäne bleiben. Wir können ans Meer fahren, in die Berge, unsere Städte genießen“, so Ministerpräsident Giuseppe Conte im „Corriere della Sera“ am Wochenende. Seine Regierung plant auch im Rahmen eines 55 Milliarden Euro schweren Hilfspakets einen „Urlaubsbonus“ von 500 Euro. Damit sollen Familien mit Kindern und niedrigerem Einkommen unterstützt werden und zugleich soll so zum Neustart des Tourismus beitragen werden. Die Branche beziffert die möglichen Verluste heuer auf 120 Milliarden Euro.