Medienspiegel zum „Ibiza-Video“
APA/Hans Punz
Anklagen noch offen

Ermittlungen von Casinos bis Spesen

Auch ein Jahr nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ sind die Ermittlungen dazu noch nicht abgeschlossen – Hausdurchsuchungen bei prominenten Politikern miteingeschlossen. Ein Ende der Untersuchungen ist noch nicht in Sicht. Was und wann angeklagt wird, ist weiterhin offen.

An den Ermittlungen beteiligt sind die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), eine Sonderkommission im Bundeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Wien, die sich den Erstellern des Videos widmet. Die Causa wurde zur Verschlusssache erklärt. In dem „Ibiza-Video“ zu hörende Aussagen von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wie „Novomatic zahlt alle“ und „Spenden am Rechnungshof vorbei“ riefen die Ermittler auf den Plan.

Im Zuge der Ermittlungen wurden mehrere FPÖ-nahe Vereine wie etwa das Institut für Sicherheitspolitik (ISP), Austria in Motion und Pro Patria gefunden, die laut „Standard“-Berichten von Unternehmen und Industriellen wie von der Industriellenfamilie Turnauer und von Novomatic Zahlungen erhalten haben sollen. Die Beteiligten bestritten, dass Spenden an die FPÖ und deren ehemaligen Chef und Ex-Vizekanzler Strache geflossen sind. Die Ermittler gingen aber davon aus, dass die Vereine in „Absprache mit Strache und Gudenus (Ex-FPÖ-Klubobmann Johann, Anm.)“ mit dem Vorsatz gegründet wurden, „finanzielle Zuwendungen für die FPÖ respektive Heinz-Christian Strache zu lukrieren“.

Hausdurchsuchungen auch bei Ex-ÖVP-Politikern

Nach einer detaillierten anonymen Anzeige mit Vorwürfen des Gesetzeskaufs der Casinos, an denen Novomatic Anteile hält, waren umfangreiche Hausdurchsuchungen die Folge – auch bei Ex-ÖVP-Politikern. Die Ermittler kamen zu Strache, Ex-ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll, Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und dessen ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Thomas Schmid, nunmehr Chef der Staatsholding ÖBAG. Selbst direkt im Finanzministerium wurde die Polizei vorstellig, um Unterlagen des früheren FPÖ-Finanzstaatssekretärs Hubert Fuchs zu beschlagnahmen.

Im März wurde bekannt, dass die WKStA ihre Ermittlungen in der Causa Casinos rund um einen FPÖ-Politpostenschacher ausgeweitet hat. Es gab weitere Razzien, Medienberichten zufolge in der Novomatic-Zentrale in Gumpoldskirchen und beim früheren FPÖ-Mandatar Markus Tschank. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Novomatic-Zentrale in Gumpoldskirchen
ORF.at/Carina Kainz
Diverse Zahlungen und Schenkungen von Novomatic und dessen Gründer Johann Graf stehen im Visier der Ermittler

Im Visier der Ermittler soll eine 240.000-Euro-Zahlung von Novomatic an den FPÖ-nahen Verein ISP stehen. Die Ermittler fragen sich, ob Novomatic das Geld an den FPÖ-nahen Verein zahlte, um an Glücksspiellizenzen zu kommen. Auch umfangreiche Schenkungen des Novomatic-Eigentümers Johann Graf interessieren die Behörden.

Straches Spesenaffäre

Den Verdacht des Postenschachers gab es auch bei der Bestellung des Casinos-Austria-Finanzvorstands Peter Sidlo, der auch FPÖ-Bezirksrat in Wien war. Der Verdacht lautete, Sidlo sei vom einstigen Casinos-Miteigner Novomatic nach einem politischen Deal in den Vorstand entsandt worden. Strache wies die Vorwürfe stets empört zurück. Sidlo wurde im Dezember vergangenen Jahres vom Casinos-Aufsichtsrat vorzeitig abberufen.

Ein weiteres, für Strache sehr unangenehmes Thema ist die Spesenaffäre. Nicht nur hohe Zahlungen der Wiener FPÖ an ihren früheren Chef wurden ruchbar, Strache soll über seinen Leibwächter auch mittels Scheinbelegen Privatausgaben an die FPÖ verrechnet haben, was ihn unter Untreueverdacht brachte. Es tauchten Fotos einer Sporttasche voller Geld auf. Einer Anzeige zufolge soll das Geld von ukrainischen Oligarchen stammen. Es gab die Vermutung, dass die FPÖ zehn Millionen Euro bekommen sollte, damit ein Vertrauensmann dieser Oligarchen ein Nationalratsmandat bekommt. Ermittlungen dazu wurden aber 2018 eingestellt.

Festplatten aus Kanzleramt vernichtet

Unangenehm für die ÖVP war – vor allem im Vorfeld der Nationalratswahl – die sogenannte Schredder-Causa. Vernichtete Festplatten aus dem Kanzleramt ließen den Verdacht aufkommen, die Partei hätte vielleicht frühzeitig Informationen über den Videoinhalt gehabt. Die ÖVP empörte sich über den „unglaublichen Schmutzkübel-Wahlkampf“.

Die WKStA fand letztlich keinen Beleg für einen Zusammenhang. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach in einem vom „Falter“ veröffentlichten Hintergrundgespräch angesichts der WKStA dennoch von einem „Netzwerk roter Staatsanwälte“. Die Wiener Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen gegen den schreddernden ÖVP-Mitarbeiter im Februar ein.

Erste Anklage bei Nebenstrang

Mitte April gab es in einem Nebenstrang eine erste Anklage. Zwei Beschuldigte müssen sich in Salzburg wegen Drogendelikten vor Gericht verantworten. Hier geht es um Personen, die mit der Entstehung des Videos in Zusammenhang stehen sollen.