Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne)
APA/Helmut Fohringer
Kritik von Opposition

Rücktrittsaufruf erhöht Druck auf Lunacek

Die Kritik an Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) reißt nicht ab. Nachdem in den vergangenen Tagen vor allem von den Kulturschaffenden das Krisenmanagement bemängelt wurde, kommt nun auch Kritik aus der Opposition. NEOS forderte am Mittwoch einen Rücktritt Lunaceks. Selbst aus der eigenen Partei gibt es kritische Töne.

„Vielleicht sollte im Kulturstaatssekretariat statt Lunacek jemand sitzen, der das nötige Interesse und die nötige Empathie hat, Lösungen zu finden“, so NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn in einer Aussendung.

Dass die grüne Politikerin es „nicht einmal für wichtig genug empfindet, bei dem Treffen mit Kulturschaffenden über Hygienebestimmungen dabei zu sein, beweist einmal mehr, dass ihr die Hilferufe der Kunst- und Kulturschaffenden kein echtes Anliegen sind und ist ein Hohn gegenüber jenen, die dieses Land zu einer Kulturnation machen“, so Schellhorn. Dabei bezog er sich auf einen runden Tisch mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Theater- und Filmbranche mit dem Gesundheitsministerium, zu dem Lunacek dann aber nicht persönlich erschienen sei.

Schellhorn erneuerte den Ruf nach „Klarheit und Perspektive“ im Kulturbereich. Lunacek hatte am Dienstag angekündigt, bis Ende der Woche „einen Stufenplan für die nächsten Monate auf den Weg zu bringen“, um „möglichst bald konkrete Lockerungen anzustoßen für den Veranstaltungsbereich – also etwa das Theater oder die Kinos“.

Blimlinger: Lunacek „bemüht sich sehr“

Doch nicht nur aus der Opposition hagelt es Kritik – auch bei den Grünen selbst lässt man Unzufriedenheit mit Lunaceks Vorgehen durchblicken. Die grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger sagte in einem Interview mit der Zeitschrift „Woman“ zu den Rücktrittsgerüchten der letzten Tage: „Jetzt ist Ulrike dran. Die bemüht sich sehr.“

„Zu Gerüchten möchte ich mich nicht äußern. Und wenn wir den Vizekanzler (Werner Kogler, Grüne, Anm.) noch mehr in die Pflicht nehmen, dann wird das schon“, so die ehemalige Rektorin der Akademie der bildenden Künste. Dennoch gibt sie zu, sich geärgert zu haben, als Lunacek ihr vorgezogen wurde. „Ich habe mich geärgert, das verhehle ich nicht. Ich hätte den Job gern gemacht. Und das habe ich laut gesagt.“

Von „Woman“ angesprochen, ob Blimlinger es so wie einige Kritiker sehe, dass Lunacek nicht kompetent genug für den Job als Staatssekretärin wäre, sagte Blimlinger: „Ein bisschen schon. Sie kommt nicht aus dem Kulturbereich. Als sie Anfang des Jahres startete, konnte sie sich aber sehr schnell einarbeiten.“

Lunacek dementierte Rücktrittsgerüchte

Schon am Dienstag gab es Rücktrittsgerüchte: Laut dem „Standard“ soll Lunacek ihren Rücktritt überlegt haben. In dem Bericht hieß es, die Staatssekretärin soll seit Wochen merken, „dass sie ihre Stärken – etwa eine jahrzehntelang aufgebaute Expertise in außenpolitischen Bereichen“ – nicht ausspielen könne. Noch am Abend dementierte Lunacek den Bericht: „Ich halte mich nicht mit Gerüchten auf. Ich kämpfe mit aller Kraft weiter, den Kunst- und Kulturbereich gut über die Corona-Krise zu bringen“, sagte sie in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Das ist mein Ziel. Ich weiß, wie schwierig die Lage der in der Kunst und Kultur Tätigen ist und nehme die Kritik sehr ernst. Kunst und Kultur sind essenziell für unsere Gesellschaft, sie sind wichtig für die Demokratie und unseren Wirtschaftsstandort Österreich“, so Lunacek. „Gute Maßnahmen zur Stabilisierung der finanziellen Notlagen und die Lockerungen im Veranstaltungsbereich sind derzeit meine oberste Priorität. Dafür setze ich mich ein.“

Kulturschaffende fordern Rettungsschirm

Unter Schauspielern, Musikern und anderen Kulturschaffenden formierte sich in den letzten Tagen auch eine Initiative, die per Petition einen Rettungsschirm für die Branche fordert. Die Auswirkungen der Pandemie auf „Kunst, Kultur, Event- und Kreativwirtschaft sind dramatisch. Unsere Branchen wurden als erste zugesperrt und werden auch zu den letzten gehören, die ihre Arbeit wieder voll aufnehmen können“, hieß es am Dienstag in einer Aussendung.

Lukas Resetarits in der ZIB2

Kabarettist Lukas Resetarits erklärt die Beweggründe für die Veröffentlichung jenes Videos, in dem er den Umgang der Regierung mit der Kulturbranche kritisiert.

Gefordert wurde eine finanzielle Kompensation für fehlende Ticketverkäufe, Kurzarbeitsregeln für „kurzfristig Beschäftigte“, wie sie sich im Kulturbetrieb zahlreich finden, und eine Verlängerung der Kurzarbeitsregeln sowie der Hilfsfonds, bis all jene, die in der Event- und Unterhaltsbranche tätig sind, ihre Arbeit wieder zu 100 Prozent aufnehmen dürfen.

Mitinitiator war auch der Kabarettist Lukas Resetarits. Er hatte in den vergangenen Tagen mit einem Video für Aufsehen gesorgt, am Montag bekräftigte er seine schwere Kritik an Lunaceks Krisenmanagement in der ZIB2. „Ich bin wütend, weil das eine Missachtung unserer ganzen Branche ist.“ Man sei nicht kontaktiert worden, auch wenn sich die gesamte Branche, die den Grünen in der Vergangenheit viel Rückhalt gegeben habe, in der Pandemie vorbildlich verhalten habe, so Resetarits.

Anschober bittet Kulturschaffende um Verständnis

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat unterdessen bezüglich weiterer Lockerungen der Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie im Bereich von Kulturveranstaltungen im Interview mit oe24.TV „bis zum 29. Mai einen zweiten größeren Schritt“ angekündigt. Dabei werde es etwa um „kleine und mittlere Theateraufführungen und Ähnliches mehr“ gehen – allerdings „unter geschützten Rahmenbedingungen“.

Es werde „gar nicht so einfach sein, Lösungen zu finden, etwa für Filmschaffende bei großen Filmproduktionen. Oder auch Lösungen für Chöre zu finden. Mein Ziel ist aber: Schaffen wir es – und da bin ich mir mit Ulrike Lunacek einig –, dass über den Sommer kleine und mittlere Veranstaltungen möglich werden, die im Sitzen stattfinden und wo man einen Abstand schaffen kann. Und daran arbeiten wir. Ich hoffe, dass dann die Kulturschaffenden wieder zufrieden sind.“

Er verstehe die Kritik der Kulturschaffenden, ersuche aber „um Verständnis, dass wir nicht alles gleichzeitig machen können. Der Gesundheitsschutz ist eben erste Priorität. Davon ausgehend wollen wir unser Leben schrittweise wieder normalisieren. Dazu gehört ganz zentral der Kulturbereich“, so Anschober.