Blick über den Attersee
ORF.at/Roland Winkler
Sommer in Österreich

Was einem der Urlaub heuer wert sein muss

Die Regierung hält die Österreicherinnen und Österreicher aufgrund der Coronavirus-Krise dazu an, ihren Urlaub dieses Jahr im Inland zu verbringen. Doch gehört Österreich nicht zu den billigen Urlaubsländern. Wesentlich günstiger käme es etwa in der Türkei und auch in Kroatien. Indes bangt die österreichische Tourismuswirtschaft nicht nur um die heimischen Gäste.

Schaut man auf die Buchungsplattform Booking.com, zeigt sich für Österreich rasch, dass vieles bereits ausgebucht ist. Ausgehend von einer vierköpfigen Familie mit zwei Kindern wird es beispielsweise in der ersten Juli-Woche mit der Auswahl an Quartieren schon knapp. Für den Attersee etwa zeigt die Plattform kaum noch Angebote an, wenn man aber flexibel ist und beispielsweise auf den Wolfgangsee ausweichen möchte, gibt es durchaus noch Möglichkeiten. Kostenpunkt für eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern in einem Viersternhotel am See mit Frühstück für sieben Nächte: zwischen 2.700 und 5.000 Euro.

Bei gleichen Kriterien – nur Meer statt See – mit Istrien in Kroatien verglichen, kommt es die Familie wesentlich billiger, und zwar 1.300 bis 4.000 Euro. Selbst unter Einberechnung der An- und Abreise würde eine vierköpfige Familie in diesem Beispiel für einen Urlaub in Istrien sehr wahrscheinlich weniger bezahlen als für einen gleichwertigen Aufenthalt im Salzkammergut. Würde die Familie im selben Zeitraum an die Mittelmeer-Küste nach Antalya, Türkei, fliegen und in einem Viersternhotel nächtigen, würde sie dafür in etwa zwischen 1.600 und 3.000 Euro bezahlen – Flug, zumindest theoretisch, inklusive.

Hotelanlage nahe Antalya, Türkei
Getty Images/Andrew Holt
Eine Familie zahlt für einen Urlaub in der Türkei in der Regel weit weniger als in Österreich

Wenn auch die Grenzen zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz ab 15. Juni wieder komplett offen sein sollen, bleibt die Situation an vielen weiteren Grenzen in der EU unklar, insbesondere an der italienischen Grenze. Ob eine Auslandsreise anderswohin im Sommer möglich sein wird, ist also ungewiss. Derzeit muss jedenfalls bei Rückreise nach Österreich eine 14-tägige Quarantäne eingehalten oder ein ärztliches Attest vorgewiesen werden, das nicht älter als vier Tage sein darf – Ausnahmen bestätigen die Regel. Für Pendlerinnen und Pendler gibt es etwa Vereinfachungen. Solange man seine Gründe aber geltend machen kann, so das Gesundheitsministerium, ist eine Wiedereinreise jedoch auch ohne Quarantäne oder Test möglich. Urlaub gehört nicht dazu.

2019: Urlaub im Ausland um 20 Prozent billiger

Zwar liegen die Statistiken für 2020 noch nicht vor – heuer ja außerdem unter außergewöhnlichen Umständen –, doch lag der Wert des Urlaubseuro vergangenes Jahr im Durchschnitt im Ausland um 20 Prozent höher als in Österreich, das geht aus Aushebungen der UniCredit Research für 2019 hervor. Hier waren die Türkei, Ungarn und Kroatien an der Spitze. Aufgrund der starken Abwertung der Lira erhielt man in der Türkei letztes Jahr mehr als doppelt so viel für sein Geld wie in Österreich. Der Urlaubseuro berechnet die Kaufkraft des Euro im Ausland.

Österreich zählt generell zu den reisefreudigsten Ländern. Letztes Jahr hatten laut dem Urlaubsbarometer der Europ Assistance rund 70 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher einen Sommerurlaub geplant – das sind mehr als in den meisten anderen Ländern Europas. Das durchschnittliche Urlaubsbudget lag demnach 2019 bei 2.627 Euro. Wie sich die Situation durch die Coronavirus-Krise ändern wird und ob sich die Österreicherinnen und Österreicher heuer überhaupt einen Urlaub leisten wollen bzw. können, ist freilich die andere Frage. Aktuelle Erhebungen gibt es dazu noch keine.

550.000 Arbeitslose, 1,3 Mio. in Kurzarbeit

Das Ausmaß der Wirtschaftskrise wächst jedenfalls weiter und trifft viele Familien. Aktuell sind knapp 1,3 Mio. Menschen zur Kurzarbeit beim AMS angemeldet, hinzu kommen über 550.000 Arbeitslose. Gerade die heimische Tourismuswirtschaft trifft es hart, was das Dilemma zusätzlich verschärft. Alleine das vorzeitige Ende der Wintersaison bescherte Hotellerie und Gastronomie einen Verlust von 1,6 Mrd. Euro. Im Gesamtjahr droht der Branche im Vergleich zu 2019 ein Verlust von 7,5 Mrd. Euro laut einer Studie der Wirtschaftskammer (WKÖ). Die Gastronomen dürfen am Freitag wieder öffnen, die Hoteliers am 29.5. – jeweils unter strengen Vorgaben.

Blick zum Mönchsberg in Salzburg
ORF/Georg Hummer
Wie viele Touristinnen und Touristen diesen Sommer die Stadt Salzburg besuchen werden, ist ungewiss

Auf Basis der Vorjahreszahlen sind die Übernachtungen in österreichischen Hotels laut der Untersuchung der Beratungsgruppe Prodinger in der Wintersaison 2019/20 von 72,7 Millionen auf 61,5 Millionen zurückgegangen. Für die Umsätze bedeutet das ein Minus von 900 Millionen Euro – von geplanten 5,5 Mrd. auf 4,6 Mrd. Euro.

Die Aussichten für die kommende Sommersaison sind jedenfalls auch auf Seite der Anbieter wenig optimistisch: Nach drei Szenarien (Best Case, Bad Case und Worst Case) mit unterschiedlichen Öffnungen von Hotels, Freizeiteinrichtungen, Dienstleistern sowie Grenzöffnungen müssen die Beherbergungsbetriebe im Schnitt mit einem Nächtigungsrückgang zwischen gut 43 und fast 55 Prozent rechnen. Das bedeutet zusätzlich zu den 900 Millionen Euro Verlust aus dem Winter einen Umsatzrückgang von 2,8 bis 3,3 Milliarden Euro.

Ein Viertel der Hotels in Österreich sperrt nicht auf

Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund der geringeren Auslastung auch die Übernachtungspreise unter Druck geraten. Je nach Szenario komme es zu einem Preisverfall von zwölf bis 18 Prozent im Sommer. Rund ein Viertel der Hotels wird heuer gar nicht aufsperren, weil es sich für sie wirtschaftlich nicht rechnet. 85 Prozent der Betriebe dürften heuer in die Verlustzone rutschen.

„Ein Drittel der Betriebe hat aufgrund der coronabedingten Schließungen so massive Probleme, dass sie von der Pleite bedroht sind“, so WKÖ-Studienautor Thomas Reisenzahn gegenüber dem Magazin „News“: Letztlich werde viel davon abhängen, in welchem Ausmaß der Konsum wieder anspringt – das freilich nicht nur von heimischen Urlauberinnen und Urlaubern, sondern vor allem aus dem Ausland.