Kellnerin bedient Gast
APA/Helmut Fohringer
Gastronomie

Neustart unter strengen Vorgaben

Nach zwei Monaten „Lock-down“ ohne Gäste und mit wenig oder gar keinem Umsatz können seit Freitag heimische Gastronomiebetriebe wieder öffnen. Seit Tagen bereiten Restaurants, Wirtshäuser und Bars sich auf den Neustart vor. Allerdings wird das Essen und Trinken von rigorosen und gewöhnungsbedürftigen Vorgaben begleitet.

Grundsätzlich gilt, was bisher in Pressekonferenzen erläutert wurde. So ist etwa das Betreten der Gastronomiebetriebe zwischen 6.00 und 23.00 Uhr erlaubt. Speisen und Getränke dürfen nicht in „unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle“ konsumiert werden. Der Abstand zwischen den Besuchergruppen an den Tischen muss mindestens einen Meter betragen, kann aber unterschritten werden „wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann“.

Was den direkten Kontakt zwischen Gästen und Angestellten betrifft, sieht die entsprechende Verordnung nur einen Mund-Nasen-Schutz (MNS) für Beschäftigte vor. Allerdings müssen Kunden und Kundinnen beim Betreten des Lokals zu fremden Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einhalten, und in „geschlossenen Räumen“ müssen Mund und Nase verdeckt werden. Die oft zitierte Regel von MNS auf dem WC findet sich nicht in der Verordnung.

Maximal vier Erwachsene plus Kinder

Für die nächsten Wochen – die Verordnung tritt am 1. Juli außer Kraft – dürfen die Betreiber nur Besuchergruppen einlassen, wenn diese aus „maximal vier Erwachsenen zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder“ bestehen. Oder sie müssen aus einem gemeinsamen Haushalt kommen. Eine Nachweispflicht ist in der Verordnung nicht angeführt. Die Gäste müssen in geschlossenen Räumen zu den Tischen gebracht werden, wo künftig zum Beispiel keine Salzstreuer stehen dürfen. Denn Gegenstände zur gemeinschaftlichen Verwendung sind verboten.

Weiters gilt, dass vorbestellte Speisen und Getränke nicht an Ort und Stelle konsumiert werden dürfen. Gegenüber fremden Personen muss dabei auch ein Abstand von einem Meter eingehalten werden – und ein MNS ist verpflichtend zu tragen. Eine Verpflichtung zur Reservierung eines Tisches findet sich in der Verordnung nicht. Die Regeln gelten nicht für: Spitäler und Kuranstalten, Senioren- und Pflegeheime, Schulen, Kindergärten und Horte sowie Betriebskantinen.

In einem Lokal wird der Abstand zwischen den Tischen gemessen
APA/Helmut Fohringer
Die Gastronomiebetriebe bereiteten sich in den vergangenen Tagen auf die Wiedereröffnung vor

Öffnung bringt nur geringe Erleichterung

Einerseits gibt es laut Mario Pulker, dem Obmann des Fachverbandes Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), viel Vorfreude auf das Comeback der Gastroszene, allerdings auch Unsicherheit bei den Unternehmern und Unternehmerinnen. „Viele Mitgliedsbetriebe sagen, sie sind schon ausreserviert fürs Wochenende, wissen aber nicht, was wird unter der Woche los sein. Was ist, wenn nach den ersten 14 Tagen der erste Ansturm vorbei ist?“, schildert Pulker die Stimmung in der Branche. Zudem gebe es viele Betriebe mit großer Abhängigkeit vom Tourismus.

Pulker rechnet vorerst mit rund zehn Prozent der Betriebe, die am 15. Mai noch nicht aufsperren werden. „Wenn du zu 90 Prozent von chinesischen Gästegruppen abhängig bist, brauchst du nicht aufsperren“, nennt der WKÖ-Branchenobmann ein Beispiel. Die Frage ist auch, wie sich die Gäste ab Freitag verhalten werden. Ganz klar ist für den WKÖ-Branchenobmann aber, dass es ein großes Sicherheitsbedürfnis gibt. „Wir haben ja auch Umfragen gemacht, und da kommt ganz klar heraus, dass die Gäste ein überfülltes Lokal nicht aufsuchen werden. Den Gästen ist lieber, es ist weniger los in dem Lokal, dann gehen sie eher rein. Vor allem, wenn man drinnen sitzen muss.“

Ein Lokal, das ab Freitag zum Beispiel mit reichlich Bedenken offen ist, ist das Schweizerhaus im Wiener Prater. Das Öffnen des Tourismusmagneten sei nämlich nicht rentabel. „Wir rechnen mit 45 bis 50 Prozent des Umsatzes. Die Personalkosten sind fast gleich hoch. Die Fixkosten sind hoch“, sagte Karl Jan Kolarik. „Theoretisch wäre es sinnvoller, wenn wir nicht aufgesperrt hätten, aus wirtschaftlicher Sicht“ – mehr dazu in wien.ORF.at.

Hoher Verlust wegen „Lock-down“

Zur Einschätzung, dass die Gastronomie unter dem „Lock-down“ gelitten hat, kommt auch der Standortberater Regioplan. Die Wiedereröffnung der Gastronomiebetriebe unter Auflagen bringt nur eine vergleichsweise geringe Erleichterung, rechnete er kürzlich vor. Der tägliche österreichweite Umsatzverlust beträgt in den nächsten Wochen etwa 52 Mio. Euro pro Tag. Dem gegenüber stehen 67 Mio. Euro Verlust pro Tag vor den ab Freitag geltenden Lockerungen.

Zwei  Kellner mit einem Tablett und Kaffee
APA/Herbert Pfarrhofer
Zumindest für die kommenden Wochen wird sich das Bild in der Gastroszene verändern

Seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen und der behördlichen Maßnahmen Mitte März habe die heimische Gastronomie einen Umsatzverlust von 3,8 Mrd. Euro erlitten. Von diesem Gesamtwert entfielen etwa 63 Prozent auf die Ausgaben von Touristen und Touristinnen. Die abrupte Beendigung der Wintersaison, aber auch die normalerweise im Mai deutlich ansteigenden Ausgaben der Städte- und Kongresstouristen würden besonders fehlen.

Vor allem urbanen Gastronomiebetrieben war es während des „Lock-down“ durch die Coronavirus-Pandemie vorbehalten, über Take-away- und Lieferservice-Angebote zumindest einen Teil des Umsatzentgangs zu kompensieren. Das habe aber nur selten über 20 Prozent eines „normalen“ Umsatzes eingebracht, wie Regioplan bezifferte.

Steuerliche Erleichterungen geplant

Um den Gastronomiebetrieben zu helfen, brachte die Koalition im Nationalrat einen Gesetzesantrag ein, der die steuerlichen Erleichterungen determiniert. So sind derzeit Essensbons für Mahlzeiten, die Arbeitgeber ihren Dienstnehmern zur Verfügung stellen, bis zu einem Wert von 4,40 Euro pro Arbeitstag steuerfrei, wenn die Gutscheine nur am Arbeitsplatz oder in einer Gaststätte konsumiert werden. Dieser Betrag wird auf acht Euro angehoben. Bei Bezahlung von Lebensmitteln, die nicht sofort konsumiert werden, geht die Steuerbefreiung aktuell nur bis zu einem Wert von 1,10 Euro, der auf zwei Euro erhöht wird.

Kellnerin mit Maske neben Hinweisschild
APA/Herbert Pfarrhofer
Das Bier wird künftig auch nur mit Schutzmaske überreicht

Was Geschäftsessen angeht, wird auf eine befristete Regelung gesetzt. Ab dem 1. Juli bis zum Jahresende werden 75 statt 50 Prozent absetzbar sein. Der Mehrwertsteuersatz auf alkoholfreie Getränke wird auf zehn Prozent halbiert. Bisher galt dieser Wert nur auf tierische Milch und Leitungswasser. Betroffen ist die Abgabe von „offenen nicht-alkoholischen Getränken“. Damit sind freilich nicht nur direkt ausgeschenkte Getränke gemeint, sondern auch solche, die typischerweise vom Gastronomen oder dem Kunden im Zuge des Erwerbs unmittelbar geöffnet werden.

Nicht umfasst sind etwa Getränke in Automaten oder in Supermärkten, sehr wohl aber in Kantinen oder an Würstelständen. Mit 1. Juli wird die Schaumweinsteuer auf null gesetzt. Der Wegfall der Steuerbelastung (Schaumweinsteuer und Umsatzsteuer) beträgt laut Gesetzeserläuterungen 90 Cent je 0,75-Liter-Flasche. Das Gesetz wird in einer der nächsten Nationalratssitzungen beschlossen.