Bierlein: „Wollte Vertrauen in Politik wiederherstellen“

Die frühere Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hat ein Jahr nach dem „Ibiza-Skandal“ im ZIB2-Interview gestern noch einmal Bilanz über ihre interimistische Amtszeit gezogen. Einmal mehr betonte sie dabei, ihr Ziel sei es gewesen, das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in die Politik wiederherzustellen. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben war die Bestellung von Johannes Hahn zum EU-Budgetkommissar.

Die ehemalige Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein
ORF

Den Auftrag des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, die Regierung zu übernehmen, anzunehmen, habe sie rasch, aber bewusst entschieden. „Wann wird wieder eine Frau gefragt werden, ob sie Bundeskanzlerin werden will?“, so Bierlein.

Lob für jetzige Regierung in Coronavirus-Krise

Dass ihre Regierung sich nicht mit der Coronavirus-Krise habe auseinandersetzen müssen, darüber sei sie gewissermaßen erleichtert, so die frühere Bundeskanzlerin. „Es wäre unehrlich zu sagen, dass ich unglücklich wäre über den Umstand, dass das nicht unsere Regierung getroffen hat“, sagte Bierlein. Außerdem habe man nur ein vorläufiges Budget gehabt, was die Bekämpfung einer solchen Krise zusätzlich erschwert hätte. Der jetzigen türkis-grünen Regierung sprach Bierlein ein Lobwort aus. Die Regierung sei bisher damit „sehr gut umgegangen“.

Bierlein: „Wollte Vertrauen wieder herstellen“

Bierlein sieht allerdings die Grundrechte in der Demokratie vor einer Herausforderung angesichts der Coronavirus-Pandemie. Vor der Krise habe sich das niemand vorstellen können, so Bierlein, dass es Eingriffe in Privat-, Religions- und Erwerbsrecht geben könnte. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) werde im Verdachtsfall prüfen, ob Einschränkungen der Grundrechte verfassungsgerecht abgelaufen sind. 70 Entscheidungen gebe es konkret zu fällen, so Bierlein.

Auf die Frage hin, ob sie sich vorstellen könne, Bundespräsidentin zu werden, sagte die ehemalige Kanzlerin, dass sie keinerlei politisches Amt mehr anstrebe.