Mutter mit Kindern im Urlaub
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Ministertelefonat

Europa ringt um Tourismussaison

Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat am Montag mit Amtskolleginnen und Kollegen aus zahlreichen beliebten Reisezielen – darunter Österreich – telefoniert. Er sprach sich für einen „kontrollierten Wiedereinstieg“ in den europäischen Tourismus aus. Wie dieser genau aussehen soll, ist aber weiter unklar. Auch ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg sieht viele Parameter für die Reisefreiheit.

Für den Tourismus zahlreicher Länder sind die Reisenden aus Deutschland ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Maas lässt nun zahlreiche Destinationen hoffen: Er zeigte sich zuversichtlich, dass die weltweite Reisewarnung nur noch bis zum 14. Juni gelten soll. Anschließend könnten diese durch individuelle Reisehinweise ersetzt werden. Auf deren Grundlage könne dann jeder selbst entscheiden, „wo man hinfahren kann, was einen da erwartet und wo man besser in diesem Sommer noch nicht hinreisen sollte“.

Man wolle „Schritt für Schritt“ zur Normalität zurück, sagte Maas im Anschluss an die Videokonferenz. Er sagte aber auch, dass der Sommerurlaub nicht so werden wird wie vor der Coronavirus-Krise. „Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben, dass es eine schnelle Rückkehr zu ‚Business as usual‘ geben kann.“

Noch sei es aber zu früh, um zu sagen, in welchen Ländern am ehesten Sommerurlaub möglich sein werde, so Maas. An der Videokonferenz nahmen Spanien, Italien, Österreich, Griechenland, Kroatien, Portugal, Malta, Slowenien, Zypern und Bulgarien teil.

Schallenberg: Sicherheit wesentlich für Öffnung

Österreichs Außenminister Schallenberg nannte mehrere Parameter als entscheidend für die Wiederaufnahme der Reisefreiheit. Vor allem Gesundheit, Mobilität und Sicherheit – etwa die Gefahr der Vermischung mit Risikogruppen aus anderen Ländern oder Regionen – seien wichtig, hieß es aus dem Außenministerium.

Grafik zeigt eine Übersicht der Kontrollen an Österreichs Grenzen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

„Es ist uns bewusst, dass vielen Österreicherinnen und Österreichern das Thema Reisefreiheit besonders im Hinblick auf die bevorstehende Urlaubssaison sehr wichtig ist“, so Schallenberg. „Wir stehen daher mit unseren europäischen Partnern in regelmäßigem Kontakt, um die Situation zu evaluieren. Klar ist aber auch, dass wir weiterhin sehr vorsichtig sein müssen, um die positiven Entwicklungen, die wir uns in den letzten Wochen hart erarbeitet haben, nicht zu gefährden“, sagte der Minister.

Rom ruft zu Ende der Beschränkungen auf

Die italienische Regierung rief die EU-Länder zur Aufhebung der Reisebeschränkungen und zum Neustart des Tourismus auf. „Nach dieser Phase der Epidemie müssen alle EU-Länder ihre Grenzen neu öffnen und Regeln teilen, damit die Touristen in diesem Sommer in Sicherheit reisen können“, sagte der italienische Außenminister Luigi Di Maio.

In seinem Appell nach der Konferenz der Außenministerinnen und Außenminister begrüßte Di Maio die Aussagen seines deutschen Amtskollegen Maas, wonach es zu keinen bilateralen Abkommen unter EU-Mitgliedstaaten zur Regelung der Tourismusströme im Sommer kommen wird.

„Wir müssen zusammenarbeiten. Italien wird den EU-Partnern regelmäßig die epidemiologischen Zahlen Region für Region liefern. Italien handelt auf transparente Weise“, betonte Di Maio. Ab 3. Juni wird es wieder mehr Bewegungsfreiheit zwischen den italienischen Regionen geben. Ab diesem Datum können auch Ausländer wieder nach Italien reisen, ohne sich danach einer zweiwöchigen Quarantäne unterziehen zu müssen.

Merkel fordert Angleich der Anti-CoV-Regeln

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) rief zu einer Angleichung der Regeln zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie innerhalb der EU auf, um den freien Reiseverkehr wieder zu ermöglichen. Sie regte am Montag nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron an, sich dabei an der deutschen Obergrenze für Neuinfektionen zu orientieren.

Danach sollen aufgehobene Lockerungen rückgängig gemacht werden, wenn die Grenze von 50 Neuerkrankungen binnen sieben Tagen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern überschritten wird. Macron übte scharfe Kritik an den kompletten Grenzschließungen in Europa während der Krise. Dieses mit den europäischen Partnern nicht abgestimmte Verhalten habe ein „trauriges Bild unseres Europas“ ergeben, sagte Macron.

Gegenseitigkeit als entscheidender Faktor

Dass die Grenzöffnung keine leichte Aufgabe wird, zeigte sich einmal mehr im Vorfeld der Videokonferenz: Slowenien hatte bereits am Freitag die Grenzen für Österreicherinnen und Österreicher geöffnet – diese Regelung am Sonntagabend aber wieder zurückgenommen. Nun dürfen Staatsbürger nur noch mit triftigem Grund einreisen.

Slowenien begründete die Entscheidung damit, dass man auch die Gegenseitigkeit vermisst hatte. „Wir wünschen uns Gegenseitigkeit. Wir wollen keinesfalls, dass eines unserer Nachbarländer mit politischen Einschränkungen Slowenien diskriminiert und Reisenden aus größeren Ländern die Einreise ermöglicht, aus einem südlichen Nachbarland aber nicht“, so der slowenische Regierungssprecher für die Bekämpfung des Coronavirus, Jelko Kacin, bei einer Pressekonferenz.

In Österreich wiederum begründete man die zurückhaltende Reaktion auf die Grenzöffnung damit, dass das Nachbarland seine Grenzen für sämtliche EU-Länder geöffnet hätte. Damit hätten etwa auch Menschen aus Italien nach Österreich einreisen können – für die aber noch Beschränkungen gelten.

Grenzöffnung bis Anfang Juni

Slowenien bemüht sich nach eigenen Angaben, auch die Grenze mit Österreich bis Anfang Juni wieder zu öffnen. Das gab der slowenische Wirtschaftsminister Zdravko Pocivalsek am Montag via Twitter bekannt. „In Gesprächen mit der österreichischen Kollegin und ungarischen Kollegen, die für Tourismus bzw. Außenhandel zuständig sind, habe ich heute vorgeschlagen, die Verfahren für die Wiedereröffnung der Grenzen zu beschleunigen“, schrieb Pocivalsek. Unter Berücksichtigung der epidemiologischen Lage müsse man die Protokolle für den Grenzübertritt vereinbaren und dafür sorgen, dass damit die Gesundheit nicht gefährdet werde, so der slowenische Minister. „Die Öffnung der Grenzen mit den Nachbarländern ist im Interesse Sloweniens“, betonte Pocivalsek. Ein ähnliches Ziel legte Slowenien auch mit Ungarn fest.

Deutschland bekräftigt Pläne, Lockerung in Tschechien

An der Grenze zwischen Österreich und Deutschland läuft unterdessen offenbar alles nach Plan. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) halten an den Plänen für eine schrittweise Öffnung der Grenzen fest. Man strebe das Ziel an, die Grenzkontrollen nach dem 15. Juni völlig entfallen zu lassen, so Seehofer am Montag bei einem gemeinsamen Termin mit Söder an der deutsch-österreichischen Grenze in Freilassing nahe Salzburg. Voraussetzungen seien aber weitere Verbesserungen beim Infektionsgeschehen sowie auch weiterhin Disziplin und Vorsicht.

Tschechien wird unterdessen das Vorgehen an seinen Grenzen in der nächsten Woche zum Teil lockern. Ab Dienstag wird man die Grenze an mehr Übergängen als bisher überqueren dürfen, wobei es nur Stichgrenzkontrollen geben wird. Bei Einreisen aus Ländern, die derzeit nicht als Risikogebiete eingestuft werden (im Moment etwa Österreich, die Slowakei und Kroatien), muss man keinen negativen PCR-Test vorlegen. Die Slowakei will die strikten Kontrollen indes vorerst weiterführen, kündigte aber Gespräche mit Österreich und Tschechien über eine schrittweise Grenzöffnung an.

Staaten hoffen auf Sommersaison

Auch abseits von Österreichs Nachbarländern gibt es Unterschiede im Umgang mit den Grenzöffnungen. So wirbt etwa die griechische Regierung angesichts der abgeflauten Pandemie um Reisende aus Deutschland. „Die Bewegungsfreiheit wird innerhalb des Landes wiederhergestellt, unsere Hotels bereiten sich auf ihre Wiedereröffnung vor, unsere Strände sind wieder zugänglich, und archäologische Stätten öffnen wieder für die Öffentlichkeit“, so Außenminister Nikos Dendias gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag-Ausgaben).

Frankreichs Staatssekretär für Tourismus, Jean-Baptiste Lemoyne, betonte vor der Videokonferenz, er wünsche sich, dass zum Sommerbeginn am 21. Juni ein Maximum an Sehenswürdigkeiten im Land wieder Besucher empfangen könne. Je nach Entwicklung der Pandemie sei das vielleicht auch schon früher möglich, sagte er der Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“.

Die Regierung in Madrid dämpfte unterdessen Hoffnungen auf eine baldige Grenzöffnung für Touristen: „Ich hoffe, dass wir die touristischen Aktivitäten Ende Juni wieder aufnehmen können“, sagte am Montag Verkehrsminister Jose Luis Abalos. „Wir können nicht die Einreise von Ausländern erlauben, während wir die spanische Bevölkerung noch einer Ausgangssperre unterziehen“, sagte er.

EU fordert Infos zu Einreisebeschränkungen

Im Hinblick auf die Aufhebung der Reisebeschränkungen verwies die EU-Kommission unterdessen darauf, dass sie nur eine koordinierende Rolle spiele. Sie will Bürgerinnen und Bürger aber über den aktuellen Stand der Reisebeschränkungen informieren. Dazu benötige die Kommission Informationen von den Mitgliedsstaaten, sagte ein Sprecher am Montag bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

Ein weiterer Sprecher sagte, dass die Bürger klare Informationen von den einzelnen Staaten zu den Grenzbeschränkungen brauchten, und zwar nicht nur über die Grenzkontrollen, sondern auch über die Regeln und Vorschriften, die bezüglich einer Überschreitung der Grenzen aktuell in Kraft sind.