Doja Cat
Reuters/Monica Almeida
Doja Cat

Die Quotenqueen von TikTok

TikTok, das rätselhafte Soziale Netzwerk, das sich Menschen über 20 nur nach und nach erschließt, hat offenbar so etwas wie seine „Göttin“ gefunden: die unangefochtene Quotenqueen Doja Cat. Ihr viraler Erfolg ist ein Community-Phänomen auf TikTok. Wird das Medium erwachsen?

Pitchfork ist ein Onlinemusikmedium, dass der Indie-Welt nicht nur sie selbst, sondern auch das Popgeschehen im Mainstream-Lager erklärt. So gesehen kommt der Pitchfork-Artikel über TikTok gerade recht, ein Soziales Netzwerk, von dem mitunter 14-Jährige erklären, sie seien bereits zu alt dafür. Aber auch auf TikTok funktionieren Erfolg und Misserfolg nach den Regeln einer viralen Aufmerksamkeitsspirale.

Und so gibt es auf TikTok, ähnlich den Influencerinnen und Influencern auf Instagram, auch Stars. Die größte davon ist Doja Cat, 24 Jahre alt und dennoch schon mit reichlich Geschichte im Gepäck. Als Tochter eines bekannten südafrikanischen Schauspielers und einer Amerikanerin wurde sie schon früh in diverse Tanz- und Musikkurse gesteckt. Als junger Teenager gehörte sie Breakdance-Gruppen an und machte sich mit Schminktipps in den Sozialen Netzwerken einen Namen – musste diese frühe Karriere aber aufgeben: Mama erlaubte es nicht.

Doja Cat
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Doja Cat provoziert mit expliziten Inhalten – aber stets mit Augenzwinkern

Dadaistin des HipHop

Schon als 17-Jährige begann sie zu rappen, mit wachsendem Erfolg. Bald hatte sie sich mit ihren witzig-sarkastisch-sexuellen Videos und doppeldeutigen, selbst geschriebenen, kreativen Texten über Teenie-Kreise hinaus einen Namen als Dadaistin des HipHop gemacht. Keinen Gefallen tat sich Doja Cat, als sie ihre Kollegen Tyler, the Creator und Earl Sweatshirt als „faggots“ („Schwuchteln“) beschimpfte. Die umgehende Entschuldigung und die Erklärung, das sei für sie eben ein ganz normales Wort, halfen nur wenig.

Auf TikTok spielen Political-Correctness-Debatten keine wirkliche Rolle. Ihr Hit „Say So“ wurde zu einem viralen Hit, nicht zuletzt dank der Schauspielerin Laura Dern, wie Pitchfork süffisant berichtet. Denn diese krachte rein, als ihre Tochter für ein TikTok-Video zu dem Song tanzte und sang mit. Das war eher peinlich und wurde quer durch die Sozialen Netzwerke genüsslich geteilt.

Aber ein Promistatus in der echten Welt ist nicht das, was einen auf TikTok nach vorne bringt, auch nicht ungewollte PR durch peinliche Promi-Mums. Auf TikTok reüssiert, was die Community zum mitmachen und nachahmen inspiriert. Und „Say So“ inspirierte nicht nur Laura Derns Tochter zu einem Tänzchen. Wie ein pinker Pudel vollführt Doja Cat in dem Video langsame, einfache Dance-Moves, die auch jüngere Kids nicht überfordern.

Nummer eins der US-Charts

Seit März ist Doja Cat mit dem Song in den Top Zehn der US-Charts, nun im Nicki-Minaj-Remix sogar auf Platz eins. Der Song begann seine Erfolgsgeschichte aber schone etwas früher, im Dezember, als der weibliche Teenie-Fan Haley Sharpe ihren eigenen Tanz zu „Say So“ erfand – niedlich, ebenfalls einfach und ebenfalls mit Sinn für Leichtigkeit und Humor. Bei der Liedzeile „didn’t even notice“ („Ich hab’s nicht einmal bemerkt“) klopft sie mit der Innenseite der Handgelenke an ihren Kopf, also wollte sie sagen: „Hallo, jemand zu Hause, wie blöd kann man sein?“

Doja Cat
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Doja Cat (rechts) bei einem Auftritt in Las Vegas

23 Millionen Mal kopiert

Das Originalvideo und mehr noch die Teenie-Version sorgten dafür, dass es mittlerweile 23 Millionen getanzte Versionen des Songs auf TikTok gibt, manche im Rahmen offizieller „Challenges“, bei denen es darum geht, wer mehr Likes bekommt. Würde man zusammenzählen, wie oft die 23 Millionen Videos angeschaut wurden, die Summe wäre astronomisch. Doja Cat bedankte sich bei dem Mädchen, indem sie sie zwei Sekunden lang in ihr offizielles Video nahm.

Doja Cat ist erst seit Februar auf TikTok, aber laut Pitchfork schon jetzt die „Queen“ des Netzwerks. Acht ihrer Songs sind virale Hits, nicht nur „Say So“. Dass die Künstlerin plötzlich die US-Charts stürmte, führt Pitchfork auf diesen Erfolg zurück. Und der Siegeszug von Doja Cat zeigt, dass TikTok den Sprung vom kuriosen Teenie-Netzwerk zum großen Mainstream-Popvehikel längst geschafft hat.