Die designierte Kunststaatssekretärin Andrea Mayer
APA/Roland Schlager
Kulturstaatssekretärin Mayer

Aufatmen in der Kulturbranche

Die Kür Andrea Mayers zur Kunst- und Kulturstaatssekretärin findet in der Branche einhellige Zustimmung. Freischaffende loben die Wahl ebenso wie die Leitenden der großen Kulturtanker von Wien bis Bregenz. Mit ihrer Ansage, als oberste Priorität für eine rasche finanzielle Krisenhilfe einzutreten und umgehend die Modalitäten zur Wiederaufnahme des Kulturbetriebs klären zu wollen, konnte sie zusätzlich punkten.

Die derzeit noch als Kabinettschefin in der Präsidentschaftskanzlei tätige Mayer wird am Mittwoch durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt. Unmittelbar danach werde sie in Gespräche mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) eintreten, um eine „rasche, unbürokratische“ Hilfe für freischaffende Künstlerinnen und Künstler, Kulturinitiativen und -institutionen zu ermöglichen.

Künstlerinnen und Künstler würden aber auch arbeiten wollen, nicht nur finanziert werden – daher sei es auch notwendig, genau zu prüfen, unter welchen Modalitäten der Kulturbetrieb wieder aufgenommen werden könne. „Kunstschaffende werden gebraucht, sie gehören zu unserem Leben, sie gehören zu unserer Normalität. Dafür stehe ich, und dafür möchte ich arbeiten“, so Mayer.

Dass Mayer nach jahrelanger Tätigkeit als Kunst- und Kultursektionschefin mit den Kulturbetrieben und -initiativen ebenso vertraut ist wie mit der Situation freischaffender Künstlerinnen und Künstler, wird in der Branche erfreut wahrgenommen.

„Kompetenz und Standfestigkeit“

„Wenn wir Andrea Mayer mit Freude begrüßen, dann sind das keine Vorschusslorbeeren, denn sie hat im Kuratorium der Salzburger Festspiele bereits bewiesen, dass sie es kann“, reagierte die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl-Stadler. „Sie hat Kompetenz, Verhandlungsgeschick und Standfestigkeit. Und was auch ganz wichtig ist: eine große Freude an Kunst und Kultur.“

Sie traue Mayer eine Brückenfunktion zu, weil sie zu allen eine Gesprächsbasis habe, aber sie werde sehr kämpfen müssen, was aus der Position der Staatssekretärin schwerer sei als aus der Position des Ministers; „darum ist auch Minister Kogler sehr gefragt. In den Coronazeiten findet der legitime Kampf ums Geld zwischen sehr verschiedenen Interessenvertretungen statt.“

Bei den Bregenzer Festspielen freute man sich am Dienstag sehr über den Amtsantritt von Mayer als Kulturstaatssekretärin. „Die bisherige Zusammenarbeit im Festspielkuratorium war geprägt durch große Sachkompetenz, konstruktive Lösungen und klare Entscheidungen“, sagte Festival-Präsident Hans-Peter Metzler.

Roscic und Kusej freuen sich auf Zusammenarbeit

„Die Bestellung von Andrea Mayer ist eine hervorragende Entscheidung und das richtige Signal in dieser außergewöhnlichen Situation“, reagierte der am 1. Juli sein Amt als Staatsoperndirektor antretende Bogdan Roscic auf die Bestellung von Mayer zur neuen Staatssekretärin für Kunst und Kultur. „Sie wird meiner Meinung nach jene leidenschaftliche Kämpferin für die Bedürfnisse der Kulturschaffenden sein, die jetzt gebraucht wird. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit“, so Roscic.

Burgtheaterdirektor Martin Kusej würdigte Mayers „Kompetenz und ihr engagiertes Arbeiten“. Er freue sich auf eine „enge Zusammenarbeit mit einer Partnerin, die die Bedürfnisse und Funktionsweise des Kunst- und Kulturbetriebs durch ihre langjährige Arbeit in der Kunstsektion sehr gut kennt.“

Intendantensprecherin hofft auf Dialog

Marie Rötzer, Künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich und Sprecherin der Österreichischen Intendantengruppe, zeigte sich froh, dass es gelungen ist, eine Staatssekretärin zu finden, „die diesmal Erfahrungen aus dem Kulturbereich mitbringt“. Wer das Kabinett des Bundespräsidenten organisieren könne, „kann auch die verschiedensten Kulturbranchen an einen Tisch bringen“.

Vor allem gehe es jetzt „mitten in der Coronakrise“ darum, die Rahmenbedingungen für die Lockerungen und das Hochfahren von Kunst und Kultur zu schaffen, sagte Rötzer. Der von den Bundesländertheatern vor einigen Wochen vorgelegte Maßnahmenkatalog sollte im gemeinsamen Dialog durchgegangen werden, um genaue Richtlinien für eine Öffnung zu entwickeln. Rötzer wünschte sich „eine Einladung zu den nächsten Gesprächen, damit wir so schnell wie möglich wieder Proben, Vorstellungen und Premieren für unser Publikum anbieten können“.

Analyse der Kür Mayers zur Kulturstaatssekretärin

ORF-Kulturredakteur Peter Schneeberger und ORF-Innenpolitikchef Hans Bürger analysieren die Ernennung von Andrea Mayer zur Kulturstaatssekretärin.

Musikfonds hofft auf langfristige Strategie

„Hoffnungsfroh“ zeigt sich auch Harry Fuchs, Geschäftsführer des österreichischen Musikfonds. Neben dringend notwendigen, kurzfristig verfügbaren Hilfspaketen für Musikschaffende und Branchenteilnehmer bedürfe es ebenso einer langfristigen Strategie im Sinne eines nachhaltigen Konjunkturpakets. So fordern Interessenvertretungen beispielsweise die Aufdotierung des Fördervolumens des Österreichischen Musikfonds auf fünf Millionen Euro als „ein wesentliches Element, um Österreich sowohl kulturell als auch wirtschaftlich als Musikland und Musikstandort zu erhalten“.

Rudolf Buchbinder, Künstlerischer Leiter des Grafenegg Festivals, bezeichnete die Ernennung von Mayer als „hervorragend und richtig“. Er hoffe, dass die neue Staatssekretärin „mit ihrem Netzwerk, ihrer Erfahrung und ihrer Kompetenz gerade in diesen schwierigen Zeiten neu denken und gemeinsam mit uns Künstlern vieles voranbringen wird“. Mayer kenne Grafenegg seit vielen Jahren, „ich weiß, dass wir mit ihr eine Fürsprecherin für Kunst und Kultur haben“, so Buchbinder.

Styriarte-Chef wünscht sich Werteverschiebung

„Wir Kulturmacher haben jetzt in der Krise gelernt, dass uns die Öffentlichkeit außerhalb unserer Blase einen Platz zwischen dem Puff und dem Freibad zuweist“, brachte styriarte-Intendant Mathis Huber seine Erfahrungen der vergangenen Wochen auf den Punkt und betonte: „Das sollte uns zu denken geben.“ Es „wäre fein“, wünschte sich Huber, „wenn sich die ressortzuständige Politikerin eine Verschiebung dieses Platzes in Richtung Lebensmittelhandel auch auf ihre Fahnen schreibt. Schieben müssen wir schon selber.“