Surferin am Strand
AP/Mark Baker
Lehre aus Pandemie

Neuseeland denkt Viertagewoche an

Neuseeland, das seit mehreren Tagen keinerlei Coronavirus-Neuinfektionen mehr verzeichnet, kämpft so wie alle anderen Länder mit dem Wiederhochfahren der Wirtschaft. Ähnlich wie in Österreich ist auch in Neuseeland der Tourismus eine wichtige Branche. Premierministerin Jacinda Ardern warb nun für eine Viertagewoche, um den lokalen Tourismus anzukurbeln.

Menschen hätten ihr alle möglichen Vorschläge gemacht, um den Inlandskonsum und den Tourismus anzukurbeln: Von mehr Feiertagen bis zu einer kürzeren Arbeitswoche hätten die Vorschläge gereicht, so Ardern in einem Video-Posting. Die Reaktionen auf das Posting der sozialdemokratischen Premierministerin waren großteils begeistert. In dem Land flammt seit Jahren immer wieder die Debatte über eine Viertagewoche auf.

Ardern sagte, sie finde die Idee gut, betonte aber, das sei letztlich eine Sache, die zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auszuhandeln sei. Sie ermunterte aber die Arbeitgeber im Land, über die Einführung einer Viertagewoche und andere flexible Arbeitsmodelle nachzudenken.

„Wir haben so viel durch Covid gelernt und über die Flexibilität der Leute, wenn sie von zu Hause aus arbeiten, und die Produktivität, die dadurch erreicht werden kann“, so Ardern. Sie zeigte sich überzeugt, dass mehr Freizeit den inländischen Tourismus stärken würde.

„Höre viele Menschen“

Viele Neuseeländer hätten ihr erzählt, dass sie mehr im eigenen Land reisen würden, wenn sie flexiblere Arbeitszeiten hätten, sagte Ardern nach einem Besuch in der Tourismushochburg Rotorua. „Ich höre viele Menschen, die vorschlagen, dass wir eine viertägige Arbeitswoche haben sollten“, sagte Ardern in einem informellen Livevideo auf Facebook.

Jacinda Ardern
AP/Hagen Hopkins
Ardern präsentierte ein Konjunkturprogramm. Damit soll die Arbeitslosigkeit unter zehn Prozent gehalten werden.

Die neuseeländische Rechtsberatungsfirma Perpetual Guardian mit mehr als 200 Mitarbeitern hatte weltweit Aufsehen erregt, als sie 2018 die Viertagewoche bei sich einführte. Dieses Modell könne eine Lösung sein, um Neuseelands Wirtschaft nach der Coronavirus-Pandemie bei der Erholung zu helfen, wurde Firmengründer Andrew Barnes am Mittwoch von Medien zitiert. Der Wechsel zur Viertagewoche habe seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter glücklicher und produktiver gemacht und ihre geistige und körperliche Gesundheit verbessert, schilderte der Geschäftsmann.

Barnes: „Chance auf Neustart“

Barnes zeigte sich laut der britischen Tageszeitung „Guardian“ überzeugt, dass sein Land als Konsequenz aus der Pandemie zu einer verkürzten Arbeitswoche wechseln könnte. „Es wäre tatsächlich eine Strategie, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln, insbesondere die schwer getroffene Tourismusbranche, die sich eben in Richtung heimische Klientel umorientiert“.

Barnes betonte, man müsse „all die Vorteile durch Homeoffice erhalten, inklusive einer saubereren Luft, des Fehlens von Staus“ und einer höheren Produktivität durch den Entfall des Pendelns. Gleichzeitig müsse man den Unternehmen helfen zu überleben. Für den Proponenten der Viertagewoche ist das jedenfalls „die Chance für einen umfassenden Neustart“. Barnes wirbt mittlerweile mit der Plattform „4 Day Week Global“ international für „sein“ Arbeitszeitmodell. Laut Barnes’ eigenen Angaben stieg trotz der verkürzten Arbeitszeit die Produktivität um sechs Prozent im ersten Jahr, in dem die neue Regelung in seiner Firma galt.

Menschen im Wartebereich des Flughafens Christchurch
AP/Mark Baker
Passagiere auf dem Flughafen von Christchurch. Am Donnerstag wird der „Lock-down“ weitgehend aufgehoben.

Konjunkturprogramm beschlossen

Neuseelands Tourismusbranche ist schwer von der Krise getroffen worden. Die Grenzen des Landes sind weiterhin geschlossen, während viele Neuseeländer ihren Gürtel enger schnallen. Die Regierung will die Wirtschaft des Landes mit Milliardeninvestitionen ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Sie verabschiedete zu diesem Zweck kürzlich ihren „Rebuilding Together“ genannten Haushalt im Volumen von 50 Milliarden Neuseeland-Dollar (27 Mrd. Euro). Der Fokus liege auf Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen und Ausbildung, hieß es.