Geparkte Flugzeuge der Lufthansa
AP/Michael Probst
AUA und Lufthansa

Bewegung bei Airline-Rettung

Die Rettung der schwer angeschlagenen Lufthansa und deren Tochter Austrian Airlines (AUA) ist am Mittwoch absehbarer geworden. In Deutschland zeichnete sich eine Einigung ab, die einen Einstieg des Staates bei der Lufthansa vorsieht. Bei der AUA wurde indes vorläufig ein Sparpaket beschlossen, über Staatshilfen wird am Wochenende weiterverhandelt.

Nach einer Sitzung des Aufsichtsrates teilte die AUA mit, dass die Kurzarbeit für die Belegschaft bis 2022 verlängert werden soll. Nach ihrer Rückkehr müssen die Mitarbeiter sozial gestaffelt auf fünf bis 15 Prozent ihres Gehaltes verzichten. Sollte die strauchelnde Fluggesellschaft bis 2024 finanziell wieder gut dastehen, könnten die Mitarbeiter mit einer Rückzahlung rechnen.

Von den derzeit rund 7.000 Stellen würden in den nächsten Jahren 1.100 wegfallen. Die Zahl der Flugzeuge solle sich wie bereits angekündigt von rund 80 auf 60 reduzieren. Derzeit geht die AUA davon aus, dass sie Mitte Juni wieder abheben wird. Der Linienflugbetrieb wurde am 18. März eingestellt, die AUA startete seither nur für Sonderflüge und Frachtflüge nach Asien. Die Flugpause gilt nun aktuell bis zum 14. Juni.

Deutschland stützt AUA-Mutter Lufthansa

Die Rettung der Airlines Lufthansa und AUA ist am Mittwoch ein großes Stück nähergerückt.

Erste Flüge sollen nach Deutschland gehen, in der Folge sollen dann Strecken wie London und Paris sowie nach Osteuropa die ersten sein, die hochgefahren werden könnten. Bei guten Signalen im Juni könnte es ab Hochsommer auch im Charter wieder zu ersten Urlaubszielen gehen, etwa nach Griechenland. Heuer dürfte die Nachfrage in Summe aber nur 25 bis 50 Prozent erreichen.

Teileinigung mit Personalvertretern

Mit den Personalvertretern des fliegenden Personals sei bereits eine Einigung erzielt worden, mit dem Bodenpersonal werde noch verhandelt, hieß es. „Mit der Einigung über das Personalpaket sind wir unserem Neustart ein wichtiges Stück nähergekommen“, sagte AUA-Vorstand Jens Ritter.

Geparktes Flugzeug der Lufthansa
APA/AFP/Christoph Stache
Der Flugverkehr steht seit Wochen weitgehend still

Neben den Personalkosteneinsparungen sollen auch eine 20-prozentige Kostensenkungen durch Nachlässe und Stundungen bei den wichtigsten Lieferanten und Partnern, darunter bei der Betankung oder Mieten, die AUA entlasten. Hier gibt es ebenfalls Vereinbarungen.

Zu den Verhandlungen über Staatshilfe von 767 Millionen Euro äußerte sich die AUA nicht. Es gebe „deutliche Verhandlungsfortschritte“, hieß es vonseiten des Konzerns lediglich. Für das Wochenende sind nach Aussage eines AUA-Sprechers weitere Gespräche zwischen dem Mutterkonzern Lufthansa und Österreich geplant. Mit der Regierung werde etwa über Standortauflagen verhandelt.

Finanzbedarf womöglich niedriger

Die Staatshilfe könnte womöglich aber auch niedriger ausfallen. Wie der „Kurier“ (Donnerstag-Ausgabe) berichtete, könnte der Bedarf der AUA von 767 Millionen auf 650 Millionen Euro sinken. Finanzvorstand Wolfgang Jani habe bei einer Videokonferenz mit dem Personal bestätigt, dass der Finanzbedarf niedriger sei, aber keinen Betrag genannt.

Rund 300 Millionen Euro sollen auf von der staatlichen Finanzierungsagentur COFAG garantierte Bankkredite entfallen, die bis 2026 laufen. Der Rest verteile sich je zur Hälfte auf eine Eigenkapitalspritze der Republik Österreich und einen Zuschuss der Lufthansa. Als Grund, warum die AUA nun weniger Unterstützung benötige, habe Jani den Neustart genannt, der früher als geplant beginnen könne.

Lufthansa bestätigt Gespräche

Die Regierung hatte bezüglich Staatshilfen Zugeständnisse von der AUA gefordert. Auch die Rettung der Lufthansa galt als Bedingung für Hilfen zugunsten der AUA. Für Bewegung dürften auch die Entwicklungen in Deutschland sorgen, wo derzeit noch über ein Lufthansa-Rettungspaket verhandelt wird.

Die Lufthansa bestätigte indes Gespräche mit Vertretern des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) über ein Konzept, um der Airline das Überleben zu sichern. Das nach Angaben des Konzerns noch nicht final vereinbarte Rettungspaket sehe Stabilisierungsmaßnahmen im Umfang von bis zu neun Milliarden Euro vor, davon drei Milliarden als KfW-Darlehen, teilte das Unternehmen in der Nacht auf Donnerstag mit.

Daneben werde der WSF eine Stille Einlage leisten. Hinzu komme eine direkte Beteiligung des Staates von 20 Prozent sowie eine Wandelanleihe im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie. Der Bund werde im Aufsichtsrat über zwei Mandate vertreten sein. Der WSF beabsichtige, die mit den Aktien verbundenen Stimmrechte insgesamt nur in Ausnahmefällen wie dem Schutz vor einer Übernahme auszuüben. Außerdem sollen zwei Sitze im Aufsichtsrat in Abstimmung mit der deutschen Bundesregierung besetzt werden, erklärte die Fluggesellschaft.

„Spiegel“ berichtete über Einigung

Der „Spiegel“ hatte zuerst berichtet, dass sich die deutsche Regierung auf dessen Modalitäten geeinigt hat. Demzufolge soll sich Deutschland mit 25 Prozent plus einer Aktie an der Lufthansa beteiligen und ihr darüber hinaus weiteres Kapital bereitstellen. Weiters sollen zwei Aufsichtsräte von der Regierung besetzt werden. Insgesamt soll sich die Beteiligung auf neun Milliarden Euro addieren.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel
AP/Fabrizio Bensch
Merkel sagte, eine Einigung stehe „in Kürze“ bevor

Das „Handelsblatt“ berichtete unterdessen am Mittwochabend, der Staat werde sich über ein dreistufiges Modell mit insgesamt neun Milliarden Euro an der Fluggesellschaft beteiligen. Zunächst solle die Liquidität mit einem Kredit der staatseigenen KfW-Bank über drei Milliarden Euro gesichert werden. Hinzu komme eine direkte Beteiligung des Staates von 20 Prozent sowie eine Wandelanleihe im Wert von fünf Prozent plus einer Aktie.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zuvor nur, man führe intensive Gespräche mit Lufthansa und der EU-Kommission. Eine Entscheidung sei in Kürze zu erwarten. Die Lufthansa dürfte dann einige Tage Zeit bekommen, um dem Ergebnis zuzustimmen. Die Lufthansa-Aktien befanden sich aber bereits nachbörslich im Aufwind.

Streit über Ausmaß

Bei der Lufthansa war in den vergangenen Wochen ein Streit über den Einstieg des deutschen Staates innerhalb der Regierung ausgebrochen. Es ging dabei um die Frage, wie viel Mitsprache der Staat künftig bei der Fluglinie haben sollte. Der Wirtschaftsflügel der Union, Verkehrsminister Andreas Scheuer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) wollten lediglich eine stille Beteiligung bei der Lufthansa ohne Aufsichtsratssitze.

Die SPD-Fraktion und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) drängten hingegen auf eine größere Mitbestimmung, etwa in Personalfragen oder bei auch ökologischen Maßgaben für den Konzern. Nun soll es eine Kompromisslösung auf höchster politischer Ebene gegeben haben.

Die Lufthansa und ihre Töchterunternehmen AUA und Brussels Airlines geraten wegen der Reiseverbote im Zuge der Coronavirus-Pandemie in immer größere Turbulenzen. Das Unternehmen verliert rund eine Million Euro pro Stunde, mehr als 90 Prozent der Flugzeugflotte stehen am Boden.