Ein Flugzeug der Laudamotion am Wiener Flughafen
ORF.at/Christian Öser
KV-Verhandlung geplatzt

Laudamotion schließt Basis in Wien

Die Billigfluglinie Ryanair setzt ihre Drohung in die Tat um. Mit 29. Mai wird die Basis in Wien geschlossen. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Laut „Standard“ wurden zudem 70 Mitarbeiter im Hauptquartier zur Kündigung angemeldet. Die Gewerkschaft hatte zuvor ein Ultimatum der Ryanair-Tochter verstreichen lassen – und dem neuen Kollektivvertrag nicht zugestimmt.

„Lauda bedauert zutiefst den Verlust von mehr als 300 Arbeitsplätzen für die A320-Besatzungen und die Schließung von Laudas A320-Basis in Wien am kommenden Freitag, den 29. Mai“, teilte Österreichs drittgrößte Luftfahrtgesellschaft am Freitagvormittag mit. „In beschämender Weise hat die Gewerkschaft VIDA die Wünsche von über 95 Prozent der Piloten und 70 Prozent der Kabinenbesatzung an Laudas A320-Basis in Wien ignoriert und über 300 gut bezahlte Arbeitsplätze vernichtet.“

Die Gewerkschaft ortete hingegen den „traurigen Höhepunkt einer Inszenierung von Ryanair“. „Für uns verstärkt sich immer mehr der Eindruck, den wir schon vor ein paar Monaten hatten, dass Ryanair nichts anderes im Sinn hatte, als die Basis in Wien zu schließen“, sagte Daniel Liebhart, Vorsitzender des Fachbereichs Luftfahrt in der Gewerkschaft vida, im Ö1-„Mittagsjournal“. Trotzdem betonte er die Verhandlungsbereitschaft der Gewerkschaft: „Unsere Hand ist weiterhin ausgestreckt“, so Liebharth.

Laudamotion erklärt Aus für endgültig

Laudamotion hielt dagegen, dass es der Gewerkschaft offenbar nie um einen Abschluss gegangen sei, es habe zahlreiche Gesprächsangebote gegeben, die nicht wahrgenommen worden seien. Es habe sich nie um taktische Spiele gehandelt, so Laudamotion-Chef David O’Brien gegenüber der APA. Das Aus für die Wiener Basis ist laut der Fluglinie nun endgültig. Daran ließen O’Brien und der zweite Geschäftsführer Andreas Gruber am Freitag keinen Zweifel. Es werde nicht mehr verhandelt. Appelle, wie sie etwa der Flughafen Wien noch am Freitag vorgebracht hatten, blieben ungehört.

Im Streit über den neuen Kollektivvertrag hatte die Gewerkschaft zuvor erklärt, man werde sich „nicht erpressen lassen und keinen KV unterzeichnen, der mit 848 Euro Netto-Einstiegsgehalt für FlugbegleiterInnen klar unter der Mindestsicherung in Wien (917 Euro) und noch deutlicher unter der aktuellen Armutsgefährdungsschwelle 2019 von 1.259 Euro im Monat für eine Person liegt“. Die Gewerkschaft bezeichnete die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Ryanair als „die Totengräber von Löhnen, von denen man leben kann“. Die WKÖ hatte sich für eine Unterzeichnung des neuen Tarifvertrags ausgesprochen.

Kritik an Regierung

Laudamotion bedauerte am Freitag zugleich die Untätigkeit der österreichischen Regierung. Die Fluglinie bezog sich darauf, dass der AUA sehr wohl geholfen werden soll. Noch am Donnerstag hatte Laudamotion sich mit einem ungewöhnlichen Ansinnen an die Regierung gewandt: Die Fluglinie hatte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aufgefordert, von der Gewerkschaft die Unterzeichnung des adaptierten Lauda-Kollektivvertrags zu verlangen. „Die Unterzeichnung des Kollektivvertrages durch die vida muss zur Bedingung der staatlichen Beihilfe der Austrian Airlines gemacht werden“, so Laudamotion in einer Pressemitteilung.

Blümel sieht sich nicht zuständig

Am Freitag heißt es von Blümel am Rande einer Pressekonferenz, Kollektivvertragsverhandlungen seien Aufgabe der Sozialpartner und nicht der Regierung. Er habe sich in die Kollektivvertragsverhandlungen nicht eingemischt. Es wäre gut, „wenn beide Seiten einen Schritt aufeinander zugehen“, so Blümel. Hilfsmaßnahmen wie Garantien oder Fixkostenzuschüsse würden allen zustehen, die die Antragsberechtigungen erfüllen. Ob das bei der Laudamotion der Fall sei, habe er sich aber nicht angeschaut.

Infrastrukturministerin Leonore Gewessler (Grüne) warnte auf der gleichen Presskonferenz vor Sozialdumping. „Wir haben am Standort Wien durchaus ein Problem mit der Frage von Sozialdumping, teilweise sehr schlechten Arbeitsbedingungen“, sagte sie. Die Zukunft des Luftverkehrs müsse nicht nur klimafreundlich sein. Es gehe auch um faire und gute Arbeitsbedingungen. Auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit „Dumpinglöhnen“ zu agieren und sich auf Kosten der Umwelt einen Gewinn zu sichern, das könne nicht die Zukunft sein, betonte sie. „Da haben wir umfassenden Handlungsbedarf in der Branche.“

Angesprochen auf die vom ehemaligen FPÖ-Infrastrukturminister Norbert Hofer gepriesene „österreichische Lösung“ bei der Fluglinie sagte Gewessler, „die viel besungene österreichische Lösung war ja mit dem Einstieg der Ryanair nicht ganz eine österreichische Lösung“. Daher solle man bei staatlichen Lösungen darauf schauen, dass man sich solche Zusagen auch rechtssicher absichern lasse.

SPÖ: Alles tun, um Beschäftigten zu helfen

Die Rettung der Fuglinie vor zwei Jahren führte am Freitag auch SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger ins Feld. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der damalige FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer hätten es sich damals auf die Fahnen geheftet, dass Lauda Air eine österreichische Fluglinie bleibe. „Wo die Entscheidungen über den Standort fallen, hat sich jetzt gezeigt, ganz offensichtlich war das nicht in Österreich“, so Stöger in einer Aussendung. Nun müsse alles getan werden, um den Beschäftigten von Laudamotion zu helfen.

Verhärtete Fronten nicht mehr aufzulösen

Ein zentrales Element des Streits ist die Bezahlung. Laut Aussendung von Ryanair würden am unteren Ende „junior cabin crew“ auf ein „durchschnittliches Jahreseinkommen“ von 24.450 Euro kommen – das wären 14-mal 1.750 Euro brutto. Erfahrene Piloten hätten 133.380 Euro im Jahr, also rund 9.500 Euro brutto im Monat. Die Gewerkschaft verweist hingegen darauf, dass es für Flugbegleiter nur 1.000 Euro fixes monatliches Grundgehalt gebe, das entspreche knapp 850 Euro netto. Da seien schon Nacht-, Wochenend-, Feiertags- und Überstundenpauschale enthalten.

Die Differenz zwischen den Angaben der Fluglinie und den Zahlen der Gewerkschaft ergibt sich aus den Zulagen, die im normalen Flugbetrieb hinzukommen. Wenn Flüge ausfallen, bliebe aber auch deren Auszahlung aus. Das unternehmerische Risiko liege damit beim Arbeitnehmer, so die Gewerkschaft. Dazu komme, dass Mitarbeiter weniger freie Tage bekommen, wenn sie sich fluguntauglich melden, unbezahlten Urlaub nehmen müssen, wenn keine hohe Betriebsauslastung besteht und auch an freien Tagen zu Diensten eingeteilt werden können. Wer wegen Fehlzeiten ausfalle, könne zu einem Dienstplanmodell mit weniger freien Tagen zugewiesen werden, womit die Fehlzeiten eingearbeitet würden.

Die Fluglinie hielt noch am Donnerstag dagegen, dass der neue Vertrag bereits von 95 Prozent der in Wien stationierten A-320-Piloten akzeptiert worden sei. Auch 70 Prozent des Kabinenpersonals habe dem neuen Vertrag bereits zugestimmt.

Wien-Flüge durch Ryanair

Die Laudamotion-Mutter Ryanair wird Wien jedenfalls auch zukünftig anfliegen – wenn auch mit Flugzeugen anderer Tochterfirmen. Die Start- und Landerechte von Laudamotion wurden bereits an Ryanair übertragen. In den kommenden Tagen wird der Mutterkonzern ein neues Flugprogramm für die Wien-Strecken fixieren, sagten die Laudamotion-Geschäftsführer. Ryanair wird den wegen der Coronavirus-Pandemie eingestellten Flugverkehr ab 1. Juli wieder aufnehmen, auch den Verkehr nach Wien.

Laudamotion hatte vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie für den heurigen Sommer mehr als 80 Routen ab Wien eingeplant. Nun werden es via Ryanair deutlich weniger sein. Ob im Zuge dessen weitere Mitarbeiter in Österreich abgebaut werden, werde man sich natürlich auch anschauen, hieß es heute auf Anfrage. Alle Teile des Geschäfts stünden unter Beobachtung, sagte O’Brien.

Insgesamt beschäftigt Laudamotion zur Zeit rund 1.000 Menschen. 300 davon sind Pilotinnen und Piloten sowie das Kabinenpersonal der Basis Wien, die nun beim AMS angemeldet werden. Im Hauptquartier sind 70 Leute beschäftigt. Etwa 300 Mitarbeiter sind über die österreichische Zweigniederlassung der Leiharbeitsfirma Crewlink Ireland im Dienst.