Hydroxychloroquin-Tabletten
AP/John Locher
Von Trump beworben

WHO stoppt Test mit Hydroxychloroquin

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat klinische Tests des Malariamittels Hydroxychloroquin zur Behandlung von Coronavirus-Infektionen wegen Sicherheitsbedenken ausgesetzt.

Die Tests in mehreren Ländern seien „vorübergehend“ eingestellt worden, während die Sicherheit des Medikaments überprüft werde, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Montag. Die Entscheidung sei aufgrund einer Studie gefallen, die besagt, dass eine Behandlung mit Hydroxychloroquin möglicherweise die Sterblichkeitsrate erhöht. In Brasilien will die Regierung dennoch das Mittel weiterhin empfehlen.

Ein Forschungsteam der Harvard Medical School in Boston und des Universitätsspitals Zürich hatte für die vergangene Woche in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichte Studie die Daten von 96.000 Patientinnen und Patienten in Hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet.

Medikament Hydroxychloroquin
APA/AFP/George Frey
Hydroxychloroquin ist als Mittel gegen Malaria zugelassen

Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass Hydroxychloroquin und Chloroquin keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten zeigen. Vielmehr weisen die Daten nach ihren Angaben auf ein erhöhtes Sterberisiko hin. Die Mittel könnten schwere Nebenwirkungen verursachen, vor allem Herzrhythmusstörungen.

Andere Medikamente werden weiter getestet

Die beiden Medikamente seien aber allgemein „als sicher in der Anwendung bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen oder Malaria anerkannt“, sagte Tedros. Die WHO hatte Hydroxychloroquin und Chloroquin ebenso wie andere Medikamente in einer Studie mit dem Namen „Solidarity“ (Solidarität) getestet. Die anderen klinischen Tests von „Solidarity“ würden fortgesetzt, sagte Tedros.

Trump rührt Werbetrommel dafür

Hydroxychloroquin und der verwandte Wirkstoff Chloroquin werden seit Langem als Mittel gegen Malaria eingesetzt. Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Patienten mit der vom neuartigen Coronavirus ausgelösten Atemwegskrankheit Covid-19 ist hingegen nicht erst seit der Studie in „The Lancet“ umstritten.

Dennoch priesen die Regierungen mehrerer Länder in den vergangenen Wochen und Monaten Hydroxychloroquin als Mittel gegen das Coronavirus an. US-Präsident Donald Trump machte Werbung für das Medikament und teilte mit, er nehme es zur Vorbeugung gegen das Coronavirus ein. Am Sonntag sagte Trump dann allerdings in einem Interview, er habe die Einnahme von Hydroxychloroquin inzwischen beendet. Auch Brasiliens Regierung empfahl kürzlich die Wirkstoffe offiziell zur Behandlung selbst leichter und mittelschwerer Fälle der Lungenkrankheit.

WHO warnt erneut vor zu raschen Lockerungen

Angesichts der Lockerung der Coronavirus-Beschränkungen in vielen Ländern warnten die WHO-Experten am Montag zudem vor einer erneuten Steigerung der Infektionszahlen. Sie riefen die Länder dazu auf, Abstandsregeln beizubehalten und die Testkapazitäten auszuweiten.

US-Präsident Donald Trump
Reuters/Leah Millis
Trump greift seit Wochen die WHO an und wirft ihr Nachgiebigkeit gegenüber China vor.

„Alle Länder müssen in höchster Alarmbereitschaft bleiben“, sagte die WHO-Expertin Maria Van Kerkhove. Das gelte auch für Länder, in denen die Fallzahlen zurückgehen. Studien zu Antikörpertests deuteten darauf hin, dass „ein großer Teil der Bevölkerung“ weiterhin anfällig für das Virus sei. „Das Virus wird die Gelegenheit, sich wieder auszubreiten, nutzen, wenn es kann“, sagte Van Kerkhove.

Experte: Jahreszeit kein Grund für Rückgang

Ihr Kollege Michael Ryan warnte vor der Annahme, dass die Infektionszahlen jahreszeitenbedingt zurückgehen. Der Grund für die sinkenden Zahlen seien vielmehr die verhängten drastischen Maßnahmen. Zu glauben, dass die nächste Welle „irgendwann im Oktober oder November“ drohe, sei „eine gefährliche Annahme“, sagte Ryan.