Start der Falcon-9-Rakete des Unternehmens SpaceX
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„Geschichte geschrieben“

SpaceX-Rakete hebt bei zweitem Anlauf ab

Beim zweiten Anlauf hat es funktioniert. Am Samstag um 15.22 Ortszeit (21.22 Uhr MESZ) hob die SpaceX-Rakete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida ab. Es ist das erste Mal seit neun Jahren, dass in den USA eine bemannte Rakete startete – in Kooperation mit einem privaten Unternehmen im Auftrag der US-Weltraumbehörde (NASA).

„Wir sind abgehoben. Geschichte ist geschrieben worden“, twitterte die NASA kurz nach dem Start. Sogar US-Präsident Donald Trump war extra angereist, um den Start in Florida mit zu erleben. „Es ist unglaublich“, so Trump. Der Start verlief ohne Zwischenfall: Die erste Raketenstufe löste sich wie geplant von der Falcon-9-Rakete. Wenig später teilte das Unternehmen mit, die Raumkapsel „Dragon Crew“ mit den beiden Astronauten sei auf der richtigen Umlaufbahn.

Die erste Raketenstufe landete bereits auf einem Schiff im Atlantik. Die Landung und Wiederverwendung von Raketenstufen und Raumkapseln ist ein wichtiger Teil der Strategie von SpaceX. Schon mehrfach gelangen Landungen von Raketenstufen auf Schiffen sowie auf Land.

US-Präsident Donald Trump
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Trump verfolgte den Start der Rakete in Florida

Einen Tag Reise, einen Monat auf der ISS

Der bereits für Mittwoch geplante Start musste aber wegen schlechter Wetterbedingungen abgebrochen werden – eine Viertelstunde vor dem geplanten Abheben. Auch am Samstag gab es aufgrund von Gewitterwarnungen nur eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass der Start tatsächlich stattfinden könnte.

Der Flug der SpaceX ist der letzte Flugtest für den von Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX entwickelten „Crew Dragon“. Bisher hatten Musks Raketen nur Fracht transportiert. Die erfahrenen US-Astronauten Robert Behnken und Douglas Hurley fliegen nun mit einer „Falcon 9“-Rakete in einer „Crew Dragon“-Raumkapsel zur Internationalen Raumstation (ISS). Bereits nach einem Tag sollen sie dort andocken und einen Monat auf der ISS verbringen.

Die Astronauten Douglas Hurley und Robert Behnken
AP/John Raoux
Die beiden erfahrenen US-Astronauten vor dem Start zur ISS

NASA löst sich aus Abhängigkeit von Russland

Für die NASA ist es nach neun Jahren wieder eine Premiere, ihre Astronauten selbst zur ISS bringen zu können. Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronauten mit der Raumfähre „Atlantis“ zur ISS geflogen. Danach stellte die NASA ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengründen und nach zwei Unglücken ein und machte sich für ISS-Flüge von Russland abhängig – für 80 Millionen Euro pro Flug in einer russischen Sojus-Kapsel.

Die NASA beauftragte zwei private Unternehmen – SpaceX und den US-Luftfahrtriesen Boeing – mit dem Bau von Raumfähren. Eigentlich waren eigene Flüge aus den USA zur ISS von der NASA schon für 2017 angekündigt gewesen – im Zuge technischer Probleme, Finanzierungsschwierigkeiten und Umstrukturierungen nach der Wahl von US-Präsident Trump wurde das Projekt aber immer weiter aufgeschoben.

SpaceX deutlich vor Boeing

Seit 2011 zahlte die NASA an SpaceX dafür drei Milliarden Dollar – und neun Jahre später ist das Unternehmen von Tesla- und PayPal-Gründer Musk nun bereit. Damit brauchte es zwar fünf Jahre länger als geplant, liegt aber deutlich vor Boeing. Ein erster Testflug von Boeings Starliner scheiterte an schwerwiegenden Softwareproblemen und muss daher wiederholt werden.

SpaceX habe „eine echte Erfolgsstory“ geschrieben, sagt Scott Hubbard, der früher ein NASA-Forschungszentrum leitete und heute an der Eliteuniversität Stanford lehrt. Zu Beginn sei dem jungen Unternehmen „enorme Skepsis“ entgegengeschlagen. Manager von Platzhirschen wie Boeing und Lockheed hätten ihm gesagt, dass die Leute von SpaceX doch nicht wüssten, was sie tun, so Hubbard, der selbst in einem Aufsichtsgremium von SpaceX sitzt.

„Herkulische Aufgabe“

Für Musk ist die Realisierung dieser privaten Raumfahrt ein wichtiger Meilenstein. Er hätte sich nie träumen lassen, dass dieser Tag wirklich kommen würde: „Das ist das Ergebnis davon, dass 100.000 Menschen unglaublich hart gearbeitet haben.“ NASA-Chef Jim Bridenstine bezeichnete das Projekt als „herkulische Aufgabe“: „Aber SpaceX kann Sachen tun, die die NASA in ihrer Geschichte noch nicht gemacht hat.“

Das US-Unternehmen wurde 2002 von dem PayPal- und Tesla-Mitbegründer Elon Musk gegründet. 100 Millionen Dollar investierte der damals 31-Jährige in die Firma. Sechs Jahre später schaffte es SpaceX als erstes Privatunternehmen nach mehreren gescheiterten Startversuchen in den Jahren zuvor, eine Rakete in die Erdumlaufbahn zu bringen. Noch im selben Jahr schloss das Unternehmen bereits einen Vertrag mit der NASA über die ersten Transportflüge zur ISS. Der erste ging 2012 über die Bühne.

2015 verlor Musk nach einer Explosion kurz nach dem Start eine Falcon-9-Rakete. Am Wachstum wurde das Unternehmen dadurch nicht gehindert. Inzwischen zählt es rund 8.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Und Musk hat weiter hochtrabende Pläne. Er macht sich Hoffnungen auf eine wichtige Rolle bei der Rückkehr von US-Astronauten auf den Mond. Als Zukunftsvision schwebt Musk ein Raumschiff auf dem Weg zum Mars vor.

Startschuss unter Obama

Das Programm für bemannte NASA-Missionen mit Raumfähren kommerzieller Unternehmen hatte unter Trumps Vorgänger Barack Obama begonnen. Trump sieht in dem nun erhofften Erfolg aber eine Bestätigung seines Vorhabens, die US-Vorherrschaft im All zurückzuerlangen. So hat er angeordnet, dass spätestens 2024 wieder Astronauten zum Mond fliegen sollen. Diese Zielvorgabe erscheint zwar unrealistisch, hat der US-Raumfahrt aber Schub gegeben.

Die Astronauten Doug Hurley und Bob Behnken winken ihren Familien
Reuters/Joe Skipper
Vor dem ersten Startversuch am Mittwoch durften die Astronauten Douglas Hurley und Robert Behnken ihre Familien begrüßen

Seit dem Bau der ISS waren zwei Jahrzehnte lang US-Raumfähren und russische Raketen zu der gemeinsamen Raumstation geflogen. Die Spaceshuttles waren allerdings riesig, extrem kompliziert konstruiert und entsprechend teuer. Für insgesamt 135 Flüge gaben die USA rund 200 Milliarden Dollar (183 Mrd. Euro) aus.

Vor allem aber gab es zwei tödliche Unglücke – mit der „Challenger“, die am 28. Jänner 1986 kurz nach dem weltweit live übertragenen Start explodierte, die gesamte Besatzung – zwei Frauen und fünf Männer – kam dabei ums Leben. Und am 1. Februar 2003 brach das Spaceshuttle „Columbia“ bei der Rückkehr etwa 61 Kilometer über der Erdoberfläche bei 19.900 km/h Geschwindigkeit auseinander. Die siebenköpfige Besatzung starb. Ursache war ein Loch im Hitzeschild. Dieses war durch einen beim Start abgerissenen Schaumstoffteil verursacht worden.