Der Hongkonger Parlamentsabgeordnete Ted Hui Chi-fung umringt von Sicherheitsbeamten
AP
Chinesische Nationalhymne

Tumulte in Hongkongs Parlament

Im Hongkonger Parlament ist es während der Beratung über ein umstrittenes Gesetz gegen den Missbrauch der chinesischen Nationalhymne zu tumultartigen Szenen gekommen. Wie die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ berichtete, mussten Polizei und Feuerwehr am Donnerstag anrücken, nachdem ein Abgeordneter des Demokratielagers versucht hatte, einen Behälter mit fauligen Pflanzen auf den Sitz der Parlamentsvorsitzenden zu werfen.

Der Abgeordnete Ted Hui Chi-fung wurde von Sicherheitskräften aus dem Saal gebracht. Während der hitzigen Debatte waren schon vor ihm zwei Abgeordnete seines Lagers aufgefordert worden, die Sitzung zu verlassen. Bei dem Gesetz, das seit Mittwoch vom Hongkonger Parlament in der zweiten Lesung besprochen wurde, geht es darum, einen Missbrauch der chinesischen Nationalhymne unter Strafe zu stellen.

Der Gesetzesentwurf, der bereits im vergangenen Jahr vorgelegt wurde, sieht vor, dass Beleidigungen oder der Einsatz der Hymne „Marsch der Freiwilligen“ für kommerzielle Zwecke künftig mit bis zu drei Jahren Haft und einer Geldstrafe von 50.000 Hongkong-Dollar (etwa 5.600 Euro) geahndet werden können.

Feuerwehrleute mit Gasmasken durchsuchen das Hongkonger Parlament
AP/Vincent Yu
Feuerwehrleute mussten im Parlament einrücken

Peking umgeht Parlament bei Sicherheitsgesetz

Ungeachtet heftiger internationaler Kritik hat Chinas Volkskongress am Donnerstag zudem die Pläne für ein umstrittenes Sicherheitsgesetz in Hongkong gebilligt – mit einer Gegenstimme und sechs Enthaltungen. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Abgeordneten den Ständigen Ausschuss des Parlaments, das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Chinas Sonderverwaltungsregion zu erlassen.

Umstrittenes Gesetz löst Tumult aus

Ein Gesetz in Hongkongs Parlament, dass die chinesische Nationalhymne unter Schutz stellen soll, hat für erhebliche Aufregung gesorgt.

Das Gesetz umgeht Hongkongs Parlament und richtet sich gegen Aktivitäten, die als subversiv oder separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Das Vorhaben wäre der bisher weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie, wo es über Monate starke chinakritische Demonstrationen gab. Mit dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ war den sieben Millionen Hongkongern bei der Rückgabe 1997 an China versprochen worden, dass ihre Rechte und Freiheiten für 50 Jahre unangetastet bleiben würden.

Chinas Ministerpräsident Li Keqiang verteidigte das Sicherheitsgesetz. Nach Abschluss der Jahrestagung des Volkskongresses sagte der Premier am Donnerstag vor der Presse, es diene der „beständigen Umsetzung“ des Grundsatzes „ein Land, zwei Systeme“, nach dem die chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert wird. Das Gesetz werde „langfristig Stabilität und Wohlstand“ in Hongkong sichern, so Li. Seine Äußerungen zu Hongkong fielen auffällig kurz und vage aus.

USA drohen mit Sanktionen

Die Pläne stoßen international auf starke Kritik. Die USA erwägen sogar Sanktionen. So hält die US-Regierung den vorteilhaften Sonderstatus für Hongkong wegen der zunehmenden Einmischung Chinas in der eigentlich autonomen Metropole nicht mehr für gerechtfertigt, wie US-Außenminister Mike Pompeo berichtete. Für Hongkongs Firmen und Bürger steht dabei viel auf dem Spiel – von höheren Zöllen bis zur Visavergabe für Reisen in die USA. Auch die Bedeutung des auch für China wichtigen Finanzstandortes könnte in Gefahr geraten.

Das Pekinger Gesetz wendet sich auch gegen ausländische Einmischung. Zur Durchsetzung sollen „wenn nötig“ sogar chinesische Sicherheitsorgane in Hongkong eingesetzt werden. Die prodemokratischen Kräfte befürchten, dass sie zum Ziel des Gesetzes werden. Die asiatische Wirtschaftsmetropole erlebt seit vergangenem Sommer Demonstrationen gegen die von Peking eingesetzte Regierung, Polizeibrutalität bei den Protesten und den wachsenden Einfluss der kommunistischen Führung.

Wong wendet sich an EU

Der bekannte Aktivist der Hongkong-Demokratiebewegung, Joshua Wong, forderte angesichts des umstrittenen geplanten Sicherheitsgesetzes: „Die EU soll Sanktionen gegen China verhängen.“ Die EU sei einer der wichtigsten Förderer der Demokratie weltweit, sagte Wong dem „Standard“ (Donnerstag-Ausgabe). „Anders als die USA ist die EU Chinas größtes Exportziel.“

Das Gesetz „wird der chinesischen Regierung weit größere Zugriffsmöglichkeiten auf Menschen und Organisationen in Hongkong erlauben“, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut MERICS in Berlin. Es gebe die „berechtigte Angst“, dass Meinungs- und Pressefreiheit, Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft, aber auch internationaler Austausch stark eingeschränkt werden.