Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
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Parteifreunde laufen davon

Macron in CoV-Krise schwer unter Druck

Auf europäischer Ebene setzt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron große Initiativen. In der Heimat hat sein Image als Macher hingegen schwere Kratzer erlitten. Vor allem das Krisenmanagement seiner Regierung steht in der Kritik. Auch Macrons Abgeordnete laufen ihm davon: Zuletzt kam es zu zwei Abspaltungen – kurz vor der zweiten Runde der Kommunalwahlen.

Nach Pfingsten beginnt in Frankreich die nächste Phase bei der Lockerung der Pandemiemaßnahmen. Dann dürfen wieder Restaurants und Cafes öffnen, auch Parks dürfen wieder besucht werden. Begleitet werden die Lockerungen von der neuen Warn-App „StopCovid“. Sie hatte kürzlich im Parlament grünes Licht erhalten und soll nun von einer möglichst großen Zahl freiwilliger Nutzer heruntergeladen werden.

Frankreich wurde schwer getroffen von der Pandemie, mehr als 28.700 Menschen starben. Die Wut der Franzosen richtet sich zum großen Teil gegen die Regierung: Zum chronisch kaputt gesparten Gesundheitswesen kamen noch ein Mangel an Tests, Fehlinformationen zu Gesichtsmasken und ein Zickzackkurs bei der Öffnung von Schulen. Die Coronavirus-Pandemie ließ nach den langen „Gelbwesten“-Protesten das Vertrauen in Macron noch weiter schwinden.

Wenige Tests, wenige Betten

Die Regierung hatte für Frankreich einen sechswöchigen „Lock-down“ verfügt. Die Todeszahlen kletterten dennoch weiter nach oben, während etwa Nachbar Deutschland weit weniger Tote zu beklagen hatte. Frankreich hatte zu Beginn der Krise nur wenige Tests zur Verfügung. Auch die Zahl der Intensivbetten lag in Frankreich laut AFP anfangs bei 6.000, in Deutschland dagegen bei 28.000. Unter den Vorgängerregierungen wurden zudem massenweise abgelaufene Masken vernichtet. All das trieb Unternehmer, Ärztinnen und Pfleger auf die Straßen, um gegen die Regierung und ihre Maßnahmen zu protestieren.

Demonstration in Paris
Reuters/Ludovic Marin
Das Gesundheitspersonal in Frankreich protestiert für Reformen und Ressourcen

Macrons Regierung sagte als Reaktion einen „weitreichenden Hilfsplan“ für öffentliche Krankenhäuser zu. Macron hatte auch „Fehler“ bei der Gesundheitsreform eingeräumt und eine „Coronavirus-Prämie“ für das Gesundheitspersonal versprochen. Die Kritik an Macron riss dennoch nicht ab. Die vormals regierenden Sozialisten sprachen gar von „Russischem Roulette“ mit der Bevölkerung.

Abspaltungen kosten absolute Mehrheit

Zudem kündigten am Dienstag – schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche – Abgeordnete von Macrons Partei La Republique en Marche (LREM) an, eine eigene Fraktion zu gründen. Durch die neue Gruppe Agir Ensemble verliert die Fraktion des Präsidenten sieben Mitglieder. Zuvor hatte sich bereits einer Gruppe abgespalten und sich einer neuen sozial-ökologischen Fraktion angeschlossen. Damit hatte Macrons Partei ihre absolute Mehrheit verloren.

Laut einer Odoxa-Umfrage halten nur noch 35 Prozent Macron für einen „guten Präsidenten“ – sieben Prozent weniger als vor einem Monat. Die erste Runde der Kommunalwahlen Mitte März hatte LREM eine schwere Niederlage beschert, die Wahl war begleitet von einer historisch schwachen Beteiligung. Macron hatte drei Tage vor der Wahl ein Versammlungsverbot sowie die Schließung von Kindergärten, Schulen und Universitäten angekündigt. Am Vorabend der Wahl erklärte Premier Edouard Philippe auch die Schließung von Restaurants und Cafes im ganzen Land. Die Kommunalwahlen wurden aber durchgeführt – unter starker Kritik. Der nächste Stimmungstest wird die zweite Runde am 28. Juni.

Wirtschaft bricht ein

Macron gab offenherzig zu, dass es für ihn, die Partei und auch Frankreich nicht so weitergehen könne. In einer Fernsehansprache Mitte April rief er die Franzosen dazu auf, sich „neu zu erfinden“. Das gelte „zuallererst für mich selbst“, so Macron. „Der Präsident steht zudem an einem Wendepunkt seiner Amtszeit“, urteilte die „Neue Zürcher Zeitung“. Alle Reformen, darunter auch die hoch umstrittene Pensionsreform, liegen auf Eis.

Der französischen Wirtschaft droht wegen der Pandemie ein historischer Konjunktureinbruch, rund ein Fünftel für das laufende Quartal. Seit Wochen häufen sich die Spekulationen, Macron wolle sich von Premier Philippe trennen. Ungemach kommt für Macron auch von der Straße: Die „Gelbwesten“, durch die Ausgangsbeschränkungen zeitweise zum Schweigen gebracht, marschierten bereits wieder.