Demonstrierende Menschen in Minneapolis
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Minneapolis

Twitter: Trump-Tweet verherrlicht Gewalt

US-Präsident Donald Trump hat nach Ausschreitungen wegen des Todes des Schwarzen George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis mit Folgen gedroht. Er habe bereits mit Gouverneur Tim Walz gesprochen und diesem versichert, dass die Nationalgarde einsatzbereit sei. „Wenn die Plünderungen losgehen, geht auch das Schießen los“, twitterte Trump. Twitter stufte den Tweet daraufhin als gewaltverherrlichend ein.

„Dieser Tweet verstößt gegen die Twitter-Regeln zur Gewaltverherrlichung“, stand am Freitag an der Stelle eines Tweets, in dem Trump den Demonstranten gedroht hatte, die Nationalgarde würde auf sie schießen, wenn sie plündern. „Twitter hat jedoch beschlossen, dass möglicherweise ein öffentliches Interesse daran besteht, diesen Tweet zugänglich zu lassen“, fügte das Unternehmen hinzu. Durch einen Klick ließ sich der Tweet daher wieder anzeigen. Twitter-CEO Jack Dorsey sei zuvor informiert worden, dass Trumps Tweet mit einem Hinweis versehen werden sollte, so eine Sprecherin.

„Diese Schläger entehren George Floyd, und das werde ich nicht zulassen“, schrieb Trump in dem beanstandeten Tweet zudem. Als Reaktion auf den Warnhinweis schrieb der US-Präsident später: „Twitter tut nichts gegen die ganzen Lügen & Propaganda, die China und die linksradikalen Demokraten verbreiten.“ Der Kongress solle die „Section 230“ widerrufen, bis dahin würde diese reguliert werden. Gemäß der Klausel aus einem Gesetz von 1996 werden Onlinedienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte haftbar gemacht. Zugleich gibt sie den Plattformen weitreichende Freiheit, gegen Inhalte oder Nutzer vorzugehen.

Trumps Feldzug gegen Twitter

Zwischen Trump und Twitter war es zuvor bereits zu einem heftigen Streit gekommen, nachdem der Onlinedienst erstmals zwei Botschaften des Präsidenten als irreführend gekennzeichnet hatte. Trump unterzeichnete daraufhin am Donnerstag ein Dekret, um Onlinenetzwerke wie Twitter und Facebook in den USA stärker zu kontrollieren. Twitter wurde jahrelang vorgeworfen, bei aggressiven Tweets Trumps ein Auge zuzudrücken, während der Dienst bei gewöhnlichen Nutzern strengere Maßstäbe ansetze.

Twitter-Tweet von US-Präsident Donald Trump
APA/AFP/Olivier Morin
„Diese Schläger entehren George Floyd, und das werde ich nicht zulassen“, schrieb Trump. Er habe bereits mit Gouverneur Walz gesprochen und diesem versichert, dass das Militär einsatzbereit sei. „Wenn die Plünderungen losgehen, geht auch das Schießen los.“

Der Afroamerikaner Floyd (46) kam ums Leben, nachdem ein weißer Polizist sein Knie mehrere Minuten lang auf Floyds Hals drückte – ein Video des Vorfalls war der Auslöser für die Wut der Demonstranten. Floyd flehte wiederholt um Hilfe, bevor er das Bewusstsein verlor und kurz danach in einem nahen Krankenhaus verstarb. Die insgesamt vier involvierten Polizisten wurden entlassen, einer von ihnen festgenommen. Dieser ist auf einem Handyvideo zu sehen, wie er mehr als fünf Minuten lang auf Floyds Genick kniete, obwohl dieser stöhnte: „Ich kann nicht atmen.“

CNN-Reporter während Liveberichts festgenommen

In der Großstadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota kam es in der Nacht auf Freitag (Ortszeit) erneut zu Ausschreitungen, die durch den Tod Floyds ausgelöst wurden. Demonstranten drangen in eine Polizeistation ein, wie örtliche Medien berichteten. Auf Fernsehbildern waren auch Feuer zu sehen. Bei den Protesten wurde zwischenzeitlich auch ein Team von Journalisten des Nachrichtensenders CNN während einer Liveübertragung festgenommen. Polizisten nahmen erst den schwarzen Korrespondenten Oscar Jimenez fest, dann seine Kollegen.

In der Liveaufnahme war zu sehen, wie Jimenez die heranrückende Polizei wiederholt fragte, ob das Team seinen Standort ändern solle. Kurz darauf wurde er ohne Angabe von Gründen festgenommen, dann auch sein Team. „Wir sind alle von CNN“, sagte jemand zu den Polizisten. CNN forderte in einer Stellungnahme die sofortige Freilassung des Teams. Auf der Webseite des Senders hieß es weiter, ein weißer CNN-Kollege, Josh Campbell, der sich mit einem anderen Team in dem Gebiet befand, sei von der Polizei respektvoll behandelt und nicht festgenommen worden.

Trump warf dem Bürgermeister der Stadt „völlige Führungslosigkeit“ vor. „Entweder kriegt der sehr schwache Bürgermeister der radikalen Linken, Jacob Frey, die Kurve und bringt die Stadt unter Kontrolle, oder ich schicke die Nationalgarde rein und erledige den Job richtig.“ Dieser wies die Kritik zurück. „Schwäche ist es, in einer Krise mit dem Finger auf jemand anderen zu zeigen. Donald J. Trump weiß nichts über die Stärke von Minneapolis. Wir sind verdammt stark“, sagte Frey, der Mitglied einer den Demokraten nahestehenden Partei ist. „Sie können sich verdammt sicher sein, dass wir das durchstehen werden.“

Polizisten in Minneapolis
APA/AFP/Getty Images/Scott Olson
In der Großstadt Minneapolis im Bundesstaat Minnesota kam es erneut zu Ausschreitungen

Nationalgarde mobilisiert

Gouverneur Walz hatte am Donnerstag die Nationalgarde mobilisiert und einen Notstand für Minneapolis und umliegende Gebiete ausgerufen. Mehr als 500 Soldaten seien in die Region Minneapolis entsandt worden, teilte Minnesotas Nationalgarde mit. Ihre Aufgabe sei es, Leben und Eigentum zu schützen sowie friedliche Demonstrationen zu gewährleisten. Die Nationalgarde zählt zur Reserve der US-Armee und untersteht in Friedenszeiten der Führung eines Bundesstaats. In nationalen Notfällen kann der Präsident jedoch die Nationalgarde mobilisieren.

Friedliche Demonstranten vor Polizisten in Minneapolis
AP/David Zalubowski
Tausende protestierten friedlich gegen die Polizeigewalt

Die Bundespolizei FBI und die örtliche Staatsanwaltschaft erklärten am Donnerstag in einer gemeinsamen Stellungnahme, den Ermittlungen und einer möglichen Anklage werde „höchste Priorität“ gegeben.

Zunächst friedliche Proteste eskalierten

In der Anordnung von Walz hieß es, die Bürgermeister der benachbarten Städte Minneapolis und St. Paul hätten nach den Ausschreitungen um die Mobilisierung gebeten, um Sicherheit zu gewährleisten. Bei friedlichen Protesten hatten zuvor viele Gerechtigkeit für Floyd und eine Verurteilung der involvierten Polizisten gefordert.

Lokale Medien berichteten allerdings auch, einige Demonstranten hätten Feuer in Geschäften gelegt. Auf Fernsehbildern waren Plünderungen zu sehen. Die Polizei ging mit Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor.

Schwere Ausschreitungen in Minneapolis

Nach gewaltsamen Protesten wegen des Todes eines Schwarzen bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis hat der Gouverneur des US-Bundesstaates Minnesota, Tim Walz, die Nationalgarde mobilisiert.

Appell, Ruhe zu bewahren

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend (Ortszeit) rief die Bezirksstaatsanwältin von Minnesota, Erica MacDonald, Demonstranten auf, friedlich zu bleiben. „Ich bitte die Menschen, Ruhe zu bewahren und uns diese Untersuchung durchführen zu lassen“, sagte MacDonald. „Es bricht mir das Herz zu sehen, was auf unseren Straßen in Minneapolis und St. Paul und einigen unserer Vororte passiert.“ Der örtliche FBI-Vertreter Rainer Drolshagen äußerte Verständnis für die „extreme Frustration, Wut und Traurigkeit“ über den Vorfall und sicherte eine umfassende Aufklärung zu.

Zuvor hatte Trump eine beschleunigte Untersuchung des Vorfalls versprochen. Trump sagte am Donnerstag im Weißen Haus, er habe sich das Video angeschaut. „Das war eine sehr schlechte Sache, die ich gesehen habe.“ Auf Nachfrage sagte der Präsident, mit Floyds Familie habe er noch nicht gesprochen.

Passant drängte Polizisten vergeblich

Das zehn Minuten lange Video, das auf Facebook gepostet wurde, zeigt, wie ein weißer Polizist auf dem Hals des Mannes kniet. Anfangs spricht dieser noch und sagt wiederholt: „Ich kann nicht atmen.“ Er fordert die Beamten mehrfach auf, ihn loszulassen. Er sagt ihnen auch zu, dann freiwillig ins Polizeiauto einzusteigen. „Ich kann nicht atmen“, wiederholt er. Ein Passant fordert die Polizisten wiederholt auf, den Verdächtigen loszulassen.

Anwalt: „Missbräuchliche Gewaltanwendung“

Der Mann auf dem Boden wird zunehmend ruhiger, bevor er das Bewusstsein zu verlieren scheint. „Messt seinen Puls“, schreit ein Passant. Sanitäter laden den Mann etwa acht Minuten nach Beginn des Videos in einen Krankenwagen. In dem Video sind zwei Polizisten zu sehen; welche Rolle die beiden ebenfalls entlassenen Beamten spielten, ist unklar.

Der Anwalt Benjamin Crump schrieb auf Twitter, Floyds Familie habe ihn engagiert, um sie in diesem Fall von „missbräuchlicher, exzessiver und unmenschlicher Gewaltanwendung“ zu vertreten. Die Polizei müsse zur Rechenschaft gezogen werden.

Ein Demonstrant mit einer USA-Flagge vor einem brennenden Geschäft in Minneapolis
AP/Julio Cortez
Mehrere Gebäude, darunter eine Polizeiwache, wurden später in der Nacht von wütenden Demonstranten in Brand gesteckt

Proteste in mehreren US-Städten

Auch in anderen US-Städten waren Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Polizeigewalt gegen Schwarze zu protestieren – so etwa in Denver, New York, Louisville, Memphis, Columbus und Phoenix. Dabei soll es auch zu Gewalt gekommen sein. In Denver berichteten örtliche Medien über Schüsse. Laut Polizei wurden zunächst keine Verletzten gemeldet. In New York seien Hunderte Menschen zusammengekommen, es habe mehrere Festnahmen gegeben, schrieb die „New York Times“.

In den USA kommt es immer wieder zu skandalösen Fällen von Polizeigewalt gegen Schwarze. Der Tod von Floyd erinnert an den ebenso auf Video festgehaltenen Fall des Afroamerikaners Eric Garner. Der damals 43-Jährige wurde 2014 von New Yorker Polizisten zu Boden geworfen; sie drückten ihm die Luft ab, später starb er im Krankenhaus. Garners letzte Worte – „Ich kann nicht atmen“ – wurden zu einem Slogan der Bewegung „Black Lives Matter“. Diese setzt sich in den USA für Gleichberechtigung von Schwarzen und Weißen und gegen Polizeigewalt ein.