Blick in den Plenarsaal während der Budgetrede von Finanzminister Gernot BlŸmel (ÖVP)
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EU-Hilfsfonds

Österreich will nicht zustimmen

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) hat am Samstag in Ö1 klargestellt, dass Österreich den Vorschlag der EU-Kommission für Wiederaufbauhilfen ablehnt. „Diesem Paket wird Österreich nicht zustimmen“, so Blümel. Die Klubchefin des grünen Koalitionspartners, Sigrid Maurer, hält hingegen wenig vom Gegenvorschlag Österreichs, Dänemarks, der Niederlande und Schwedens, wie sie nun sagte.

Die Belastung für den österreichischen Steuerzahler wäre „einfach zu groß“, sagte Blümel in der Interviewreihe „Im Journal zu Gast“. Für den europäischen Haushalt und den Wiederaufbaufonds müsse Österreich laut Blümel fast zwei Prozent der Wirtschaftsleistung aufbringen. „Das wäre fast doppelt so viel wie in der Vergangenheit. Das ist für uns inakzeptabel.“ Daher brauche es Nachverhandlungen, zu denen Österreich bereit sei.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch einen 750 Milliarden Euro großen Wiederaufbaufonds vorgestellt. 500 Milliarden Euro sollen als nicht rückzahlbare Zuschüsse ausgezahlt werden, das restliche Drittel als Kredite. Profitieren sollen vor allem die von der Coronavirus-Krise besonders hart getroffenen Staaten wie Italien und Spanien.

Mit dem Mix aus Krediten und Zuschüssen ist die EU-Kommission auf Linie des Vorschlags von Deutschland und Frankreich, die für den Wiederaufbaufonds ein Volumen von 500 Milliarden Euro vorgesehen hatten. Österreich gehört neben Dänemark, den Niederlanden und Schweden der Gruppe der selbst ernannten „sparsamen vier“ an, die sich für die Auszahlung der Hilfen ausschließlich in Form von Krediten aussprachen. Der Vorschlag der Kommission, der eben sowohl Zuschüsse als auch Kredite vorsah, schien den Weg zu einem Kompromiss zu ebnen. Dem Wiederaufbaufonds und dem EU-Haushaltsplan müssen die 27 EU-Staaten einstimmig zustimmen.

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und Grünen Klubchefin Sigi Maurer
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Gernot Blümel, Sigrid Maurer

Maurer: Vorpreschen war „Fehler“

Kritik an der Linie von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kam nun von den Grünen: Österreich hatte zusammen mit Dänemark, den Niederlanden und Schweden einen Gegenvorschlag zum Plan von Frankreich und Deutschland formuliert – wenige Tage bevor die Kommission ihren Vorschlag unterbreitete. Das Papier der vier Staaten sah keine Zuschüsse vor, stattdessen eine einmalige und auf zwei Jahre befristete Nothilfe auf der Basis von günstigen Krediten. Das Geld dürfe zudem nur „für den Wiederaufbau und die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssektors und der Wirtschaft eingesetzt werden“.

Maurer sagte dazu dem Privatsender ATV: „Also ich würde schon sagen, dieses Vorpreschen von Sebastian Kurz in dieser Viererkoalition war sicher sehr ungünstig, ich würde sagen es war ein Fehler.“ Kritik übte sie auch am späten Abänderungsantrag im Nationalrat, mit dem die coronavirusbedingten Ausgaben diese Woche doch noch ins österreichische Budget eingeflochten wurden. Sie hätte sich diese Entscheidung früher gewünscht, so Maurer.

Budget laut Blümel „sicher nicht verfassungswidrig“

Damit sprach sie den spät eingereichten Abänderungsantrag Blümels an, der am Freitag durch die Stimmen von Grünen und ÖVP im Nationalrat im zweiten Anlauf beschlossen worden war. Beim ersten Anlauf war ein schwerer Zahlenfehler unterlaufen, zuvor hatte es Kritik daran gegeben, dass die Zahlen ohne Berücksichtigung der empidemiebedingten Ausgaben nicht aktuell seien. Den Fehler, durch den das Budget statt 103,389 Mrd. Euro nur Gesamtausgaben von 102.389 Euro vorsah, nahm Blümel am Samstag gelassen. „Wenn hier mal in der Hitze des Gefechts etwas übersehen wird, dann sollte man nicht mit Fingern auf Personen zeigen“, so Blümel. Zudem habe es eine ähnliche Situation schon in den letzten Jahren gegeben.

Blümel bezog sich damit auf das Budget 2015, wo SPÖ und ÖVP sowohl im Ausschuss als auch im Plenum Abänderungsanträge eingebracht hatten, in denen bei den Gesamtsummen ebenfalls der Hinweis auf die Millionen Euro fehlte. Für das Budget war das allerdings irrelevant, denn das im Bundesgesetzblatt kundgemachte Finanzgesetz 2015 enthielt wieder die korrekten Zahlen inklusive Millionenangabe.

Derzeit kenne niemand die Kosten, die am Ende der Krise angefallen sein werden, sagte Blümel. Das Budget sei „mit Sicherheit nicht“ verfassungswidrig – wie von der SPÖ durch ein Gutachten behauptet. Auch dazu gebe es Gutachten.

Einhellige Kritik der Opposition

Für Kritik an der ÖVP sorgte am Samstag schließlich sowohl das Nein zum aktuellen EU-Entwurf als auch das Budget. Der SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder sagte via Aussendung: „Der Vorschlag der EU-Kommission zum Wiederaufbaufonds ist erst ein paar Tage alt, und der Finanzminister fällt schon wieder in ganz alte Muster zurück. Wer sich jetzt wieder auf Prozentstellen einzementiert und monatelang hin und her verhandeln will, hat offenbar den Ernst der Lage überhaupt nicht verstanden“, so Schieder.

FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz kritisierte, Blümel gebe nur „vorgefertigte Antwortschablonen aus der ‚Message Control‘-Abteilung der ÖVP“ zum Besten. „Kein Fehlerbewusstsein, zur Schau gestellte Überheblichkeit und eine totale Blockade der notwendigen Neuaufstellung des Finanzierungsmodells der EU. Finanzminister Blümel scheint in einer Parallelwelt zu leben“, kritisierte die Finanzsprecherin von NEOS, Karin Doppelbauer.

Dass ÖVP-Kreise den Fehler im Abänderungsantrag von 2015 – verbunden mit dem Hinweis, dass er vom heutigen SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer unterstützt worden war – an Medien lancierten, führte am Samstag auch zu Reaktionen der SPÖ. Denn anders als der jetzige Antrag waren die Abänderungen zum Budget 2015 rechtlich wasserdicht formuliert. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach von einer „niederträchtigen Schmierenkampagne“ der ÖVP gegen die „wertvolle Oppositionsarbeit der SPÖ“.