Nationalgarde in Minneapolis
APA/AFP/Kerem Yucel
Gewalt in USA

Trump fordert mehr Härte gegen Proteste

Trotz Ausgangssperren ebben die Demonstrationen und gewaltsamen Proteste in den ganzen USA nach dem Tod des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd durch einen Polizisten nicht ab. US-Präsident Donald Trump forderte am Samstag, dass die Gouverneure der einzelnen Bundesstaaten „viel härter“ gegen die Proteste vorgehen müssten. Sonst werde die Regierung einschreiten.

Er drohte aufgrund der Ausschreitungen den örtlichen Behörden mit dem Einsatz der „unbegrenzten Macht des Militärs“. Zudem bot der US-Präsident einen sehr schnellen Militäreinsatz in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota an. Falls Unterstützung angefordert werden sollte, könnten die Truppen dorthin sehr schnell entsendet werden. Bisher habe der Gouverneur Tim Walz aber keine Truppen angefordert, hieß es am Samstag vonseiten des Verteidigungsministeriums.

Walz wolle friedliche Proteste am Tag unterstützen. Er kündigte aber die Mobilisierung von allen 13.000 Nationalgardisten seines Bundesstaats an, um gegen Randalierer vorzugehen. Die Aufständischen seien Mitglieder anarchistischer sowie weißer rassistischer Gruppen, sagte Walz. Es ist das erste Mal seit dem Zweiten Weltkrieg, dass die gesamte Nationalgarde des Bundesstaates mobilisiert wurde. Auch Einheiten der Militärpolizei wurden in Alarmbereitschaft versetzt, um gegebenenfalls in Minneapolis eingreifen zu können.

Menschen verbabarikadieren ein Geschäft in Minneapolis
Reuters/Eric Miller
In Minneapolis verbarrikadieren einige Unternehmer ihre Geschäfte aus Sorge vor weiteren Ausschreitungen

Vorgehen der Polizei „heftig und grob“

Texas verstärkte bereits in mehreren Großstädten die Polizeipräsenz mit über 1.500 zusätzlichen Beamten. Der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio kritisierte allerdings das harte Vorgehen der Polizei in der Stadt. Die Beamten seien „sehr heftig und grob“ gewesen und hätten auch gegen friedliche Demonstranten Pfefferspray eingesetzt. Er wolle die Ereignisse untersuchen lassen.

De Blasio verurteilte zugleich die Gewalt, die in der Nacht auf Samstag von einigen Demonstranten ausgegangen war. Manche seien mit dem Vorsatz gekommen, Polizisten zu verletzen, sagte er. „Das können wir absolut nicht hinnehmen.“ Auch der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, verurteilte die Ausschreitungen. Er zeigte aber auch Verständnis für die Demonstranten. „Ich teile ihre Empörung“, sagte Cuomo am Samstag. Die Ungerechtigkeiten, die im US-Justizsystem herrschten, seien „abscheulich“.

Demonstration vor dem Hintergrund des Kapitols in Washington
Reuters/Yuri Gripas
Nach heftigen Ausschreitungen in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) wurde tagsüber meist friedlich demonstriert

Trump und sein Justizminister William Barr machten linke Gruppierungen für die Ausschreitungen in vielen US-Städten verantwortlich. Aus Sicht von Beobachtern gehen die Proteste aber vielfach auf die aufgestaute Wut der afroamerikanischen Bevölkerung zurück.

Für Twitter Gewaltverherrlichung

Trump hatte zuvor für eine Kontroverse gesorgt, als er auf Twitter mitteilte: „Habe gerade mit Gouverneur Tim Walz gesprochen und ihm gesagt, dass das Militär ganz an seiner Seite steht. Wenn es Schwierigkeiten gibt, werden wir die Kontrolle übernehmen, aber wenn die Plünderungen beginnen, beginnt das Schießen.“ („when the looting starts, the shooting starts“). Twitter versah den Beitrag mit einem Warnhinweis, weil er gegen das Verbot von Gewaltverherrlichung verstoße.

Mit seinem Satz zu möglichen Schüssen auf Plünderer hatte Trump einen Satz aus dem Jahr 1967 zitiert, mit dem der damalige Polizeichef von Miami ein hartes Vorgehen gegen die schwarze Bevölkerung angekündigt hatte. Trump, der sich damit noch tiefer in die Nesseln gesetzt hatte, relativierte seine Aussage dann in einem weiteren Tweet. Er teilte mit, er habe nur gemeint, dass Plünderungen zu Waffengewalt führen könnten, was ein Fakt sei. Später sagte er, er habe das Ursprungszitat aus Miami gar nicht gekannt.

Proteste gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt

Demonstriert wurde in mehreren Städten gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt. In Atlanta wurde das Hauptquartier von CNN attackiert. In Detroit wurde laut Medienberichten ein Demonstrant aus einem fahrenden Auto erschossen. Hunderte Menschen wurden in der Nacht auf Samstag in mehreren Städten vorübergehend festgenommen.

Ausschreitungen bei Protesten in den USA
AP/John Minchillo
Bei den Protesten in der Nacht auf Samstag brannten in Minneapolis Autos und Geschäfte

Vorfall auf Handykamera gefilmt

Auslöser für die inzwischen landesweiten Proteste von New York bis Kalifornien war der Tod Floyds, der am Montag wegen eines mutmaßlichen Betrugsdelikts festgenommen worden war. Dabei hatte ihn ein weißer Beamter minutenlang – laut veröffentlichtem Haftbefehl acht Minuten und 46 Sekunden – mit dem Knie auf dem Hals zu Boden gedrückt und auch dann nicht von ihm abgelassen, als er mehrfach um Hilfe flehte und stöhnte, er bekomme keine Luft. „Ich kann nicht atmen“ („I can’t breathe“) wird auch von den Demonstrierenden immer wieder skandiert.

Nach Polizeiangaben starb der 46-Jährige wenig später in einem Krankenhaus in Minneapolis. Er soll unter anderen gesundheitlichen Problemen gelitten haben, die gemeinsam mit der Festsetzung und möglicherweise Rauschmitteln in seinem Blut vermutlich zu seinem Tod geführt hätten, so die Obduktionsergebnisse. Der Vorfall wurde von Augenzeugen mit einer Handykamera festgehalten. Der Polizist wurde zwar umgehend entlassen, aber erst Tage später festgenommen und des Mordes angeklagt.

Die Anwälte von Floyds Familie meldeten Zweifel an den Obduktionsergebnissen an und wollen eine eigene Untersuchung in Auftrag geben. Man habe bereits in anderen Fällen gesehen, dass Menschen, die mit den Behörden zusammenarbeiteten, Dinge präsentierten, die eine „Illusion“ seien. „All diese Dinge wie Asthma oder Herzprobleme spielen keine Rolle, solange sie (die Opfer) leben, atmen, gehen, reden. Alles ist in Ordnung – bis die Polizei sie anspricht.“

Demonstration in New Orleans, Louisiana
Reuters/Jonathan Bachman
Seit Tagen gehen in mehreren Städten in den USA Menschen gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt auf die Straße

Kampf gegen „systematischen Rassismus“

Trumps wahrscheinlicher Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl im November, Joe Biden, forderte einen entschlossenen Kampf gegen „systematischen Rassismus“ in den USA. „Leute: Wir müssen aufstehen. Wir müssen uns bewegen. Wir müssen uns ändern.“ In einer solchen nationalen Krise brauche Amerika keine „aufwieglerischen Tweets“, sondern „wirkliche Führung“.

Auch mehrere US-Stars aus der Film- und Musikwelt nahmen an Kundgebungen teil bzw. meldeten sich via Internet zu Wort, teils auch mit Kritik an Trump. Oscar-Preisträger Jamie Foxx („Ray“) hatte sich am Freitag in Minneapolis einer Kundgebung angeschlossen. Sänger John Legend verlinkte auf Twitter Worte des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King, dass nur mit sozialer Gerechtigkeit und Fortschritt Aufstände zu vermeiden seien.

Sängerin Taylor Swift wandte sich per Kurznachrichtendienst Twitter direkt an US-Präsident Trump. „Nachdem du während deiner gesamten Präsidentschaft die Feuer der weißen Vorherrschaft und des Rassismus angefacht hast, hast du jetzt die Nerven dazu, moralische Überlegenheit vorzutäuschen und dann mit Gewalt zu drohen?“, schrieb Swift. „Wir werden dich im November aus dem Amt wählen.“

Google verschiebt Event

Auch sieben führende römisch-katholische Bischöfe verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung die tödliche Polizeigewalt. „Wir sind untröstlich, angewidert und empört, auf einem Video zu sehen, wie ein afroamerikanischer Mann direkt vor unseren Augen getötet wird“, hieß es in einer Stellungnahme.

Wegen der Unruhen verschiebt der US-Tech-Gigant Google nun auch die Vorstellung der neuesten Version seines Betriebssystems Android. „Wir freuen uns darauf, Euch mehr über Android 11 mitzuteilen, aber jetzt ist nicht die Zeit zum Feiern“, so Google auf seiner Website.