Bericht: Arbeit des EVP-Weisenrats zu Ungarn abgebrochen

Der vergangenes Jahr eingesetzte Weisenrat der Europäischen Volkspartei (EVP) zur Prüfung der Lage in Ungarn führt seine Arbeit offenbar nicht fort. Donald Tusk, der im Dezember die EVP-Führung übernommen hat, habe „alles abgebrochen“, sagte Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) der „Presse am Sonntag“. Er sei „ziemlich enttäuscht von dieser Geschichte“, so das Mitglied des dreiköpfigen Rats.

Der Weisenrat der EVP sollte den weiteren Umgang mit der rechtskonservativen ungarischen Partei FIDESZ von Premier Viktor Orban prüfen, nachdem die Mitgliedschaft von FIDESZ bei der EVP wegen des Anti-EU-Kurses Orbans im März 2019 suspendiert worden war. Seit Monaten wird auf einen Bericht des Gremiums gewartet.

Die Mitglieder des Weisenrats seien nach der Einsetzung durch den früheren EVP-Chef Joseph Daul „in einen intensiven, emotionalen, auch strittigen Dialog getreten. Und haben meiner Meinung nach auch etwas weitergebracht. Dann kam Donald Tusk – und auf einmal war alles abgebrochen. Ich habe das sehr eigenartig gefunden“, sagte Schüssel.

Einige Empfehlungen „angenommen“

Der Weisenrat habe „etliche Empfehlungen ausgesprochen“, einige seien auch angenommen worden, sagte Schüssel. „Unter anderem jene, die die Gerichtsreform, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, betraf – das wurde dauerhaft zurückgenommen. Es wurde auch akzeptiert, dass europäische Gerichtsurteile in jedem Fall umgesetzt werden müssen. Das ist auch gemacht worden“, sagte Schüssel.

Der frühere EU-Ratspräsident und polnische Ex-Regierungschef Donald Tusk hat am 1. Dezember das Amt des Präsidenten der christdemokratischen Parteienfamilie – zu der auch die ÖVP gehört – übernommen. Erst im April erklärte Tusk, er wolle die FIDESZ-Partei noch heuer aus der EVP ausschließen. Tusk war allerdings schon zu Beginn des Jahres daran gescheitert, die Delegierten vom FIDESZ-Rauswurf zu überzeugen.