Eine SpaceX Falcon 9 nach dem Start
AP/Charlie Riedel
SpaceX unterwegs zu ISS

NASA will mit Feiern noch warten

Vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral ist am Samstag erstmals seit neun Jahren eine bemannte Rakete abgehoben – für die USA ein Triumph. Die Falcon-9 des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX ist unterwegs zur Internationalen Raumstation (ISS), Sonntagnachmittag (MESZ) soll die Raumkapsel andocken. Feiern will die US-Weltraumbehörde NASA aber noch nicht.

Der Start erfolgte planmäßig im zweiten Anlauf am Samstag um 15.22 Ortszeit in Florida (21.22 Uhr MESZ), und planmäßig soll sie am Sonntag um 10.29 Uhr US-Zeit (16.29 MESZ) nach 19 Stunden Flug an der ISS andocken. Der Flug ist nicht nur der erste seit Einstellung des „Space Shuttle“-Programms der NASA 2011, sondern der erste in Kooperation mit einem Privatunternehmen. Die Rakete, in der die beiden US-Astronauten Bob Behnken und Douglas Hurley abhoben, gehört zum Unternehmen SpaceX von US-Milliardär Elon Musk.

Der erfolgreiche Raketenstart sei ein Moment des Triumphs und der Nostalgie für Amerika gewesen, kommentierte am Sonntag die „New York Times“. Eine Erinnerung an die technologische Überlegenheit der USA zu einem Zeitpunkt, an dem das Land mit der Coronavirus-Krise und politischen Turbulenzen kämpfe. In den Staaten kommt es seit Tagen zu mitunter gewalttätigen Protesten nach dem Tod eines unbewaffneten Afroamerikaners bei einem Polizeieinsatz. In zahlreichen Großstädten gilt praktisch der Notstand.

Ein „Meilenstein“ und „großartiger Tag“

NASA und SpaceX sprachen von einem Meilenstein für die USA und die Raumfahrt und einem großartigen Tag. „Aber wir feiern noch nicht“, sagte NASA-Chef Jim Bridenstine. "Wir werden feiern, wenn sie sicher zurück zu Hause sind. Behnken und Hurley sollen mehrere Wochen auf der ISS bleiben. Die erste Triebwerksstufe hatte die Falcon-9-Trägerrakete wenige Minuten nach dem Start erfolgreich abgesprengt, diese sei planmäßig und sicher auf einer Plattform im Atlantik gelandet, hieß es am Sonntag. Später trennte sich die Raumkapsel „Dragon Crew“ von der zweiten Stufe und nahm Kurs Richtung ISS.

Eine SpaceX Falcon 9 beim Start
Reuters/Steve Nesius
Der Start der Falcon-9-Rakete erfolgte im zweiten Anlauf planmäßig

Trump träumt von Waffen und Marsflügen

US-Präsident Donald Trump, der genauso wie sein Stellvertreter Mike Pence zum Start angereist war, nannte diesen eine eine „heldenhafte Tat“. Die kommerzielle Raumfahrt sei die Zukunft, so Trump. „Ein neues Zeitalter amerikanischen Ehrgeizes hat jetzt begonnen.“

US-Präsident Donald Trump
AP/Alex Brandon
Trump verfolgte den Start der Rakete in Florida

Für die USA ist der Start tatsächlich ein Meilenstein in der Raumfahrt. Seit dem Ende der Space-Shuttle-Flüge im Jahr 2011 war man auf russische Sojus-Kapseln angewiesen, um Astronauten zur ISS zu transportieren. Der erste Startversuch der Falcon-9-Rakete am Mittwoch war an schlechtem Wetter gescheitert. Auch am Samstag hatte es aufgrund von Gewitterwarnungen nur eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass der Start tatsächlich stattfinden könnte, gegeben.

Die Astronauten Douglas Hurley und Robert Behnken
AP/John Raoux
Die beiden erfahrenen Astronauten Behnken und Hurley vor dem Start zur ISS

„Es ist unglaublich, die Kraft, die Technologie“, sagte Trump. „Wir haben etwas kreiert, das den Neid der Welt auf sich zieht, und wir werden bald auf dem Mars landen, und wir werden bald die besten Waffen haben, die man sich in der Geschichte je vorstellen konnte“, fügte er hinzu. Mit dem erfolgreichen Start hätten sich die USA „ihren prestigeträchtigen Platz als Anführer der Welt“ zurückerobert. Auch Musks erklärtes Ziel ist – egal wie realistisch – der Mars.

Musk „überwältigt“

Musk zeigte sich tief bewegt. „Ich bin wirklich emotional sehr überwältigt, es ist schwer für mich zu sprechen“, sagte er bei einer Pressekonferenz nach dem Start. 18 Jahre lang habe er auf dieses Ziel hingearbeitet. „Ich glaube, es ist etwas, worüber die Menschheit sich freuen kann, und worauf sie stolz sein kann.“ Der Unternehmer ist ein Pionier bei der Entwicklung wiederverwendbarer Raketen, die Raumflüge preiswerter und damit häufiger machen sollen.

Landung einer Raketenstufe
AFP/NASA TV
Landung einer Raketenstufe zurück auf der Erde

Bereits kommendes Jahr soll ein Konkurrent US-Amerikaner in den Orbit bringen. Dann will der Flugzeughersteller Boeing seinen CST-100 Starliner ins All schießen. Die NASA hat an beide Unternehmen fast acht Milliarden Dollar (rund 7,2 Mrd. Euro) vergeben, damit sie konkurrierende Systeme entwickeln. Eigentlich waren eigene Flüge aus den USA zur ISS von der NASA schon für 2017 angekündigt gewesen. Im Zuge technischer Probleme, Finanzierungsschwierigkeiten und Umstrukturierungen nach der Wahl Trumps zum Präsidenten wurde das Projekt aber immer weiter aufgeschoben.

Das Ende der „Space Shuttles“

Zuletzt waren im Sommer 2011 Astronauten mit der US-Raumfähre „Atlantis“ zur ISS geflogen. Danach stellte die NASA ihre Space-Shuttle-Flotte aus Kostengründen und nach zwei tödlichen Unglücksfällen ein und machte sich für ISS-Flüge von Russland abhängig – für etwa 80 Millionen Euro pro Flug in einer Sojus-Kapsel.

SpaceX CEO Elon Musk
Reuters/Steve Nesius
Nach Jahren wieder Jubel nach einem geglückten Start bei der NASA

Seit dem Bau der ISS waren zwei Jahrzehnte lang US-Raumfähren und russische Raketen zu der gemeinsamen Raumstation geflogen. Die „Space Shuttles“ waren allerdings riesig, extrem kompliziert konstruiert und entsprechend teuer. Für insgesamt 135 Flüge gaben die USA rund 200 Mrd. Dollar (183 Mrd. Euro) aus.

Zwei tödliche Katastrophen

Vor allem aber gab es zwei tödliche Unfälle – mit der „Challenger“, die am 28. Jänner 1986 kurz nach dem weltweit live übertragenen Start explodierte, die gesamte Besatzung – zwei Frauen und fünf Männer – kam dabei ums Leben. Und am 1. Februar 2003 brach das Spaceshuttle „Columbia“ bei der Rückkehr etwa 61 Kilometer über der Erdoberfläche bei 19.900 km/h Geschwindigkeit auseinander. Die siebenköpfige Besatzung starb. Ursache war ein Loch im Hitzeschild. Dieses war durch einen beim Start abgerissenen Schaumstoffteil verursacht worden.

Space Shuttle Atlantis
APA/AFP/Bruce Weaver
Die „Atlantis“ war das letzte „Shuttle“ in Betrieb

Musk will zum Mars

SpaceX wurde 2002 von dem PayPal- und Tesla-Mitbegründer Musk gegründet. 100 Millionen Dollar investierte der damals 31-Jährige in die Firma. Sechs Jahre später schaffte es SpaceX als erstes Privatunternehmen nach mehreren gescheiterten Startversuchen in den Jahren zuvor, eine Rakete in die Erdumlaufbahn zu bringen. Noch im selben Jahr schloss das Unternehmen bereits einen Vertrag mit der NASA über die ersten Transportflüge zur ISS. Der erste ging 2012 über die Bühne.

2015 verlor Musk nach einer Explosion kurz nach dem Start eine Falcon-9-Rakete. Am Wachstum wurde das Unternehmen dadurch nicht gehindert. Inzwischen zählt es rund 8.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Musk hat weiter hochtrabende Pläne. Er macht sich Hoffnungen auf eine wichtige Rolle bei der Rückkehr von US-Astronauten auf den Mond. Als Zukunftsvision schwebt ihm ein Raumschiff mit Ziel Mars vor.