Die zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Luftverkehrsvereinigung (IATA) erarbeiteten Empfehlungen wurden am Montag veröffentlicht. Sie würden auf die größten Veränderungen der Sicherheitsregeln im Flugverkehr seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 hinauslaufen, hieß es. Die Vorschläge haben allerdings keinen verbindlichen Charakter.
Die ICAO appelliert an Regierungen und Behörden, die Betreiber von Flughäfen und die Fluggesellschaften, weltweit einheitliche Regeln zum Schutz gegen das Coronavirus einzuführen, „über die Konsens besteht“. Laut ICAO sollten die Passagiere und Passagierinnen beim Eintreffen im Flughafen einen medizinischen Nachweis über ihre Gesundheit vorlegen und ihre Temperatur gemessen werden. Eine zweite Temperaturmessung solle am Ende der Reise erfolgen.

„Kontaklose“ Technologie soll bevorzugt werden
Die Organisation empfiehlt ferner die möglichst weitgehende Verwendung elektronischer statt ausgedruckter Flugtickets. Generell wird zum Einsatz „kontaktloser“ Technologien wie Gesichts- und Iriserkennung geraten. Auch bei den Sicherheitskontrollen in den Airports solle auf die möglichst weitgehende Vermeidung von physischem Kontakt geachtet werden. Das Tragen von Masken innerhalb der Terminals und Flugzeuge solle vorgeschrieben werden, heißt es in dem ICAO-Papier.
EU für medizinische Schutzmasken
Die EU hatte bereits Ende Mai Leitlinien zu Flugreisen während der Coronavirus-Pandemie vorgelegt. Passagiere und Bordpersonal seien aufgerufen, medizinische Schutzmasken zu tragen, wie die EU-Behörde für Luftfahrtsicherheit (EASA) und die EU-Krankheitsbekämpfungsbehörde (ECDC) mitteilten. Zudem müssten Abstandsregeln „im Rahmen des Möglichen“ eingehalten werden.

Die EU wolle erreichen, dass sich Reisende auf ihren Flügen sicher fühlen, sagte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. Der Lufverkehrsindustrie könne so geholfen werden, die Folgen der Pandemie in den Griff zu bekommen. Sichere Hygieneregeln seien ein „entscheidender Faktor“ für die Wiederaufnahme kommerzieller Flüge, sagte EASA-Chef Patrick Ky. Er rief die Fluggesellschaften und Flughäfen auf, die Empfehlungen der EU umzusetzen.
Konkret empfehlen die EU-Behörden allen Passagieren und der Crew, beim Betreten des Flughafens medizinische Schutzmasken anzuziehen und diese erst abzulegen, wenn sie ihr Reiseziel erreicht haben. Ausnahmeregeln seien für Kinder unter sechs Jahren denkbar. Die Masken sollen alle vier Stunden gewechselt werden. Die EU-Behörden riefen Reisende auf, genügend Masken mitzunehmen. Zugleich sollen die Fluggesellschaften einen ausreichenden Vorrat anlegen. Das Bordservice soll auf das Nötigste reduziert werden.
Problem mit Mittelsitz
Wenn die Auslastung des jeweiligen Fluges es zulässt, soll auch nach dem Willen der EU ein Sitz pro Reihe oder jede zweite Reihe im Flugzeug freigelassen werden, um einen Abstand von 1,5 Metern zwischen den Fluggästen zu gewährleisten. Sollte das aufgrund einer höheren Passagierzahl nicht möglich sein, soll strikt auf die ständige Einhaltung aller anderen Schutzmaßnahmen – Handhygiene, Husten- und Niesetikette und das Tragen einer medizinischen Schutzmaske – geachtet werden.
Die ICAO empfahl am Dienstag zwar ebenfalls, dass an Bord ein Abstand zwischen den Reisenden von einem Meter gewahrt werden sollte. Allerdings plädiert die UNO-Unterorganisation nicht ausdrücklich dafür, dass jeder zweite Sitz frei bleibt.
Warnung vor „dramatischer Kostensteigerung“
Die Fluglinien warnen, dass eine solche Vorschrift die Wirtschaftlichkeit ihrer Verbindungen gefährden würde. Die IATA lehnte Vorgaben zur Einhaltung des Abstandes an Bord bisher ab. Sie warnte Anfang Mai vor „dramatischen Kostensteigerungen“. Abstandsregeln in Flugzeugen würden „die Wirtschaftlichkeit der Luftfahrt grundlegend verändern“, so die IATA. Die Folge seien deutlich teurere Flugtickets.
Schutzmasken, Reinigung und Luftfilterung helfen nach den Worten von United-Airlines-Chef Scott Kirby besser gegen die Ausbreitung des Coronavirus im Flugzeug als das Freilassen des Mittelsitzes. „Sie können im Flugzeug keine sechs Fuß (etwa 1,80 Meter) Abstand halten, Mittelsitz hin oder her“, sagte Kirby Ende Mai. Während manche andere Fluggesellschaften weniger Sitze pro Flugzeug belegen als in der Vergangenheit, gibt United seinen Passagieren die Möglichkeit zur Umbuchung, wenn ein Flug recht voll ist.