Facebook-Gründer Mark Zuckerberg
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Facebook

Umgang mit Trump schürt intern Ärger

Anders als Twitter unternimmt Facebook derzeit nichts gegen bedenkliche Äußerungen von US-Präsident Donald Trump im Zuge der Proteste nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd. Bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Sozialen Netzwerks regt sich Widerstand gegen Gründer Mark Zuckerberg. Der Firmenchef verteidigte sich gegen die Vorwürfe.

Bei der Kontroverse geht es vordergründig um einen Tweet von Trump, der auch auf dessen Facebook-Profil gespiegelt wurde. Darin reagierte der US-Präsident Ende vergangene Woche auf erste Ausschreitungen in Minneapolis nach der Tötung von Floyd in Polizeigewahrsam. Trump schrieb, man werde die Kontrolle wiederherstellen, und fügte hinzu: „Wenn Plünderungen beginnen, wird geschossen“ – „When the looting starts, the shooting starts“. Der Satz ist ein historisch behaftetes Zitat. Mit diesen Worten hatte 1967 der damalige Polizeichef von Miami ein hartes Vorgehen gegen die afroamerikanische Bevölkerung angekündigt.

Twitter versah Trumps Tweet mit einem Warnhinweis, weil er das Verbot von Gewaltverherrlichung auf der Plattform verletze. Zuckerberg erklärte dagegen, der Beitrag sei mit Facebooks Regeln vereinbar, auch wenn ihm persönlich solche „spaltende und aufwieglerische Rhetorik“ widerstrebe. „Aber meine Verantwortung ist es, nicht nur persönlich zu reagieren, sondern als Chef einer Institution, die sich der Redefreiheit verschrieben hat.“

Eine junge schwarze Frau mit Halstuch vor Mund und Nase steht in Las Vegas (USA) Polizeikräften gegenüber
APA/AFP/Bridget Bennett
Seit Tagen kommt es in den USA zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit

Bei einer Videokonferenz mit Beschäftigten verteidigte sich Zuckerberg am Dienstag (Ortszeit) erneut gegen die Kritik aus dem eigenen Unternehmen. Er sagte unter anderem, dass die Androhung von Gewalt durch Regierungen von den Facebook-Regeln gedeckt sei, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf einen Mitschnitt.

„Mark liegt falsch“

Einige Facebook-Mitarbeiter sehen das anders: Nach Angaben des US-Senders CNBC haben rund 600 von ihnen aus Enttäuschung über die Zurückhaltung Zuckerbergs ihre Arbeit im Homeoffice niedergelegt. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Eine Facebook-Sprecherin sagte der „New York Times“, man ermutige die Mitarbeiter, sich offen zu äußern, wenn sie nicht mit der Firmenführung einer Meinung sind – das taten auch viele, die meisten via Twitter. „Ich bin ein Facebook-Mitarbeiter, der überhaupt nicht mit der Entscheidung von Mark einverstanden ist, nichts gegen Trumps jüngste Beiträge zu unternehmen, die ganz klar Gewalt anheizen“, hielt etwa Produktdesigner Jason Stirman fest.

„Mark liegt falsch – und ich werde so laut wie möglich versuchen, ihn umzustimmen“, twitterte Ryan Freitas, der für das Produktdesign bei Facebooks Newsfeed zuständig ist. Auch andere hochrangige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen äußerten ihren Unmut, etwa der Direktor des Produktmanagements, Jason Toff, und die Produktdesignerin Sara Zhang.

Hadern mit Trumps Konten

Zwar ist die Zahl der Facebook-Mitarbeiter, die sich öffentlich beschweren, absolut gesehen gering – aktuell beschäftigt das Unternehmen rund 45.000 Menschen –, aber sie ist ein seltenes, nach außen ersichtliches Zeichen der Unzufriedenheit mit der Führung von Zuckerberg, der 57,9 Prozent der Stimmrechte im Vorstand von Facebook kontrolliert. Die Beschwerden spiegeln sich laut Berichten des „Guardian“, der „New York Times“ und von Verge in internen Diskussionen wider, in denen Mitarbeiter das Unternehmen beschuldigten, seine Regeln uneinheitlich anzuwenden, nur um etwa Trump nicht zu verärgern.

Facebook und andere Technologieunternehmen haben lange damit gehadert, wie sie Trumps Konten verwalten sollen. Die nunmehrige Entscheidung von Twitter, Trumps Äußerung zu kennzeichnen, ist das Ergebnis zweijähriger Entwicklungen und Teil der Strategie, „nachrichtenwürdige“ Tweets auszuspielen – selbst wenn sie gegen die Regeln der Website verstoßen, berichtete die „Washington Post“.

US-Präsident Donald Trump
AP/Patrick Semansky
Facebook muss sich Vorwürfen stellen, Trumps Posts bevorzugt zu behandeln

Facebooks selektive Samthandschuhe

Obwohl Facebook insgesamt aggressiver gegen die Verfolgung bedenklicher Posts vorgeht – im Gegensatz zu Twitter verfügt das Unternehmen schon seit Längerem über ein Programm zur Überprüfung von Fakten und beschäftigt mehr als 15.000 Moderatoren und Moderatorinnen –, hat Zuckerberg immer wieder die Entscheidung getroffen, Trumps Konto nicht anzurühren. Facebook hat mehrere hochrangige konservative Führungskräfte, die oft davor gewarnt haben, rechtsgerichtete Konten zu zensieren, auch wenn auf diesen Fehlinformationen verbreitet würden.

Dennoch fühlt sich Trump von Sozialen Netzwerken schlecht behandelt und wirft diesen vor, unliebsame Ansichten zu zensieren und so Meinungsfreiheit und Demokratie zu gefährden. Als Reaktion auf den Faktencheck durch Twitter unterzeichnete er vergangene Woche eine Verfügung, wonach Plattformen stärker reglementiert werden sollen. Er will eine als „Section 230“ bekannte Klausel überarbeiten lassen. Gemäß dieser Regelung, Teil eines Gesetzes von 1996, werden Onlinedienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte wie Kommentare und Videos haftbar gemacht. Zugleich wird Plattformen dadurch erlaubt, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen.

Screenshot von einem Smartphone zeigt Trump-App
Screenshot/donaldjtrump.com/app

App als möglicher Ausweg

Offenbar baut Trump in seiner aktuellen Präsidentschaftskampagne aber auch anderweitig vor: Im April wurde eine Smartphone-App lanciert, die zu einer zentralen Nachrichten-, Informations- und Unterhaltungsplattform für seine Anhängerschaft werden soll. „Wir waren immer darüber besorgt, dass Twitter und Facebook uns offline nehmen könnten, und das dient als Back-up“, sagte Kampagnenmanager Brad Parscale gegenüber Reuters.

Unterstützer können über die App Wahlkampfnachrichten und von Trump-Verbündeten moderierte Nachrichtensendungen ansehen. Nutzer, die andere zu einer Registrierung bewegen, erhalten Bonuspunkte – diese können für den Kauf von Kampagnenausstattung eingelöst werden. Besonders Fleißigen winkt ein Treffen mit Trump höchstpersönlich.