Außenminister Alexander Schallenberg
APA/AFP/Joe Klamar
Grenzen

Öffnung zu allen Nachbarn außer Italien

Die Regierung hat am Mittwoch angekündigt, die Grenzen zu allen Nachbarstaaten bis auf Italien vollständig zu öffnen. „Die Zahlen lassen das mit Italien noch nicht zu“, so ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg. An den anderen Grenzen werden die Gesundheits- und Grenzkontrollen am Donnerstag eingestellt.

Für Deutschland, Liechtenstein, die Schweiz, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn gelten damit die gleichen Regeln wie vor der Pandemie. Es gebe keine Quarantäne oder Testerfordernisse bei der Einreise nach Österreich mehr.

Zu Italien bleiben die Beschränkungen bestehen, nächste Woche soll die nächste Evaluierung erfolgen. Man sehe, dass sich die Situation auch in Italien deutlich verbessert habe und einzelne Regionen – beispielsweise Südtirol – schon gute Covid-19-Zahlen vorweisen könnten, sagte Schallenberg. Den Vorschlag aus Bozen, wonach gegenüber italienischen Regionen geöffnet werden könnte, wolle man daher „sehr ernst nehmen“. Ziel sei eine „Öffnung zu Italien, sobald die Zahlen es zulassen“. Die Maßnahme sei „keine Entscheidung gegen Italien“.

Reisen wird wieder einfacher

Nach rund drei Monaten Coronavirus-Beschränkungen stellt Österreich wieder vollständige Reisefreiheit zu seinen Nachbarländern her. Ausgenommen davon ist Italien. Hier soll kommende Woche die nächste Evaluierung erfolgen.

Anschober: Regionale Lage wird geprüft

„Das Coronavirus ist nicht auf Urlaub“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Trotzdem hätten Österreich und die Nachbarn „große Fortschritte“ gemacht, deswegen sei der nächste große Öffnungsschritt möglich. Bezüglich Italien seien die Zahlen aber in den Regionen sehr unterschiedlich und die „virologische Situation“ trotz großer Fortschritte nicht unproblematisch.

Man wolle nun regionale Abstufungen prüfen und laufend evaluieren. Eine rasche Öffnung sei das Ziel, aber auf eine verantwortungsvolle Art und Weise. Anschober ergänzte, es sei „nicht ausgeschlossen“, dass eine – möglicherweise teilweise – Öffnung zu Italien bereits am 15. Juni erfolgen könne. Klarheit zu Italien werde es in den nächsten ein, zwei Wochen geben, so der Minister.

„Eigenverantwortung“

„Wir appellieren an die Eigenverantwortung“, so Schallenberg. Jeder, der ins Ausland fahren wolle, müsse sich vorbereiten und Vorkehrungen treffen. „Mit wem komme ich dort in Kontakt? Und wie komme ich zurück?“ Der Hausverstand sei der beste Schutz. Laut Schallenberg ist volle Reisefreiheit so bald wie möglich das Ziel. Nach wie vor gelte aber die Empfehlung, auf nicht notwendige Reisen zu verzichten. Die Regierung empfehle weiterhin, den Urlaub in Österreich zu verbringen. Die Bereitschaft im Außenministerium für weitere Rückholaktionen sei „sehr überschaubar“.

In Bezug auf andere Länder rief Schallenberg zu Geduld auf. Schweden, Großbritannien und Spanien seien „schwierige Fälle“, bei denen man noch nicht sagen könne, wann eine Öffnung möglich sein wird. In Hinblick auf Nicht-EU-Staaten gebe es den Wunsch, sich in der EU abzustimmen, etwa bei Reisen nach Lateinamerika, Russland, China und in die Subsahara-Region. „Global gesehen stecken wir noch mitten in der Pandemie“, dämpfte Schallenberg diesbezüglich die Erwartungen. Daher könne Reisefreiheit in viele Länder voraussichtlich über Monate nicht hergestellt werden.

Reges Tauziehen um Italien-Reisen

Die Frage der Reisefreiheit zwischen Österreich und Italien hat zuletzt für rege Debatten gesorgt. Während sich Österreich mit Verweis auf die virologische Situation bereits in den vergangenen Tagen skeptisch bezüglich einer Öffnung gezeigt hatte, will Italien so schnell wie möglich wieder Einreisen ermöglichen. Eine regionale Lösung lehnte die italienische Regierung bisher ab. Kritik an der österreichischen Lösung kam auch von der EU: Diese sprach sich gegen bilaterale Übereinkünfte und für gesamteuropäische Lösungen aus.

Seit Mittwoch herrscht in Italien nach drei Monaten wieder weitgehende Reisefreiheit für EU-Bürger. Die Grenzen sind für Touristinnen und Touristen geöffnet, Italien verzichtet auch auf eine zweiwöchige Quarantäne für Einreisende aus Europa. Auch die Italiener selbst dürfen sich wieder landesweit frei bewegen und in andere Regionen reisen. Das Land hofft, noch von der Urlaubssaison profitieren zu können.

Kritik aus Italien

Der italienische Außenminister Luigi Di Maio kritisierte Österreichs Beschluss, die Grenzen nach Italien nicht zu öffnen. „Das individuelle Verhalten verletzt den europäischen Geist und schadet Europa und dem gemeinsamen Markt“, sagte Di Maio nach Medienangaben. Di Maio, der noch am Mittwoch ein telefonisches Gespräch mit Außenminister Schallenberg plant, äußerte die Hoffnung, dass es in den kommenden Tagen zu einer „positiven Lösung“ kommen könne.

Die EU-Kommission wollte sich am Mittwoch nicht direkt zu Österreichs Entscheidung äußern, verwies aber erneut auf das „Prinzip der Nichtdiskriminierung“ und die EU-Empfehlungen für die Wiederöffnung der Grenzen. „Wir kommentieren generell einzelne Maßnahmen, die die EU-Länder treffen, nicht“, sagte ein Sprecher der EU-Behörde in Brüssel. Die EU-Kommission habe ihre „koordinierende Rolle“ eingenommen. „Diese hat sie gespielt, indem sie sehr klar dargestellt hat, welche Kriterien sie für geeignet hält, herangezogen zu werden“, so ein weiterer Sprecher.

Slowenien begrüßte hingegen die Entscheidung. „Wir sind froh, dass Österreich die gute epidemiologische Lage in Slowenien, die zu den besten in Europa gehört, anerkannt hat“, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Aleksander Gerzina, zur APA. Gerzina rechnet damit, dass die slowenische Regierung schon bald auch Österreich auf die grüne Liste der Länder setzen wird, für die es keine Einreisebeschränkungen gibt. Auf der Liste befinden sich derzeit Kroatien und Ungarn, deren Bürger dürfen so ohne jegliche Auflagen nach Slowenien.

Deutschland will Reisewarnungen aufheben

Unterdessen beschloss Deutschland am Mittwoch, die Reisewarnung für 29 europäische Länder mit 15. Juni aufzuheben, falls die weitere Entwicklung der Pandemie es zulässt. Voraussetzung sei aber, dass es in den Zielstaaten keine Einreiseverbote und großflächigen Ausgangssperren mehr gebe, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. Diese Voraussetzungen erfüllten derzeit alle Länder bis auf Norwegen und Spanien, wo die Einreisesperren noch länger in Kraft blieben.