Florian Klenk
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„Ibiza“-U-Ausschuss

Klenk skizzierte ganzes Video

„Falter“-Chefredakteur Florian Klenk hat am Donnerstag als erste Auskunftsperson im „Ibiza“-Untersuchungsausschuss einen Einblick in das vollständige „Ibiza-Video“ gegeben. Allerdings war nicht nur der Inhalt des Materials für die Abgeordneten wichtig, sondern auch der Weg des Videos bis zum „Falter“.

Der Journalist schilderte zunächst, was er im siebenstündigen Videomaterial gesehen hatte. Die Aufnahmen seien „eine Mischung aus ‚Kottan ermittelt‘, Edmund Sackbauer und ‚Pulp Fiction‘“, man habe einen „Korruptionstanz“ zwischen Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus und der fremden Person, die sich als reiche Oligarchennichte ausgegeben hat, gegeben. Strache habe immer wieder betont, dass er nicht käuflich sei, so der Journalist. Allerdings habe der ehemalige Vizekanzler der Fremden Angebote gemacht, die rechtswidrig seien.

In diesem Zusammenhang habe Strache auch die angeblichen Großspender, den Glücksspielkonzern Novomatic („Novomatic zahlt alle“, Anm.), die Milliardärin Heidi Goess-Horten, den Waffenproduzenten Gaston Glock und auch Immobilientycoon Rene Benko, erwähnt. Die vermeintliche Oligarchennichte habe sich einmal darüber beschwert, dass Strache versucht habe, ein Foto von ihr zu machen. Später hätten alle Teilnehmenden des Gesprächs ihre Handys abgegeben, offensichtlich im Einverständnis, dass das folgende Gespräch heikel sei.

Fotografen und Kameraleute vor dem Ausschusskokal
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Der Andrang im U-Ausschuss ist am ersten Tag enorm. Medien wollen den Beginn der Aufklärung nicht verpassen.

„Hausmeisterstimmung“ und „höchste Anspannung“

Ausgehend vom Video will der U-Ausschuss unter anderem möglichen Postenschacher und Gegenleistungen in staatsnahen Betrieben aufklären. Strache und Gudenus sprachen im Video mit der vermeintlichen Oligarchin über verdeckte Parteispenden, „Krone“-Kauf, staatliche Bauaufträge und das Glücksspielmonopol. Da der U-Ausschuss das vollständige Video, das Ende April nun sichergestellt wurde, in zwei Wochen bekommen wird, wollten die Abgeordneten von Klenk, der mehr oder weniger das gesamte Material gesehen hat, freilich mehr über den Inhalt wissen – aber nicht nur darüber.

ORF.at-Berichterstattung

ORF.at berichtet über den U-Ausschuss direkt aus dem Sitzungslokal in der Hofburg.

ÖVP und FPÖ wollten im Grunde mehr darüber erfahren, wie Klenk überhaupt an das „Ibiza-Video“ und an die anschließenden Akten von der Staatsanwaltschaft gekommen sei. Der „Falter“-Chefredakteur verwies mehrmals auf das Redaktionsgeheimnis, erklärte aber auch, dass sich die „Süddeutsche Zeitung“, die gemeinsam mit dem „Spiegel“ das Video im Mai 2019 veröffentlicht hatte, bei ihm gemeldet hatte. Zu den Akten aus den „Ibiza“-Ermittlungen sagte Klenk auf die Frage, der ÖVP, ob er sie auf legalem Weg bekommen habe: „Ich arbeite ausschließlich auf legalem Wege.“

Die Atmosphäre im Video – abgesehen von den bisher der Öffentlichkeit bekannten sieben Minuten – beschrieb der Journalist auch als „Hausmeisterstimmung“. Es sei geraucht, getrunken und Nägel gebissen worden, dann gab es auch Szenen „höchster Anspannung“, wo eifrig geredet und übersetzt wurde. Außer Alkohol und Nikotin habe Klenk keine weiteren Suchtmittel auf dem Videomaterial gesehen. „Die ganze Falle baut darauf auf, dass man austesten wollte, wie weit die Politiker gehen.“

Wolfgang Sobotka
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Der Ausschuss findet quasi hinter Plexiglas statt. Die gesundheitlichen Sicherheitsbestimmungen wurden verschärft.

Strache und Gudenus: „Vater-Sohn-Beziehung“

Gudenus habe Strache immer wieder versichert, dass es kein „Fake" sei. Strache habe allerdings eine Falle gewittert. Die Diskussion gab es mehrmals, bekannt sind die Bedenken des ehemaligen Vizekanzlers wegen „schmutziger Zehennägel“ der vermeintlichen Oligarchennichte. Klenk bezeichnete das Verhältnis zwischen Strache und Gudenus als „Vater-Sohn-Beziehung“. Unter anderem auch, als das Gespräch im Video auf ein Wiener Innenstadtlokal kam, in dem Drogen zum Verkauf angeboten werden sollen. Gudenus habe gesagt, er sei dort nur einmal gewesen, gehe auch nicht mehr hin. Strache habe sich darüber glücklich gezeigt, so der „Falter“-Journalist.

Die Grünen wollten mehr über Klenks investigative Recherchen im Glücksspielbereich erfahren. Der Journalist hatte zuletzt den alleinigen Novomatic-Eigentümer Johann Graf porträtiert. Darunter war auch eine „Schenkungsliste“ (darüber berichteten mehrere Medien, Anm.) aufgeführt, wonach etwa eine Ehefrau eines SPÖ-Funktionärs von Graf beschenkt worden sei, der im Wiener Spieleapparatebeirat die Einhaltung des Gesetzes bei Automaten für das kleine Glücks- bzw. Automatenspiel prüfen soll. Diese Liste sei sehr lang, sagte Klenk. Aber ob sich jemand kaufen ließ, müssten die Gerichte beurteilen.

Parteispenden im Fokus

Kurz darauf kam der Ausschuss auf das Thema Parteispenden „am Rechnungshof vorbei“ zu sprechen. Möglich ist das über Vereine, die für einzelnen Parteien etwa Veranstaltungen organisieren. Auf Ibiza sagte Strache 2017, dass es nur wenige gebe, die an die Partei spenden, weil diese Spende dem Rechnungshof gemeldet werden muss. „Dann ist es offen. Das will keiner“, so Strache. Es gebe „ein paar sehr Vermögende, die zahlen zwischen 500.000 und eineinhalb bis zwei Millionen“, und zwar an den gemeinnützigen Verein.

Tag eins im „Ibiza“-U-Ausschuss

Der „Ibiza“-Untersuchungsausschuss hat am Donnerstag begonnen. Mögliche Korruption, Verdacht auf Gesetzeskauf und mögliche illegale Parteienfinanzierung sind zentrale Themen. Das „Ibiza-Video“ steht dem U-Ausschuss jedoch noch immer nicht in voller Länge zur Verfügung.

Auf eine Frage von NEOS, ob mit der Aussage im Video – „die machen das auch über Vereine“ – die ÖVP alleine oder alle Parteien gemeint waren, sagte Klenk: „Aus dem Kontext, weil Strache über zwei Parteien nach 1945 sprach, folgere ich, dass er beide (ÖVP und SPÖ, Anm.) meint“, so der „Falter“-Chefredakteur, der einiges aus dem Buch „Die Ibiza-Affäre“ der „SZ“-Journalisten, einiges aus seinen Notizen entnahm. Die ÖVP hakte nach, ob Klenk seine Notizen jemals mit anderen Personen geteilt habe. Welche Informationen veröffentlicht wurden, sei eine Entscheidung der „SZ“ und des „Spiegel“ gewesen, nicht des „Falter“.

Nach dem Exkurs in Medienrecht – Verfahrensrichterin Ilse Huber bat um Fragen zum Ausschussthema – ging es um die im Video besprochene mögliche Privatisierung des ORF. Nach einer SPÖ-Frage zitierte Klenk aus seinen Notizen. Strache sagte demzufolge: „Wenn du die ‚Krone‘ hast, hast du die Meinungshoheit. Der einzige Konkurrent ist der ORF und der (Wolfgang, Anm.) Fellner.“ In einer Regierungsbeteiligung „können wir uns sogar vorstellen, einen Sender zu privatisieren“, soll er weiter gesagt haben. Weitere „wichtige Themen“ habe es im Video nicht gegeben.