Heinz-Christian Strache
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„Ibiza“-Ausschuss

„Gerüchte“, „Heidi“ und SMS an Kurz

Mehr oder weniger auskunftsfreudig ist Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im „Ibiza“-U-Ausschuss gewesen. Er entschlug sich mehrmals der Aussage. Im „Ibiza-Video“ habe er nur über „Gerüchte“ gesprochen. Im Fokus der Befragung standen die bereits bekannten Chatprotokolle. Die Opposition wollte von Strache wissen, ob er auch Nachrichten an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geschrieben habe.

Grundsätzlich merkte Strache zu Beginn der Befragung an, er werde „kaum“ Fragen beantworten. Der Grund, so der Ex-FPÖ-Chef, sei, dass ihm nicht alle Akten zur Einsicht vorgelegt worden seien. Er hoffe auf ein faires Verfahren und werde eben nur jene Fragen beantworten, die sich nicht auf ein offenes Ermittlungsverfahren beziehen. Die bisher der Öffentlichkeit bekannten sieben Minuten des Videos seien „Zusammenschnitte“ und „meines Wissens auch Interpretationen der Journalisten“.

Das sieht der U-Ausschuss anders. Er will unter anderem möglichen Postenschacher und Gegenleistungen in staatsnahen Betrieben aufklären. Strache und sein Parteikollege Gudenus sprachen im Video mit einer vermeintlichen Oligarchin etwa über verdeckte Parteispenden und staatliche Bauaufträge. Nach der Veröffentlichung des Videos im Mai 2019 – das Video wurde 2017 aufgenommen – sind mehrere Chatprotokolle publik geworden, die laut Staatsanwaltschaft den Verdacht nahelegen, dass ein Vorstandsposten in den Casinos Austria über die Novomatic mit dem FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo besetzt wurde. Der Novomatic seien Glücksspiellizenzen versprochen worden.

Fotografen vor dem Ausschusslokal
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Straches Aussagen wurden mit Spannung verfolgt – allerdings machte der Politiker oft vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch

Strache immer gegen Monopole

Alle Beteiligten – von ÖVP- bis FPÖ-Politikern – weisen die Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung. Strache selbst wollte am Donnerstag dazu nichts sagen. Das seien Gegenstände von anhängigen Ermittlungsverfahren. Überhaupt äußerte sich Strache zu Causa Casinos, die einer der wesentlichen Stränge des Ausschusses sind, kaum. Dass er ein Glücksspielmonopol, wie im „Ibiza-Video“ betont, zerschlagen wollte – also die Casinos Austria –, bestätigte Strache indirekt. Er sei immer gegen Monopole gewesen.

ORF.at-Berichterstattung

ORF.at berichtet über den U-Ausschuss direkt aus dem Sitzungslokal in der Hofburg.

Der ehemalige Vizekanzler, der zur Zeit des „Ibiza-Videos“ noch Oppositionspolitiker war, allerdings anschließend mit der ÖVP auf Bundesebene regierte, wiederholte mehrmals, dass er sich immer auf dem Boden des Rechtsstaates bewegt habe. Er habe keine rechtswidrigen Angebote gemacht, es habe nie einen Deal gegeben. Im Video habe er auch nur „erklärt, welche rechtlichen Möglichkeiten es in Österreich gibt zu spenden“. Er habe zudem über „Gerüchte“ gesprochen. Dass die Novomatic „alle zahlt“, sei auch so ein Gerücht.

Heinz-Christian Strache
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Strache erschien mit entsprechendem Mund-Nasen-Schutz zur Befragung

Ebenso kam Milliardärin und ÖVP-Großspenderin Heidi Goess-Horten im Ausschuss zur Sprache. Ob es stimme, dass in Straches Kalender ein Treffen mit „Heidi“ vermerkt wurde: „Ja“, sagte Strache. Allerdings ist damit laut Angaben der Auskunftsperson nicht die Milliardärin gemeint gewesen, sondern Straches Tochter, die auch Heidi heißt. In den vergangenen 14 Jahren habe es wenige FPÖ-Großspender gegeben, sagte Strache. Details über Zuwendungen an parteinahe Vereine, um Meldungen an den Rechnungshof zu umgehen, gab Strache nicht preis. Wenn eine Privatperson an die Partei gespendet hat, dann lagen die Höchstbeträge bei rund 10.000 Euro.

Neue Vorwürfe großes Ausschussthema

Eine Person, die diesen Betrag an die Partei gespendet hat, war Walter Grubmüller im Jahr 2017. Grubmüller ist ein Freund von Strache und Betreiber der Privatklinik Währing. Diese ist seit dem Jahr 2019 Mitglied des Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF). Auf die PRIKRAF-Liste wird nicht jede Privatklinik aufgenommen, aber laut Vorwürfen, die erst kürzlich publik wurden, soll sich Strache für die Aufnahme der Privatklinik Währing eingesetzt haben. Im Gegenzug soll Grubmüller Strache Flüge nach Korfu und Ibiza mit dessen Privatjet angeboten worden.

Sowohl Grubmüller als auch Strache wiesen die Vorwürfe zurück. Auch am Donnerstag stellte der ehemalige FPÖ-Chef Korruption in Abrede, sagte aber, dass er die Nichtaufnahme der Privatklinik Währing als „Ungerechtigkeit“ empfunden habe. Dass die Liste der Fondsmitglieder erweitert wurde, sei ein gemeinsames Anliegen von FPÖ und ÖVP gewesen. Als Sportminister sei er an der Novelle des PRIKRAF ohnehin nicht beteiligt gewesen. Von den Vorwürfen habe er zudem aus den Medien erfahren. Das PRIKRAF-Gesetz ist im Rahmen der Sozialversicherungsreform geändert worden.

Heinz-Christian Strache
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Hinter dem Plexiglas beantwortet der ehemalige Vizekanzler die Fragen der Abgeordneten

Für ein wenig Aufregung sorgte NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper, die mit Verweis auf einen Aktenvermerk Strache fragte, ob er mit Hilfe von Grubmüller und einem Vertrauten von Grubmüller nach Erscheinen des „Ibiza-Videos“ versucht habe, das Material zu kaufen. Besorgt habe Grubmüller das Video jedenfalls nicht, sagte der Ex-FPÖ-Politiker. Nach Rücksprache mit seinem Anwalt wollte Strache auf die Frage nicht mehr antworten. Eine Debatte entspann sich. Mit „Ich weiß nicht“ war dieses Thema erledigt.

SMS-Verkehr zwischen Strache und Kurz

Am Themenkomplex Postenschacher arbeitete sich die ÖVP ausführlicher ab. ÖVP-Fraktionschef Wolfgang Gerstl fragte, ob es richtig sei, dass man Posten in staatsnahen Unternehmen mit Personen besetzt, denen man auch vertraut. Strache pflichtete dem Abgeordneten bei und antwortete: „Ja, das war auch unter anderen Regierungen der Fall.“ Er ortete, dass diese Praxis zuletzt häufiger „kriminalisiert“ werde.

Etwas überraschend brachten SPÖ und NEOS einen Antrag ein, dass sämtliche Nachrichten zwischen Strache und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dem Ausschuss vorgelegt werden. Am Freitag wolle man Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) dazu ebenfalls befragen. Denn es gebe diese Nachrichten, sie wurden den Fraktionen aber nicht zur Verfügung gestellt. Stunden zuvor hatte Strache nach FPÖ-Fragen erklärt, dass es „natürlich“ Nachrichten an Kurz gebe.

Strache bei „Ibiza“-Ausschuss

Mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache steht die Hauptfigur des „Ibiza-Videos“ Donnerstagnachmittag dem „Ibiza“-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort.

Die FPÖ-Fraktion merkte vor der SPÖ und vor NEOS an, dass nicht alle Informationen aus den Akten zu den „Ibiza“-Ermittlungen an den Ausschuss übermittelt worden seien. „Die veröffentlichte Meinung stellt sich so dar, dass es eine FPÖ-Alleinregierung gegeben hatte“, hieß es vonseiten der FPÖ. Strache wollte die bilaterale Kommunikation mit Kurz dem Ausschuss aber nicht zur Verfügung stellen. Das sei Aufgabe der Behörden. Allerdings merkte der Ex-Vizekanzler an, dass es in den SMS um strittige inhaltliche Fragen zwischen ÖVP und FPÖ gegangen sei.