Karl Nehammer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Nehammer in „Ibiza“-U-Ausschuss

Video in Gespräch mit Zadic kein Thema

Nach dem Auftakt des „Ibiza“-U-Ausschusses mit Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus musste am Freitag Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) Auskunft geben – danach kommt noch Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Zentral ging es bei Nehammers Befragung darum, ob und wann Nehammer Zadic über die Beschlagnahme des „Ibiza-Videos“ informierte.

Über den Ermittlungserfolg der „SoKo Ibiza“ sei er, Nehammer, etwa eine Woche oder zehn Tage vor der Pressekonferenz zur Sicherstellung des Videos von seinem Kabinettschef mündlich informiert worden. Nehammer sagte, er habe im Vorfeld des PK-Termins am 27. Mai das Gespräch mit Zadic gesucht, ob man die „Ermittlungserfolge“ der Polizistinnen und Polizisten nicht der Öffentlichkeit darstellen wolle. Ob er die Justizministerin auch von der Sicherstellung des Videos informierte, wollte Nehammer lange nicht klar beantworten.

Dass er die Frage von NEOS-Fraktionsvorsitzender Stephanie Krisper nicht mit Ja oder Nein beantwortete, sorgte im Ausschusslokal für Aufregung. Nach längerem Hin und Her wurde es klarer: Er, Nehammer, habe Zadic über „eine Reihe von Ermittlungserfolgen“ informiert, das Video sei aber nicht Inhalt des Gesprächs mit Zadic gewesen. Es sei auch nicht seine Aufgabe, die Justizministerin über Ermittlungserfolge zu informieren. „Die Justizministerin hat die Staatsanwaltschaft ja in ihrem Haus“, so Nehammer.

Stephanie Krisper
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NEOS-Fraktionsvorsitzende Krisper fragte zur Kommunikation zwischen Nehammer und Zadic

Auch wollte Krisper wissen, wieso das Video nicht an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WkStA) weitergeleitet wurde – sie habe schließlich den Auftrag zur Sicherstellung gegeben. Nehammer sagte dazu, dass er den ermittelnden Beamten vertraue, dass korrekt vorgegangen wurde. Dass er eine Woche vor der Pressekonferenz Bescheid wusste, habe ihn nicht zur Information der WKStA veranlasst („Ich mische mich nicht in Ermittlungen der Behörden ein“).

SPÖ-Fraktionsvorsitzender Kai Jan Kainer wollte Details zur Kommunikation Nehammers mit Zadic wissen. Das Gespräch am Rande des Ministerrats („ich glaube, es war am 20. Mai“) habe „vielleicht ein paar Minuten“ gedauert, so Nehammer. Ein Jahr „SoKo Ibiza“ und die Ermittlungserfolge darzustellen, darum sei es gegangen, wiederholte Nehammer. Auch wann er vom Termin für die Pressekonferenz erfahren habe, sagte Nehammer nicht.

Zusammenarbeit mit Justiz „professionell“

Wieso das Video zuvor „sechs Wochen liegen geblieben“ sei, fragte die grüne Mandatarin Nina Tomaselli – und vor allem: „Wie soll die Staatsanwaltschaft Zugriff nehmen, wenn sie nichts vom Video weiß?“ Nehammer verwies mehrfach darauf, dass die Staatsanwaltschaft die „Herrin des Verfahrens“ und entsprechend informiert gewesen sei. Sie könne jederzeit auf das Video zugreifen, so Nehammer. Darüber hinaus sei die Zusammenarbeit zwischen Innenministerium und Justiz „professionell“. Zwischen Zadic und ihm gebe es eine gute Gesprächsbasis.

Lange Videoauswertung: „Es ist komplex“

Die lange Dauer der Auswertung des „Ibiza-Videos“ rechtfertigte Nehammer damit, dass diese komplex sei. Etwa führte er die „unterschiedliche Aufzeichnungsqualität“ ins Treffen. Auch seien im Video Personen zu sehen, die eine Fremdsprache sprechen. Es würde „mit Hochdruck“ an der Auswertung gearbeitet, so Nehammer.

Warum den Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“ und des „Spiegels“ in dreieinhalb Tagen die Transkription gelang, wollte er nicht beurteilen: „Ich verlasse mich auf die Angaben meiner Beamten.“ Generell halte sich seine Aufregung über den Status des Videos in Grenzen, so Nehammer, schließlich habe er innerhalb der vergangenen Wochen mit der Coronavirus-Krise einen anderen Fokus gehabt.

Karl Nehammer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Nehammer vor Befragungsbeginn

Laut Medienberichten wurde zunächst lediglich die Staatsanwaltschaft Wien über den Fund des Videos informiert. Die WKStA erfuhr von der Beschlagnahmung aus den Medien, hieß es vonseiten der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Die „SoKo Ibiza“ arbeitet im Auftrag der WKStA und im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien.

Erstere ermittelt, ob die Inhalte des Videos strafrechtlich verfolgt werden müssen, Zweite will die Hinterleute des Videos ausfindig machen. Einen Schlagabtausch lieferten einander die Behörden – Polizei und Staatsanwaltschaft – in der Vergangenheit, insbesondere bei der Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Korruptionsbekämpfung (BVT).

Tauziehen mit Zadic

Zuletzt hatte es in der Sache ein längeres Tauziehen zwischen Nehammer und Zadic gegeben. Die Justizministerin wollte das „Ibiza-Video“ „so schnell wie möglich“ dem Untersuchungsausschuss übermitteln und drängte den Innenminister, Nehammer sah dagegen das Justizministerium am Zug.

Aktuell liegt das Video, das die FPÖ-Granden Strache und Gudenus zu Fall brachte, beim Bundeskriminalamt, dessen Sonderkommission die Aufnahme in voller Länge Ende April sicherstellen konnte. Dort wird es bleiben, bis die Abschrift des Videos fertig ist. Das soll Anfang der kommenden Woche der Fall sein.

In weiterer Folge soll das Video an die Staatsanwaltschaft Wien und die WKStA gehen. Die beiden Stellen sollen prüfen, ob in dem Video Persönlichkeitsrechte betroffen sind. Im nächsten Schritt geht das Video an das Justizministerium und schließlich an den U-Ausschuss.

Karl Nehammer beim Ibiza-Untersuchungsausschuss
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Der Freitag sollte der Tag der Milliardäre werden – geladen waren Heidi Goess-Horten, Johann Graf und Gaston Glock – alle sagten ab

Hickhack um Parteispenden und Posten

Generell war die Befragung vom Hickhack zwischen den Parteien zu Parteispenden und Postenbesetzungen durchzogen: So ging es beispielsweise um Spenden an die ÖVP – etwa die 49.000 Euro monatlich von Heidi Goess-Horten (sie war ja für Freitag geladen, sagte aber ab). Danach gefragt, verwies Nehammer auf den Rechenschaftsbericht.

„Ich habe gewusst, dass sie Spenderin ist, aber ich habe mich damit nicht befasst, weil ich ausgelastet war mit politischer Kommunikation. Es war nicht in meinem Arbeitsschwerpunkt. Meine Aufgabe war nicht die Finanzierung der Partei“, so Nehammer. SPÖ-Fraktionsführer Krainer konnte nicht glauben, dass Nehammer erst bei der Rechenschaftsberichtslegung von den Spenden erfahren habe.

Sinnbildlich für den Schlagabtausch stand dazu die Ausführung von ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl, der „unterstellende Fomulierungen gegenüber Heidi Horten“ ortete. Sie habe von der Kärntner Landesregierung schon Orden bekommen, sie sei eine große Mäzenin. Ihr etwas zu unterstellen sei nicht angebracht.