Zuckerberg erklärte Freitagabend (Ortszeit), Facebook werde seinen Umgang mit staatlichen Gewaltandrohungen und mit Veröffentlichungen, die die Wahlbeteiligung beeinflussen könnten, prüfen. Es werde auch geprüft, zu der bisherigen Vorgehensweise einen Post entweder zu löschen oder stehen zu lassen, Alternativen zu finden. An die Facebook-Angestellten schrieb er: „Ich weiß, viele von euch denken, wir hätten die Posts des Präsidenten in der vergangenen Woche auf irgendeine Weise mit Hinweisen versehen sollen.“
Zuckerberg warnte allerdings, einen solchen Weg einzuschlagen, könnte Facebook dazu bringen, auch gegen Posts vorzugehen, die dem Unternehmen schlicht inhaltlich nicht gefielen, die aber nicht klar gegen die Regeln der Plattform verstießen. „Ich glaube, wir müssen hier sehr vorsichtig vorgehen“, schrieb er.
Interner Druck auf Facebook-Chef
Der 36-jährige Unternehmensgründer war wegen seiner Haltung in der Frage zuletzt stark unter Druck gekommen, unter anderem in einer Videokonferenz mit Beschäftigten. Dabei ging es vor allem um einen Tweet von Trump, der auch auf dessen Facebook-Profil gespiegelt wurde.
Darin reagierte der US-Präsident auf erste Ausschreitungen in Minneapolis nach der Tötung des Afroamerikaners George Floyd (46) durch einen Polizisten. Sein Tweet wurde von vielen als Aufruf an die Polizei verstanden, gegen die Demonstrantinnen und Demonstranten hart durchzugreifen („Wenn Plünderungen beginnen, wird geschossen“).
Twitter versah Trump-Tweet mit Warnhinweis
Twitter versah Trumps Tweet mit einem Warnhinweis, weil er das Verbot von Gewaltverherrlichung auf der Plattform verletze. Zuckerberg hatte daraufhin vergangene Woche erklärt, der Beitrag sei mit Facebooks Regeln vereinbar, auch wenn es ihm persönlich missfalle.

Zuckerberg hält Facebook-Aktien mit mehrheitlichen Stimmrechten, was ihm letztlich die Kontrolle im Unternehmen sichert. Seine erklärte Position ist, dass eine Plattform wie Facebook nicht entscheiden dürfe, was falsch und was richtig ist. Deshalb sind bei Facebook Äußerungen von Politikerinnen und Politikern grundsätzlich von Faktenchecks ausgenommen.
Gleichzeitig löschte Facebook in den USA Dutzende Konten rechtsextremer Gruppen, die nach Angaben der Firma zu Gewalt bei den Anti-Rassismus-Protesten aufgerufen haben. Die Gruppen hätten ihre Mitglieder und Unterstützer dazu aufgefordert, zu den Protestaktionen zu gehen, sagte der Facebook-Manager Brian Fishman. In einigen Fällen hätten sie sogar vorgehabt, bewaffnet zu den Protesten zu gehen.
Bundesstaaten wollen Polizei Würgegriff verbieten
Nach den tagelangen Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus gibt es unterdessen in mehreren Bundesstaaten Bestrebungen, den Würgegriff bei Polizeieinsätzen zu verbieten. Ein weißer Polizeibeamter hatte sein Knie minutenlang in den Nacken des am Boden liegenden Floyd gedrückt.
New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo legte am Freitag einen entsprechenden Reformvorschlag für seinen Bundesstaat vor. Auch in Akten zu früherem Fehlverhalten von Polizistinnen und Polizisten soll transparent Einsicht genommen werden. Er hoffe, dass das Parlament des US-Staats New York, in dem rund 19 Millionen Menschen leben, den Entwurf in der kommenden Woche verabschieden werde, sagte Cuomo.
Auch der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom teilte mit, er werde eine Methode, bei der die Blutzufuhr zum Gehirn unterbunden wird, aus dem Trainingsprogramm für die Polizei verbannen. Er wollte das auch gesetzlich festlegen. Der Demokrat stellte sich hinter Demonstrierende, die bei „friedlichen Protesten“ nicht mit Tränengas, Gummigeschoßen oder Verhaftungen konfrontiert werden sollten.

Die Stadt Minneapolis selbst hat ebenfalls erste Reformen ihrer Polizei auf den Weg gebracht. Künftig dürften Beamte keine Würgegriffe mehr anwenden und Verdächtige nicht am Nacken festhalten, erklärte Bürgermeister Jacob Frey am Freitagnachmittag in Anschluss an eine Stadtratssitzung. Zudem müssten alle Polizeibediensteten die Zeugen einer „ungenehmigten Gewaltanwendung“ ihrer Kollegen würden, das unter Strafandrohung melden. Alle Beamte seien zudem verpflichtet, in solchen Fällen einzuschreiten, andernfalls drohe ihnen die gleichen disziplinarischen Konsequenzen wie dem Täter.
Keine Strafverfolgung wegen Bruch der Ausgangssperre
Manhattans Staatsanwalt Cy Vance kündigte indes an, die bei den Protesten in den vergangenen Tagen vorgefallenen Verstöße gegen die nächtliche Ausgangssperre nicht strafrechtlich zu verfolgen. Die Fälle von Demonstrierenden, die wegen rechtswidriger Versammlung oder störendem Verhalten festgenommen worden seien, würden nicht weiter verfolgt, teilte Vance mit.
„Die strafrechtliche Verfolgung von Demonstranten, denen diese geringfügigen Delikte vorgeworfen werden, untergräbt die wichtigen Verbindungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Gemeinschaften, denen wir dienen“, hieß es.
Obama sieht „ehrliche Debatte“ über Rassismus
Die Tötung Floyds hat nach Ansicht des früheren US-Präsidenten Barack Obama eine „ehrliche“ Debatte über Rassismus in den USA ausgelöst. Die von Floyds Tod ausgelöste Bewegung sei „inspirierend“, sagte der 58-jährige Ex-Präsident am Freitag (Ortszeit) in einem Videochat.

„Es hat in der vergangenen Woche in diesem Land so viele ehrliche Gespräche zum Thema Rassismus gegeben wie nie zuvor in der Zeit, an die ich mich erinnern kann“, sagte Obama. Nicht nur vonseiten einer Minderheit, sondern von „einem großen Teil des Landes“.
Die von Floyds Tod ausgelösten Proteste böten im Kampf gegen Rassismus keine „Erfolgsgarantie“, aber es sei inspirierend, dass es nicht nur in multikulturellen Großstädten, sondern im ganzen Land zu Demonstrationen komme, sagte Obama. Es sei auch bemerkenswert, dass frühere Präsidenten, Unternehmenschefs, Politiker und viele andere seit Floyds Tod das Problem beim Namen nennen würden und von „systematischem Rassismus“ in den USA sprächen und Veränderungen forderten, fügte er hinzu.