Demonstration in Brisbane , Australien
AP/John Pye
Erste Reformen

Weltweite Proteste gegen Rassismus

Die Protestwelle nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in Minneapolis hat sich am Samstag auf den ganzen Globus ausgebreitet. Erneut gingen in vielen Städten der USA, Europas und Australiens Zehntausende auf die Straßen. Auch in Österreich gab es Demos. In Frankreich trotzten die Demonstranten den pandemiebedingten Verboten.

Auch knapp zwei Wochen nach Floyds Tötung reißt die Empörung darüber nicht ab. Weltweit bekundeten am Samstag Zehntausende Menschen ihre Solidarität mit den Protesten in den USA. Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Ein weißer Polizist drückte dem Afroamerikaner bei seiner Festnahme minutenlang das Knie auf den Nacken, obwohl er wiederholt sagte, er bekomme keine Luft mehr.

In Australien gingen am Samstag landesweit Zehntausende auf die Straßen, obwohl die Regierung wegen einer möglichen Coronavirus-Ansteckungsgefahr davon abgeraten hatte. Allein in Sydney versammelten sich mindestens 20.000 Menschen. Hier wurde die Kundgebung erst kurz vor Beginn durch einen Gerichtsbeschluss genehmigt – die Behörden hatten sie ursprünglich untersagt.

Weltweite Proteste gegen Rassismus

Die Protestwelle nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in Minneapolis hat sich am Samstag auf den ganzen Globus ausgebreitet. Erneut gingen in vielen Städten der USA, Europas und Australiens Zehntausende auf die Straßen. Auch in Österreich gab es Demos.

Banksy schließt sich Protest an

Auch in Großbritannien kamen Tausende Demonstranten zusammen, obwohl die Behörden dazu aufgerufen hatten, nicht zu der Kundgebung in London zu gehen. „Ich verstehe, warum die Menschen zutiefst bestürzt sind, aber wir haben es immer noch mit einer Gesundheitskrise zu tun, und das Coronavirus bleibt eine reale Bedrohung“, hatte der britische Gesundheitsminister Matt Hancock am Freitag gesagt.

Banksy Bild mit USA-Fahne
Reuters/BANKSY INSTAGRAM
Banksys neues Werk beschäftigt sich mit dem systematischen Rassismus

Der britische Streetart-Künstler Banksy schloss sich mit einem neuen Werk dem Protest an. Auf dem Kunstwerk ist ein Bild mit einer schwarzen Person und daneben eine große Trauerkerze zu sehen, die eine US-Fahne in Brand setzt. „Zuerst dachte ich, ich sollte einfach die Klappe halten und den Schwarzen bei diesem Thema zuhören. Aber warum sollte ich das tun? Es ist nicht ihr Problem, es ist meins“, schrieb Banksy auf Instagram. Wer nicht weiß sei, scheitere am System.

Diskussion über US-Polizeimethoden

ORF-Korrespondent David Kriegleder beleuchtet die Diskussion um zulässige und abzulehnende Polizeigewalt bei Einsätzen in den USA.

Zehntausende in USA auf der Straße

In den USA versammelten sich am Samstag ebenfalls wieder Zehntausende Menschen in Städten wie New York, Philadelphia, Chicago und Los Angeles, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren. In der Hauptstadt Washington kamen auch am zweiten Wochenende nach Floyds Tötung Tausende in den Straßen um das Weiße Haus zusammen.

Das Weiße Haus, in dem sich US-Präsident Donald Trump am Wochenende aufhielt, war weiträumig abgesperrt; Hubschrauber überflogen die Menge. Viele Demonstrierende trugen Plakate mit der Aufschrift „Keine Gerechtigkeit, kein Frieden“ und knieten immer wieder nieder.

Demos in mehreren Städten Österreichs

Auch in Österreich gab es am Samstag mehrere Solidaritätsbekundungen: Nach der Großdemonstration in Wien am Donnerstag fanden nun auch Kundgebungen in Innsbruck, Bregenz, Linz, Salzburg, Klagenfurt und Graz statt – mehr dazu in steiermark.ORF.at und ooe.ORF.at. In Innsbruck versammelten sich nach Angaben der Polizei etwa 4.000 Personen am Landhausplatz – mehr dazu in tirol.ORF.at. In Bregenz, wo die Kundgebung erst am späten Nachmittag begann, waren es mehrere hundert, ebenso wie in Klagenfurt – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at und kaernten.ORF.at.

Fotostrecke mit 6 Bildern

„Black Lives Matter“ Schriftzug in der Nähe vom Weißen Haus
Reuters/Joshua Roberts
„Black Lives Matter“: Ein riesiger Schriftzug ziert nun eine Straße in der Nähe des Weißen Hauses
Demonstration in Washington, DC
Reuters/Carlos Barria
Die Demonstranten versammelten sich in der US-Hauptstadt auch beim Lincoln Memorial
Demonstration in  Paris
APA/AFP/Geoffroy van der Hasselt
Proteste in der Nähe des Eiffelturms: In Paris wurden die Demos verboten, doch die Menschen hielten sich nicht daran
Demonstration in New York
Reuters/Jeenah Moon
George Floyd wurde am 25. Mai bei einer Polizeikontrolle getötet. Hier eine Demo in New York.
Demonstration in Wien
APA/Hans Punz
Auch in Österreich gab es Proteste: Am Mittwoch versammelten sich rund 50.000 Menschen in Wien, am Samstag gab es Demos in mehreren Städten des Landes
Demonstration in New York
AP/Frank Franklin II
Die Menschen erinnerten auch an andere Opfer von Polizeigewalt. Auf dem Plakat sieht man Breonna Taylor, die im März von der US-Polizei erschossen worden war.

Zehntausende demonstrierten auch in Deutschland, allein am Berliner Alexanderplatz waren es nach Polizeiangaben rund 15.000 Teilnehmer. Nach der Demonstration kam es in der Stadt zu Ausschreitungen, bei denen 28 Einsatzkräfte verletzt wurden. 93 Personen wurden von der Polizei festgenommen. Auch in Hamburg kam es zu Ausschreitungen, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Die Kundgebung in München, an der sich 20.000 Menschen beteiligten, verlief friedlich.

Debatte über Traore in Frankreich

In Frankreich verboten die Behörden gleich mehrere Demonstrationen in Paris unter Verweis auf das Infektionsschutzgesetz. Wegen der Pandemie wurden alle Demos mit mehr als zehn Personen untersagt. Dennoch versammelten sich in Paris etwa tausend Menschen vor der US-Botschaft, auch in anderen Städten Frankreichs gab es Demonstrationen.

Viele Teilnehmer forderten Gerechtigkeit für Adama Traore. Der 24-jährige Sohn von Einwanderern aus Mali war vor vier Jahren in Polizeigewahrsam in einer Pariser Vorstadt ums Leben gekommen. Über die Todesursache wurden zahlreiche Gutachten und Gegengutachten erstellt. Ein Gutachten im Auftrag der Familie sieht Ersticken durch Außeneinwirkung als Todesursache, die Polizei weist das zurück.

Im Irak wurde der Satz „Ich kann nicht atmen“ vielfach in den Sozialen Netzwerken geteilt. „Wir wollen Gerechtigkeit! Wir wollen atmen“, skandierten Hunderte Menschen in der tunesischen Hauptstadt Tunis.

Signale des Protests gab es auch in der Luft: Der Pilot Demitri Neonakis zog mit seiner Maschine Flugbahnen in der Form einer geballten Faust in den Himmel über der kanadischen Stadt Halifax. „Der Rassismus ist bei uns auf dem Vormarsch. Er war schon immer da im Laufe der Geschichte, insbesondere hier in Nordamerika“, sagte Neonakis am Freitag dem Sender CTV News. Ein Radarvideo der Website Flight Aware zeigte die Flugbahn der Maschine in der ostkanadischen Provinz Nova Scotia.

Erste Reformen in den USA

Auch in den USA kamen erneut zahlreiche Menschen zusammen. Die Bürgermeisterin der Hauptstadt Washington, D.C., Muriel Bowser, benannte den Bereich vor dem Weißen Haus in „Black Lives Matter Plaza“ um. Um Kindern das Thema näherzubringen, nahmen sogar die Figuren der Sesamstraße gemeinsam mit dem Nachrichtensender CNN eine Sondersendung zum Thema Rassismus auf. „Nicht alle Straßen sind wie die Sesamstraße“, sagte die Figur Louie, Vater von Elmo, in der Samstagfrüh (Ortszeit) ausgestrahlten Sendung. „In der Sesamstraße lieben und respektieren wir uns alle.“

Screenshot www.cnn.com
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CNN und die Sesamstraße kooperierten für eine Sondersendung

In manchen Teilen des Landes wurden inzwischen erste Reformen angekündigt. In Floyds Heimatstadt Minneapolis sollen Beamte künftig keine Würgegriffe mehr anwenden und Verdächtige nicht am Nacken festhalten dürfen, erklärte Bürgermeister Jacob Frey. Zudem müssten alle Polizeibeamte, die Zeugen einer „ungenehmigten Gewaltanwendung“ ihrer Kollegen würden, dies melden.

Auch im bevölkerungsreichen Westküstenstaat Kalifornien soll ein Würgegriff, bei dem die Blutzufuhr zum Gehirn unterbunden wird, künftig verboten werden. Gouverneur Gavin Newsom erklärte, die Methode werde aus dem Trainingsprogramm für Polizeibeamte verbannt, zudem solle auch eine gesetzliche Regelung folgen. Auch der Gouverneur des Bundesstaates New York, Andrew Cuomo, stellte am Freitag einen Gesetzesentwurf vor, der unter anderem den Würgegriff bei Polizeieinsätzen verbieten soll. Zudem sollen Akten zu früherem Fehlverhalten von Polizisten transparent gemacht werden.