Demonstranten mit Schildern „Black Lives Matter“
Reuters/Leonhard Foeger
Protest mit Abstand

Drei Vorgaben für Großdemonstrationen

Nach den großen Kundgebungen der vergangenen Woche in ganz Österreich ist Kritik an mangelndem Schutz vor dem Coronavirus laut geworden. Bei einem runden Tisch wurden nun neue Regeln für Demonstrationen erarbeitet, die zumeist die Organisatoren betreffen. Die Demonstrierenden sollen aber künftig dort Maske tragen, wo ein Mindestabstand unmöglich ist.

Die Demo am Donnerstag in Wien sorgte für Unmut. 50.000 Menschen waren zusammengekommen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Mitunter wurde weder der Mindestabstand eingehalten noch Maske getragen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) veranstaltete am Montag einen runden Tisch mit Vertretern der Stadt Wien, der Polizei, den Gesundheitsbehörden und Demonstrationsveranstaltern.

Gemeinsam mit Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne) und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) legte Anschober im Anschluss dar, wie bei künftigen Kundgebungen verfahren werden solle. Alle lobten die große Teilnehmerzahl bei den Anti-Rassismus-Demos der vergangenen Woche. Das Grundrecht auf Demonstration dürfe auch jetzt nicht gemindert werden.

Im Einvernehmen seien in der Debatte drei Punkte herausgekommen: Zunächst wolle man bei zukünftigen Veranstaltungen im Einvernehmen mit den Veranstaltern eine „räumliche Entflechtung“ erwirken, die Kundgebungen etwa so planen, dass Demonstrationszüge mit unterschiedlichen Routen möglich seien. Weiters sollen räumliche Reserven miteingeplant werden, um an überschaubaren Orten eine zu starke Konzentration zu vermeiden. Drittens will das Ministerium in den kommenden Tagen rechtliche Änderungen bezüglich des Mund-Nasen-Schutzes erarbeiten. Sollte der geltende Einmeterabstand vorübergehend nicht einhaltbar sein, müsse eine Maske aufgesetzt werden.

Mit Bruchteil gerechnet

Bei der Kundgebung am Donnerstag in Wien war mit 2.000 bis 3.000 Teilnehmern gerechnet worden, 50.000 kamen schließlich.
Als sich abzeichnete, dass die Zahl der Demonstranten stark anwachsen würde, machte die Polizei extra eine Straße frei.

Gesundheitsminister Rudlof Anschober.
ORF
Minister Anschober lobte das zahlreiche Erscheinen bei den Anti-Rassismus-Demos

Anschober, Hebein und Hacker sagten am Montag, dass bei der Demonstration am Donnerstag in Wien die allermeisten Menschen einen Mund-Nasen-Schutz getragen hätten, obwohl es dazu noch keine Verpflichtung gegeben habe. Daher gehe man davon aus, dass die Umsetzung gut laufen werde. Dem stimmte auch Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl zu. Am Donnerstag habe er nicht stärker eingreifen wollen, zumal sich die Demo auch gegen Polizeigewalt gerichtet habe.

Schon jetzt sei die enge Abstimmung mit den Veranstaltern „gang und gäbe“. Pürstl ging auch davon aus, dass sich die Teilnehmer an den Demonstrationen an die neuen Regeln halten werden. In einzelnen Fällen könnten aber auch Anzeigen verhängt werden.

Empörung bei Gastronomen

Die Veranstaltung in Wien hatte Empörung etwa bei den Gastronomen und Nachtlokalbetreibern hervorgerufen. „Wir hatten danach unfassbar viele Beschwerdeanrufe von Betrieben, die das als bodenlose Frechheit empfunden haben“, sagte der Obmann des WKÖ-Fachverbandes Gastronomie, Mario Pulker. Es werde mit zweierlei Maß gemessen.

Weitere Lockerungen für die Gastronomie sind mit 15. Juni vorgesehen. Die Sperrstunde wird dann von 23.00 Uhr auf 1.00 Uhr verlängert, die Regel von maximal vier erwachsenen Personen an einem Tisch fällt. Zu spät, wie viele Gastronomen kritisieren.

Kritik, dass die neuen Regeln nicht auch für Betreiber von Nachtlokalen gelten, wies Anschober zurück. Das eine seien wichtige wirtschaftliche Interessen, Demonstrationen würden als Grundrecht aber prioritär behandelt werden.